Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
sich dabei fast gegenseitig auf dem Schoß saßen. Früher hatte an ein Wunder
gegrenzt, wenn ein Viertel der Plätze zu Debatten besetzt war,
aber heutzutage waren die Abgeordneten einfach zu erpicht
darauf, daß man sie in den Nachrichten sah. Die meisten mußten an bevorstehende Wahlen mit dem neuen allgemeinen
Wahlrecht denken und entsprechend auf den Eindruck achten,
daß sie etwas taten.

Das Parkett füllte sich rasch mit Menschen, und die Luft
schwirrte von Flugkameras, die sich gegenseitig wegzuschubsen versuchten, um jeweils selbst den besten Blickwinkel zu
erhaschen. Die Abgeordneten saßen betont aufrecht und blickten auf alle Welt hinab. Ihre Werbeberater hatten sie vor den
Risiken einer nachlässigen Körperhaltung gewarnt. Dergleichen machte auf dem Holoschirm einen schlechten Eindruck.
Die Abgeordneten hatten auch Forscher angeheuert, um alte
Parlamentsbräuche auszugraben, die sie nutzen konnten. Dazu
mußte man auf Zeiten zurückgreifen, als das Parlament noch
etwas bedeutet hatte, aber bislang kapierten sie die meisten
Verfahren noch nicht richtig. Zum Beispiel trugen die Abgeordneten heute durchweg stolz traditionelle schwarze und rote
Gewänder und gepuderte weiße Perücken, aber bislang hatte
niemand den Mut aufgebracht und ihnen erklärt, daß die Gewänder einerseits und die Perücken andererseits Traditionen
waren, die Jahrhunderte auseinander lagen.
    Die neueste Idee war, einen offiziellen Parlamentspräsidenten zu ernennen, jemanden, der sich keiner besonderen Partei
oder Sache verpflichtet fühlte und demzufolge fähig war, völlig
unparteilich für Ordnung zu sorgen. Prinzipiell eine gute Idee.
Leider hatte man Elias Gutmann für den Posten ausgewählt.
Angeblich, weil er zu unterschiedlichen Zeiten schon auf so
vielen Seiten gestanden hatte, daß er wahrheitsgemäß behaupten konnte, jedermanns Interessen zu vertreten. Tatsächlich
hatte man ihn gewählt, weil er die meisten Abgeordneten bestochen und die restlichen eingeschüchtert hatte, eine Praxis,
die ihm schon immer sehr zustatten gekommen war.
    Wie es hieß, hatte Elias Gutmann bei jeder schmutzigen Machenschaft im Imperium die Finger im Spiel, obwohl die Leute
sorgfältig darauf achteten, wie laut sie das aussprachen. Die
Familie Gutmann hatte Elias in seiner unfeinen Jugend von
Golgatha verbannt und ihm regelmäßig Geld geschickt, solange
er versprach, nicht nach Hause zurückzukehren – eine Vereinbarung, die beiden Parteien zupaß kam. Gutmann benutzte dieses Geld und die neue Freiheit, um sich zu dem erstrangigen
Schurken zu entwickeln, den er schon immer in sich vermutet
hatte. Er unterstützte sogar die Rebellion finanziell, nur um
sich abzusichern.
    Dann fielen so viele Angehörige seiner Familie in den Kämpfen auf Golgatha auf beiden Seiten, daß Elias sich ohne eigenes Zutun als ältester Überlebender wiederfand und schließlich
doch zur Heimkehr aufgefordert wurde. Er verschwendete keine Zeit und stürzte sich kopfüber in die Politik, denn er spürte,
daß man im neuen Imperium auf diesem Gebiet die eigentliche
Quelle von Macht und Reichtum fand. Und jetzt war Elias
Gutmann Parlamentspräsident und konnte entscheiden, wer im
Parlament angehört wurde und wer nicht. Man hatte vernommen, daß viele Abgeordnete fragten, wie es nur soweit hatte
kommen können, aber sie achteten sorgsam darauf, es ganz
leise zu fragen.
    Noch unglückseliger für alle Beteiligten war, daß das Parlament diese wichtige Ernennung vorgenommen hatte, während
Owen Todtsteltzer gerade auf der Jagd nach Valentin Wolf und
seinen Spießgesellen war. Alle warteten jetzt darauf, welche
Reaktion er zeigen würde, und waren hin und hergerissen zwischen dem Wunsch, einen guten Platz zu ergattern, und dem
sehr realen Bedürfnis, den Kopf einzuziehen oder sich zumindest außer Schußweite zu halten. Owen enttäuschte sie nicht.
Kaum öffneten sich die Türen der Halle, da stürmte er wütend
in den Plenarsaal, und Hazel marschierte fröhlich neben ihm
her. Owen ignorierte die klagenden Rufe der Saaldiener, die
versuchten, ihn in die richtige öffentliche Zone zu steuern, und
nahm direkten Kurs auf Gutmann, der auf einer erhöhten Plattform zwischen den beiden Bankreihen saß.
    Zwei bewaffnete Wachtposten traten vor, um ihm den Weg
zu versperren. Owen schlug einen bewußtlos, trat dem anderen
in die Leistengegend und setzte einfach seinen Weg fort. Hazel
folgte ihm und stieg dabei anmutig über die

Weitere Kostenlose Bücher