Todtsteltzers Ehre
Nichts, das einzige
Lebewesen an Bord eines umgebauten Frachtschiffs, und hatte
nur eine Schiffs-KI namens Moses zur Gesellschaft. Moses gab
sich wirklich Mühe, aber im Grunde war er nur darauf programmiert, Ladelisten zu verwalten und zuzeiten mit Docksarbeitern zu verhandeln. Und da Daniel das Schiff von der Kirche gestohlen hatte, waren die wenigen Gesprächsthemen, mit
denen die KI aufwarten konnte, meist Fragen des offiziellen
kirchlichen Dogmas, was Daniel nicht im mindesten interessierte. Also verbrachte er die Tage damit, durch die Metallkorridore und widerhallenden Frachträume zu spazieren, nur um
überhaupt etwas zu tun zu haben.
Manchmal blieb er auch einfach in der Kabine, saß in der
Ecke, die Knie an die Brust gezogen, und wiegte sich lautlos
hin und her.
Das Schiff, die Himmelsträne , hatte er sich auf Technos III angeeignet. Für seinen Clan war alles fürchterlich schiefgelaufen: Rebellen überrannten die familieneigene Fabrik für Hyperraumtriebwerke und jagten sie in die Luft, wobei sie gleich
auch noch eine kleine Armee Kirchentruppen überwältigten
und zu Paaren trieben. Also hatte sich Daniel überlegt, daß er
ohne die Fabrik keine Familienangelegenheiten auf Technos III mehr zu betreuen hatte und es ihm endlich freistand, nach dem
toten Vater zu suchen.
Er sorgte dafür, daß Stephanie in Sicherheit war, und verließ
sie dann, fand im allgemeinen Chaos einigermaßen mühelos
einen Weg zu den nahegelegenen Startrampen, wo die Kirchenschiffe angedockt lagen. Er suchte sich aufs Geratewohl
eines der kleineren Fahrzeuge aus, marschierte an Bord und
verlangte von der Rumpfbesatzung, ihm das Schiff zu übergeben. Er war schließlich ein Aristokrat, und sie waren nur niederrangige Kirchentechnos. Er war ehrlich überrascht, als sie
ihm sagten, er solle sich zum Teufel scheren, und schoß den
nächststehenden Techno in aufrichtiger Entrüstung nieder.
Nachdem er sich auf diese Weise festgelegt hatte, brachte er
die übrigen beiden mit dem Schwert zur Strecke, während sie
noch nach ihren Waffen griffen.
Er warf die Leichen aus dem Schiff, verschloß alle Luken
und startete, ohne sich die Mühe zu machen und um Startfreigabe zu bitten. Und bei all dem Chaos ringsherum machte sich
niemand die Mühe und hielt ihn auf. Damals hatte es ihm gar
nichts ausgemacht, die drei Technos zu töten. Er brauchte das
Schiff, und sie waren ihm einfach im Weg gewesen. Aber als
an Bord der Himmelsträne aus Tagen Wochen wurden, schien
er immer deutlicher zu spüren, daß die Ermordeten um ihn waren. Er wischte die Blutflecken eigenhändig weg, um damit
gewissermaßen Buße zu üben, aber in seinen Träumen erblickte er weiterhin ihre Gesichter. Wenn er nachts allein im Bett
lag, glaubte er, Geräusche auf dem Korridor vor der Kabine zu
hören. Er schloß die Tür stets ab und schlief bei brennendem
Licht. Im Weltraum war immer Nacht.
Daniel hatte nicht viel zu tun. Die KI übertrug ihm ein paar
einfache Aufgaben, damit er Zeit herumbringen konnte. Da es
sich um ein Kirchenschiff handelte, waren die Unterhaltungsbänder allesamt religiöser Natur. Daniels wichtigster Zeitvertreib war es, mit Moses über alles mögliche zu debattieren, was
die KI ziemlich nervös machte – schließlich war sie dazu programmiert, sich freundlich und umgänglich zu geben. Daniel
wies Moses an, seine Speicherbänke nach allem zu sichten,
was er über Shub wußte, über die abtrünnigen KIs und den
Verbotenen Sektor, aber die Ausbeute hielt sich in Grenzen.
Das meiste war geheim und nur mit Hilfe von Zugriffskodes
abrufbar, und nicht mal Daniels aristokratischer Status ermöglichte ihm, diese Vorkehrung zu umgehen.
Also saß Daniel zusammengesunken auf dem Kommandostuhl der Brücke und brütete über den wenigen Informationen.
Er war ein großer Mann Anfang zwanzig, der seine wuchtige
Gestalt vom Vater geerbt hatte. Das Gesicht zeigte meist einen
finsteren oder mürrischen Ausdruck. Das lange Haar hatte er zu
einem einfachen Zopf geflochten. Die Kleidung bestand nur
aus dem, worin er losgerannt war. Das Schiff hielt sie frisch,
aber sie zeigte allmählich Spuren der Abnützung. Auf seiner
ständigen Suche nach Zeitvertreib hatte Daniel widerstrebend
damit begonnen, mit improvisierten Hanteln zu trainieren. Er
verabscheute es inbrünstig, aber ihm stand kein bequemer Körperladen mehr zur Verfügung, den er aufsuchen konnte, wenn
die Muskeln schlaff wurden, und er hegte die vage
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