Todtstelzers Krieg
erinnert werden wollten.« Er
sah sich um. »Owen kommt zurück. Ich verschwinde jetzt besser, glaube ich. Paß auf dich auf, Hazel.«
»Du auch, John. Nach allem, was ich von dir gehört habe,
hast du da draußen in den Straßen gekämpft wie ein richtiger
Held.«
Silver grinste.
»Ja. Ich weiß überhaupt nicht, was in mich gefahren war.«
Er verbeugte sich vor ihr, winkte und verschwand im Gewühl
der Feiernden.
Nicht weit entfernt unterhielten sich Investigator Topas und
die Typhus-Marie leise miteinander. Keine von beiden machte
sich viel aus Parties – schon aus Prinzip nicht –, doch nach
dem Tod so vieler Menschen fühlten beide eine Sehnsucht
nach dem Trost in der Menge . Als die Tausenden von Esperbewußtseinen in Legion gestorben waren, hatten sie sich durch
die Verbindung zur Mater Mundi hindurch gegenseitig gesehen, und die kalte Hand des Todes war über ihre Seelen gestrichen . Also waren sie zur Halle der Espervereinigung gekommen, um sich ein wenig an der Gegenwart von Freunden zu
wärmen.
»Ich weiß trotzdem immer noch nicht, ob ich das Richtige
getan habe«, sagte die Typhus-Marie und starrte in ihr Weinglas.
»Selbstverständlich hast du das«, entgegnete Topas brüsk.
»Jeder, der an Bord der Herausforderung starb, mußte einfach
sterben – gleichgültig, ob es die unschuldigen Esperbewußtseine waren, die Legion in seinem Innern gefangenhielt, oder die
Imperialen Schlächter, die gekommen waren, um uns alle umzubringen. Mich persönlich interessiert die Mater Mundi viel
mehr. Wie fühlt man sich, wenn sie sich in einem manifestiert?«
Marie runzelte die Stirn. »Ich weiß es nicht so genau. Ich
fange schon an, es zu vergessen. Ich glaube, mein Verstand
beschützt mich vor Dingen, die zu begreifen ich noch nicht
bereit bin. Ich fühlte mich … irgendwie größer, realer . Als wäre mein ganzes bisheriges Leben nichts als ein Traum gewesen,
aus dem ich für kurze Zeit erwacht bin . Ein Teil von mir sehnt
sich danach zurück, und der Rest hat allein bei dem Gedanken
daran Angst … Außerdem macht mir diese Geschichte mit den
Kontrollworten Sorgen. Der Kontakt mit der Weltenmutter
löschte die Kontrollworte aus, die Razor aktiviert hatte, aber
wer weiß schon, was die Imperialen Hirntechs sonst noch alles
tief in mir verborgen haben?«
»Mach dir darüber Sorgen, wenn es soweit ist«, erwiderte
Topas. »So wie wir dem Imperium heute hier auf der Nebelwelt in den Hintern getreten haben, können wir meiner Meinung nach ruhig davon ausgehen, daß wir eine ganze Weile
Ruhe vor Imperialen Agenten haben werden. Außerdem bist du
um einiges stärker geworden. Als sich die Mater Mundi in dir
manifestierte, hat sie dich zugleich verändert. Deine Macht ist
gewachsen. Ich kann es spüren. Wenn ich dich mit meinem
ESP ansehe, dann ist es, als würde ich direkt in die Sonne starren.«
»Ich weiß«, antwortete die Typhus-Marie. »Noch etwas,
weswegen ich mir Sorgen mache.«
»Zur Hölle! Du wärst wahrscheinlich nicht glücklich , wenn
es nichts gäbe , worüber du dich sorgen könntest, wie? Es liegt
in deiner Natur!«
»Stimmt«, gestand Marie.
Johana Wahn beobachtete aus sicherer Entfernung, wie die
beiden Sirenen sich unterhielten; aber sie spürte eher so etwas
wie Taubheit, anstatt Eifersucht. Sie kam noch immer nicht
über die Tatsache hinweg, daß die Weltenmutter diesmal durch
eine andere Person in Erscheinung getreten war. Johana hatte
in den Straßen Nebelhafens um Hilfe gerufen, und die Mater
Mundi hatte ihre Schreie ignoriert. Allmählich begann Johana
Wahn zu begreifen, daß sie einen neuen Sinn in ihrem Leben
finden mußte und daß sie nicht die Erwählte war, für die sie
sich die ganze Zeit über gehalten hatte.
Ratsmitglied McVey saß neben Gideon Stahl, der schmollend
vor der Punschbowle hockte. Der ehemalige Direktor des
Raumhafens ärgerte sich mächtig über die Tatsache, daß es
keinen Raumhafen mehr gab, dessen Direktor er sein konnte.
»Nun kommt schon, Stahl«, sagte McVey. »Nachdem Magnus und Barron tot sind und Castle vor Trauer um den
Verstand zu kommen droht, und nachdem Donald Royal jedem, der es hören will oder nicht, erzählt, daß sein Schicksal
ihn dazu auserkoren hat, an der Seite Jakob Ohnesorgs zu
kämpfen, wohin auch immer er von hier aus gehen mag, bleiben nur noch wir beide als Ratsherren von Nebelhafen übrig.
Und wir haben einen ganzen Rattenschwanz von Arbeit vor
uns, wenn wir diese Stadt wieder auf Vordermann
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