Todtstelzers Krieg
Rebellion geworden, Ohnesorg? Zerstört uns, und wir zerstören die
Menschen, für deren Rettung Ihr so lange gekämpft habt.«
»Könnten sie das wirklich?« wandte sich Ruby an Ohnesorg.
»Könnten die Familien wirklich so etwas zustande bringen?«
»O ja«, sagte Jakob. »Und es entspricht genau ihrer Art und
Weise zu denken . «
»Die Ordnung der Dinge ändert sich«, sagte SB Chojiro,
»aber wir bestehen fort. Und wir haben einer neuen Regierung
sehr viel anzubieten.«
»Noch ist die Rebellion nicht vorbei«, erwiderte Sturm nachdenklich. »Die Imperatorin ist noch längst nicht geschlagen.«
»Die Imperatorin ist wahnsinnig«, sagte der Shreck. »Wir erkennen die Zeichen der Zeit, ganz besonders, wenn sie mit Blut
geschrieben werden. Treffen wir nun ein Abkommen oder
nicht? Solange wir hier stehen und reden, sterben auf beiden
Seiten unnötig Menschen. Nicht, daß ich einen Dreck darauf
geben würde, aber Euch ist das doch ganz bestimmt nicht egal.
Entscheidet Euch, Ohnesorg. Wir wissen, daß der Untergrund
sich an Eure Entscheidung gebunden fühlen wird.«
»Hör nicht auf ihn, Jakob«, drängte Ruby Reise. »Wir sind
nicht bis hierher gekommen, um so dicht vor dem Ziel aufzugeben. Wir können die Familien stürzen, genau wie du es
immer gewollt hast.«
»Du hast selbst gehört, welchen Preis wir dafür zu zahlen
hätten«, entgegnete Ohnesorg. »Ich habe immer für das Wohl
der Menschen gekämpft, nie für meine eigenen Wünsche. Welchen Sinn hat es, ein Imperium zu stürzen, wenn wir nur noch
Asche haben, um darin zu leben? Die Bedürfnisse der Menschen kommen an erster Stelle. Wenn ich ihre Zukunft um
meiner eigenen Rache willen aufs Spiel setze, dann wird alles,
wofür ich jemals gekämpft habe, zu einer Lüge. Wer weiß –
wenn wir die Familien aus der Politik ausschließen, können wir
sie vielleicht sogar … zivilisieren.«
»Und was ist mit den Chojiros?« begehrte Ruby erhitzt auf.
»All die Schwüre, die du abgelegt hast, sie zu töten und auf
ihre Gräber zu pinkeln? Bedeuten sie denn gar nichts mehr?«
»Ich habe mehr Grund, die Chojiros zu hassen, als du dir jemals vorstellen kannst«, erwiderte Ohnesorg kalt. »Ich wünsche mir so sehnlich ihren Tod, daß ich mein Leben für eine
Chance opfern würde, sie allesamt mit Stumpf und Stiel auszulöschen. Aber ich werde und kann keine unschuldigen Leben
für meine alten Wunden opfern. Außerdem … vielleicht ergibt
sich ja noch die Gelegenheit zu einer kleinen privaten Vendetta, sobald die Rebellion erst vorüber ist.«
»Sicher«, sagte SB Chojiro. Sie lächelte noch immer. »Der
Clan Chojiro war immer ein Befürworter der ehrenvollen Tradition der Vendetta.«
»Also stimmt Ihr unserem Angebot zu?« erkundigte sich der
Shreck.
»Ja, verdammter Kerl!« fauchte Ohnesorg . »Ja, wir stimmen
zu. Ruft Eure Leute zurück, und ich lasse den Angriff abblasen.
Bleibt in den Türmen, bis die Rebellion vorbei ist, und wir verhandeln später über die Einzelheiten. Und bevor Ihr fragt:
Nein, ich werde Euch nicht die Hand schütteln. Ich brauche
meinen letzten Rest von Selbstachtung.«
»Ich glaube das einfach nicht!« fluchte Ruby und trat einen
Schritt zurück, so daß sie alle mit ihrer Waffe in Schach halten
konnte. »Ich habe gar nichts zugestimmt! Du verrätst die Rebellion, Jakob! Du verrätst jedes verdammte Versprechen, das
du jemals abgegeben hast. All die Dinge, die du zu mir gesagt
hast, all die Dinge, die ich dir glauben sollte, und jetzt, wo der
Tag der Abrechnung endlich da ist, triffst du Abmachungen mit
dem Feind!«
»Das nennt sich Politik, Liebling«, sagte Ohnesorg.
»Manchmal ist der Preis zu hoch, den man für seine Ideale zahlen muß . Und wenn ich mit dieser Abmachung leben kann,
dann kannst du das auch . «
»Du bist als Aristo zur Welt gekommen!« schimpfte Ruby
»Und in deinem Herzen bist du immer noch ein verdammter
Aristo, trotz allem! Von mir aus triff deine Vereinbarung mit
den Familien, Jakob. Aber ich werde dir nie wieder auch nur
ein einziges Wort glauben.«
Und am Ende war es genauso einfach, wie es sich angelassen
hatte. Die Nachricht wurde verbreitet, die Armada der Schlitten
brach den Angriff auf die Türme ab, und auf beiden Seiten
schwiegen die Waffen. Viele Rebellen schrien noch immer laut
nach Rache, sowohl für ihre gefallenen Kameraden, als auch
für die Unzähligen, die im Laufe der Jahrhunderte unter den
Füßen der Familien zertrampelt worden waren; doch am Ende
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