Todtsteltzers Ehre
Ihr braucht Euch auch nicht an die Untergrundbewegungen zu wenden«, warf Diana ein. »Wir müssen
schon die Klon- und Esperfamilien unterstützen, die durch
neue Techniken ihre Arbeit verloren haben. Solange sie noch
Eigentum waren, kamen die Clans für ihren Unterhalt auf. Seit
sie freie Bürger sind, waschen die Clans ihre Hände in Unschuld. Freiheit ist ja sehr schön, aber sie bringt noch keine
Mahlzeiten auf den Tisch.«
Owen fand, daß er noch nie so viel Undankbarkeit von so
vielen Menschen gehört hatte, und ihm war danach, sich entsprechend zu äußern. Er nahm jedoch wieder Abstand davon,
weil er nur zu gut wußte, daß sie eine Möglichkeit finden würden, ihm an allem die Schuld zu geben. Und weil auch er nicht
wußte, wer für alles bezahlen sollte. Wirtschaft war nie seine
starke Seite gewesen. Er war Krieger, nicht Buchhalter. Er sah
Hazel an, die mit den Achseln zuckte.
»Frag mich nicht. Um eine gerechtere Verteilung des Reichtums zu erzielen, ist mir nichts Besseres eingefallen, als Piratin
und Klonpascherin zu werden. Keins von beiden hat besonders
gut funktioniert.«
»Das Problem besteht in der Geschwindigkeit, mit der sich
das Imperium verändert«, fand Diana Vertue. »Es geht zu langsam.«
»Das Problem ist, daß es zu schnell geht«, entgegnete Gutmann.
»Klar, daß Ihr das behauptet«, sagte Diana. »Ihr und Euresgleichen habt schließlich am meisten zu verlieren.«
»Wir sind einfach besorgt, es könnte ein zu schneller Wechsel von einem System, das auf Menschen beruht, zu einem System stattfinden, das auf Technik basiert. Wir möchten nicht,
daß es wie auf Shub endet.«
Diana runzelte die Stirn, was einschüchternd wirkte. »Ihr
verbreitet nur Nebel, Gutmann. Der Untergrund möchte nicht,
daß Klone und Esper durch Tech ersetzt werden, sondern verlangt einfach bessere Arbeitsbedingungen und gerechten
Lohn.«
»Was uns wunderbar wieder zum Thema Geld führt«, sagte
Gutmann, lehnte sich auf seinem Sitz zurück und blickte über
die versammelte Menge hinweg. »Durch die Unruhen und die
Tatsache, daß niemand mehr lenkend auf die Wirtschaft einwirkt, galoppiert inzwischen die Inflation, sogar auf den stabilsten Planeten. Ersparnisse werden aufgezehrt. Banken brechen
zusammen. Die Familien tun, was sie können, sind sich aber
nur darin einig, daß die Lage zwangsläufig erst noch schlechter
wird, ehe es wieder zum Aufschwung kommt. Was immer man
über die alte Ordnung behaupten konnte, sie hat die Währung
stabil gehalten – auch wenn die Imperatorin ein paar Banker
aufhängen mußte, um sich klar auszudrücken.«
»Wie wäre es mit einer Steuer auf aufgeblasene Schwätzer?«
fragte Hazel zuckersüß. »Oder eine Glücksfallsteuer für Leute,
die es geschafft haben, aus den Veränderungen hübsch Profit
zu schlagen? Das sollte ordentlich Zaster einbringen.«
Viele Anwesende knurrten und brummelten untereinander,
aber niemand brachte den Mut auf, von Hazel zu fordern, sie
möge ihren Kommentar zurücknehmen.
»Bitte, wir wollen uns doch alle bemühen, von persönlichen
Angriffen Abstand zu nehmen«, sagte Gutmann ernst. »Ich
denke, es wäre das beste, zum nächsten Punkt der Tagesordnung überzugehen.«
»Aber es hat keine Entscheidung zur letzten Frage gegeben!«
protestierte Owen.
»Ich sagte, wir machen weiter«, sagte Gutmann. »Als Parlamentspräsident bin ich für die Tagesordnung zuständig.«
»Ich habe Euch gewarnt!« sagte Owen und funkelte ihn an.
»Ich könnte Euch hinauswerfen lassen«, erwiderte Gutmann.
»Ihr könntet es versuchen«, sagte Owen.
»Bitte, tut es«, bat Hazel.
»Wir fahren mit dem nächsten Punkt auf der Tagesordnung
fort«, verkündete Gutmann. »General Beckett, verantwortlicher
Offizier für die Imperiale Flotte, wartet schon höchst geduldig
darauf, sich an uns zu wenden.«
Ein schwebender Bildschirm tauchte fast sofort mitten in der
Luft auf, als hätte er nur aufs Stichwort gewartet, und General
Shaw Beckett bedachte von dort aus mit finsterer Miene unparteilich alle Anwesenden. Sein großer, eckiger Kopf hockte auf
massigen Schultern, obwohl der größte Teil seiner einschüchternden Körpermasse außer Sicht blieb. Die Uniform spannte
sich über seiner wuchtigen Gestalt und war mit mehr Orden
behangen, als man zählen konnte. Der breite Mund bildete eine
strenge Linie, die dunklen Augen blickten fest. Wie immer
rauchte Beckett eine dicke Zigarre und brach gelegentlich ab,
um Rauch in die Kamera zu
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