Todtstelzers Krieg
einfach, dieser hier wirkt überzeugender als die
meisten anderen.«
Tobias blickte über die Schulter zu Ohnesorg, der noch immer von Gratulanten und hingerissenen Anhängern umgeben
war. »Macht es Euch denn gar nichts aus, daß er den ganzen
Ruhm für sich allein beansprucht? Ihr habt alle beide wenigstens genausoviel zum Sieg beigetragen wie er. Flynn hat das
meiste davon auf Band.«
Hazel zuckte die Schultern. »Nichts geht mir mehr auf die
Nerven, als wenn ich von Autogrammjägern verfolgt werde.
Soll er doch der Held sein, wenn es ihm soviel Spaß macht. Ich
für meinen Teil habe mich nie sonderlich wohl in dieser Rolle
gefühlt . «
»Aufgepaßt«, sagte Owen. »Sieht so aus, als will unser Held
eine Rede halten.«
Die Ansprache, die daraufhin folgte, war eine Sensation.
Kurz, knapp, präzise, inspiriert und witzig . Ein professioneller
Redenschreiber hätte es nicht besser machen können. Jung Jakob Ohnesorg rührte das Blut der Volksseele auf, indem er ihre
Taten bei der Verteidigung der Stadt pries, und er versprach
ihnen für die Zukunft weitere Schlachten gegen die Ungerechtigkeiten des Imperiums. »Vorwärts nach Golgatha!« rief er,
und alles jubelte und applaudierte. Hazel und Owen schlossen
sich dem Applaus an, um nicht kleingeistig zu erscheinen; doch
keiner von beiden war von Ohnesorgs Worten sonderlich beeindruckt. Für den Todtsteltzer und die ehemalige Piratin war
er einfach zu gut, um echt zu sein.
Doch alles in allem betrachtet, spürte Owen in sich einen
wachsenden Optimismus. Zum ersten Mal schien der Lauf der
Dinge seinen Vorstellungen zu folgen. Die Imperiale Invasion
war abgewehrt; Nebelhafen war gerettet; seine eigene Mission
war ganz offensichtlich ein gewaltiger Erfolg, und er hatte seinem eigenen Tod ins Gesicht gesehen und am Ende doch überlebt. Nicht, daß er jemals ernsthaft an die Prophezeiung der
Kinder geglaubt hätte, doch es war ein gutes Gefühl, die Angelegenheit hinter sich zu wissen. Es war, als hätte er einen neuen
Vertrag mit dem Leben abgeschlossen, und das Leben gefiel
ihm im Augenblick ausgesprochen gut.
Owen und Hazel standen beieinander und beobachteten die
Menge, die sich heiser jubelte, und insgeheim waren beide
hoch zufrieden.
K APITEL Z WEI
V
ERLORENE
U
NSCHULD
Sie nannten sie Shannons Welt , weil sie sein Traum und seine
Vision war. Er hatte sich bis an den Rand des Bankrotts verschuldet, um diesen Traum zu verwirklichen, doch das Resultat
war ein Vergnügungsplanet, der seinesgleichen suchte. Shannons Welt war reserviert für die Superreichen, für die mit den
extrem guten Beziehungen und die Aristokraten, und für sonst
niemanden. Die Koordinaten waren geheim und nur den oberen
Zehntausend bekannt. Der neugierige Rest, der sich ohne Einladung durch Bestechung oder Erpressung den Weg zur Oberfläche hinab bahnte, wurde von den modernsten Sicherheitssystemen und Waffen in Empfang genommen und ins Jenseits
befördert. Auf Shannons Welt gingen Träume in Erfüllung. Die
gesamte Welt war lebendig. Ein Vergnügungsplanet, wie es
keinen zweiten gab, ein Planet, wo selbst die erschöpftesten
Seelen Ruhe, Trost und Zerstreuung finden konnten.
Und dann geschah das Unvorstellbare.
Hinterher sagte sich Shannons Welt vom Imperium los und
unterbrach jede Form von Kontakt. Besucher wurden vernichtet, während sie noch im Orbit kreisten, ganz gleich, wer oder
was sie waren. Die Imperatorin entsandte ein Schiff. Es kehrte
niemals zurück. Sie schickte einen Imperialen Sternenkreuzer,
dem es gelang, eine volle Brigade Marineinfanteristen auf der
Oberfläche abzusetzen. Irgend etwas brachte sie um. Also versuchte es die Eiserne Hexe damit, eine ganze Reihe verdeckt
arbeitender Agenten einzuschmuggeln. Nur ein einziger Mann
kehrte von jener Welt wieder zurück, die einst der berühmteste
Vergnügungsplanet im Imperium gewesen war. Er war von
oben bis unten mit dem Blut anderer besudelt und vollkommen
wahnsinnig geworden. Sein Verstand hatte nicht ausgehalten,
was seine Augen gesehen hatten. Er starb kurz nach seiner
Rückkehr, weil er nicht mehr weiterleben wollte. Und bevor er
starb, taufte er den Planeten noch um auf den Namen Hakeldamach : Der Blutacker des Judas.
Die Imperatorin Löwenstein stellte die Welt unter Quarantäne und stationierte einen Sternenkreuzer in einem entfernten
Orbit, um sicherzustellen, daß, was auch immer dort unten lauem mochte, nicht herauskommen konnte … und wandte sich
anschließend
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