Todtstelzers Krieg
Stahl schaltete den Kommlink aus
und bellte Befehle. Er glaubte nicht recht an Chances Information – nicht zuletzt deshalb, weil er es nicht wollte –, doch er
durfte kein Risiko eingehen. Er ließ die diensttuenden Esper
ohrfeigen, bis sie sich wieder halbwegs beruhigt hatten, und
befahl ihnen anschließend, mit ihren Bewußtseinen so weit
nach draußen zu greifen wie nur irgend möglich. In der Zwischenzeit aktivierte das Turmpersonal die Langstreckensensoren. Schon nach wenigen Augenblicken entdeckten die Esper
ein großes dunkles Nichts an der Stelle, wo sich die Stadt Hartsteinfels befinden sollte, ein Nichts, das sie nicht durchdringen
konnten. Sie entdeckten auch noch etwas anderes: ein Wesen,
groß und mächtig und hinter einer Abschirmung verborgen.
Hoch oben im Orbit um die Nebelwelt erkannte Legion, daß
es entdeckt worden war. Endlich! Seine Zeit war gekommen,
und jetzt konnte es tun, wozu man es geschaffen hatte: Terror
und Verzweiflung über die Feinde des Imperiums bringen. Es
ließ den Schild fallen und griff mit seiner unglaublichen Macht
nach der Stadt Nebelhafen.
Die Sensoren des Raumhafens entdeckten das Imperiale
Schiff im Orbit augenblicklich – und Hunderte von Pinassen
auf der Oberfläche, mit Kurs auf Nebelhafen . Direktor Stahl
hämmerte auf den Alarmknopf, während ringsherum Esper
schrien und zusammenbrachen und sich auf dem Boden wanden, weil sie das Entsetzen nicht ertragen konnten, das Legion
war. Das Turmpersonal gab sich alle Mühe, sie wieder zur
Vernunft zu bringen; doch einige waren bereits tot, andere waren wahnsinnig geworden, und der Rest hatte sich so weit in
sich selbst zurückgezogen, daß er unerreichbar war. Sie versteckten sich in ihrem eigenen Verstand. Stahl benutzte eine
Notfrequenz und rief die Espervereinigung an. Es dauerte ewig,
bis jemand seinen Ruf entgegennahm. Statische Entladungen
huschten über den Schirm, und das Signal wurde unter Legions
Einfluß schwächer und schwächer. Am Ende erschien ein
Mann mit panischem Blick auf dem Schirm. Sein Gesicht war
schweißnaß und voller Entsetzen.
»Schafft mir einen Verantwortlichen an den Schirm!« bellte
Stahl. »Wir müssen unseren psionischen Schild errichten! Das
ist ein Notfall!«
»Das wissen wir selbst«, antwortete der Esper auf der anderen
Seite. Er verdrehte die Augen wie ein durchgehendes Pferd.
»Das Imperium ist hier! Wir können nichts dagegen tun! Es ist,
als würde ein gigantischer ESP-Blocker die gesamte Stadt lahmlegen . Unsere Fähigkeiten sind nutzlos. Wir können uns nicht
einmal mehr hören. Die Hälfte unserer Leute ist in Katatonie
gefallen, um nicht ganz wahnsinnig zu werden. Und das ist noch
nicht alles: Dieses Blockerfeld wird von Minute zu Minute stärker! Wir können keinen psionischen Schirm errichten.«
Plötzlich schoß ein Blutschwall aus Nase und Ohren des
Mannes. Er wirkte überrascht, wollte etwas sagen … dann verschwand sein Gesicht vom Schirm.
Stahl rief erneut an, doch niemand antwortete. Und dann erlosch der Bildschirm ganz. Alle Kommunikationsfrequenzen
waren mit einem Schlag blockiert. Stahl und seine Leute wandten sämtliche Notfallprozeduren an und aktivierten Reserveaggregate, doch keines davon wollte funktionieren. Stahl saß in
seinem Kommandantensitz, umgeben von Chaos und Schreien.
Der psionische Schild war unten. Gegenwärtig wurden die Disruptorkanonen des Raumhafens hochgefahren, die Beute aus
einem abgestürzten Raumschiff; aber ohne funktionierende
Kommunikationsemrichtungen gab es keine Möglichkeit, die
Waffen auf ein Ziel zu richten. Techniker arbeiteten fieberhaft
daran, die Sensoren des Kontrollturms ins Kommunikationssystem einzuschleifen; allerdings wußte niemand, ob und wie
lange das funktionieren würden. Schon jetzt versagten einige
der schwächeren Aggregate ihren Dienst. Das unnatürliche
Kraftfeld des Sternenkreuzer im Orbit war einfach zu stark.
Stahl rief ein Dutzend Läufer zusammen und schickte sie in
die Stadt. Sie sollten die Wachen und die Miliz organisieren.
Noch während er seine Befehle erteilte, wußte er, daß es nicht
reichen würde. Nebelhafen hatte sich schon zu lange auf seinen
psionischen Schild verlassen. Unter dessen Schutz waren die
Wachen weich geworden, und viele Jahre schon hatte niemand
mehr die Miliz ernst genommen. Stahl grunzte. Die Einwohner
Nebelhafens waren immer noch Kämpfer. Wenn sie in dieser
Stadt überleben wollten, blieb ihnen auch gar nichts anderes
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