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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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stellen können?«
»Blickt hinter Euch«, sagte Jorgensson.
Alle wirbelten herum und sahen sich einem großen lächelnden Mann mit fein geschnittenen Zügen gegenüber. Er hatte
lange dunkle Haare, einen Bart und freundliche, wissende Augen. Eine Dornenkrone lag leicht auf seinem Haupt wie ein
stachelbewehrter Heiligenschein, und als er eine Hand hob, um
die Landungsgruppe zu grüßen, erblickten sie das von einem
Nagel herrührende Loch in der Handfläche. Er strahlte eine
Aura der Weisheit und Gelassenheit aus, und seine Gegenwart
wirkte wie eine kühle Brise an einem heißen Tag. Als eigentlicher Hammer musste jedoch das halbe Dutzend geflügelter
Engel gelten, die über ihm schwebten. Jeder von ihnen war fast
sieben Meter groß, trug lange, fließende weiße Gewänder, einen leuchtenden Heiligenschein und riesige gefiederte Schwingen.
»Willkommen auf der Welt, die ich für Euch geschaffen habe«, sagte Jesus mit voller, warmer, tröstender Stimme. »Willkommen im Paradies.«
Schwejksam sah Morrell an, der den Kopf schüttelte. »Seht
nicht mich an; ich habe keinen Schimmer, was hier vorgeht.
Falls ein ausreichend großer Felsen in der Umgebung vorhanden wäre, würde ich mich darunter zu verstecken suchen, denke ich. Der Mann ist keine Illusion, sondern vollkommen real,
aber das ist auch schon alles, was ich Euch sagen kann. Seine
Gedanken sind mir verschlossen. Und falls Er der ist, der Er zu
sein behauptet, dann, so denke ich, freut mich dieser Umstand
eher. Sollte ich nämlich versuchen, eine Gedankenverbindung
mit dem Sohn Gottes herzustellen, würde mir das Gehirn wahrscheinlich durch die Ohren auslaufen. Plappere ich hier? Hört
sich ganz danach an, als würde ich plappern.«
»Er sieht so aus, wie ich es immer erwartet habe«, sagte Barron leise.
»Bevor irgendjemand auf die Idee kommt, auf die Knie zu
sinken und Hosianna zu rufen, gestattet mir den Hinweis, dass
es eine andere Erklärung gibt«, warf Carrion ein, anscheinend
ungerührt. »Wir wissen, dass ein Mensch die Explosion der
Basis überlebt hat: der Wissenschaftler Marlowe. Der sich mit
Nanos infiziert hat, um eine Evolution mit offenem Ausgang
einzuleiten. Das muss er sein.«
»Und die Engel?«, fragte Schwejksam.
Carrion überlegte. »Daran tüftele ich noch.«
Morrell musterte die riesigen, in der Luft schwebenden Gestalten. »Wisst Ihr, ich hasse es, auf Einzelheiten herumzureiten, aber … Sollten sie nicht Harfe spielen oder sowas? Und
wieso müssen sie nicht mit den Flügeln schlagen, um in der
Luft zu bleiben?«
»Sie sehen jedenfalls nicht danach aus, als wären sie aerodynamisch stabil«, sagte Carrion.
»Bleibt Ihr beide möglichst weit weg von mir!«, verlangte
Barron. »Sollte ein Fluch der Furunkel vom Himmel kommen,
möchte ich Euch nirgendwo in meiner Nähe wissen.«
»Versuchen wir doch, bei den aktuellen Gegebenheiten zu
bleiben«, schlug Schwejksam vor. Er bedachte Jesus mit einem
so einschüchternden Blick, wie er ihn nur hinbekam. »Seid Ihr
wirklich der Wissenschaftler Marlowe?«
»Das ist wirklich sehr, sehr lange her«, antwortete Jesus.
»Siehe, ich werde euch alles erzählen. Einst war ich nur ein
Mensch wie jeder andere. Ich wandelte unter den Menschen,
und sie erkannten meine Größe nicht. Wir alle hier waren Wissenschaftler und mühten uns für unseren Imperator ab. Wir
erforschten die Nanotechnik. Die Bausteine Gottes. Die Verwandlung und Programmierung von Menschen. Der Imperator
wollte die Macht erlangen, Gestalt, Wesen und Identität aller
Menschen von Geburt an zu bestimmen. Richtig programmierte Nanotech hätte in der Lage sein müssen, gewünschte Merkmale auf Bestellung herzustellen. Die Bevölkerung hätte dann
aus vorprogrammierten Arbeitern, Kriegern, Zuchtpersonen,
Wissenschaftlern usw. bestanden, ganz nach Bedarf. Die
Menschheit wäre effizienter, planbarer, lenkbarer geworden.«
»Mein Gott«, sagte Morrell leise. »Sie hatten vor, die große
Mehrheit der Menschen in Nichtpersonen zu verwandeln, noch
geringer als Klone und Esper. Hätten sie das wirklich tun können?«
»Theoretisch ja«, sagte Carrion. »Kein Wunder, dass Löwenstein versucht hat, das Projekt auf Vodyanoi IV neu aufzulegen.«
»Ich schätze, der Plan lief darauf hinaus, dass nur der
Imperator und ein paar ausgesuchte Familien weiterhin echte
lebendige Menschen sein sollten«, sagte Schwejksam. »Alle
anderen sollten dazu programmiert werden, ihnen von Geburt
an ein Leben lang treu zu dienen.

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