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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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sorgfältig überlegen, Kapitän. Falls wir diesen Geist aus
der Flasche befreien, könnte es gut sein, dass er unsere Feinde
bezwingt, aber was geschieht dann? Vergesst nicht, was der
ursprüngliche Imperator damit bezweckt hat. Und Ihr könnt
auch sehen, was die Nanos mit Marlowes Geisteszustand angestellt haben.«
Der Himmel verdunkelte sich, und auf einmal herrschte
Dämmerlicht. Donner rollte bedrohlich über den Himmel. Es
wurde bitterkalt. Und Jesus lächelte nicht mehr.
»Können wir nicht alle ein bisschen vorsichtiger sein, was
unsere Wortwahl in seiner Gesellschaft angeht?«, schlug Barron leise vor. »Ob er nun der ist, der er zu sein behauptet, oder
nicht, jedenfalls ist er der Gott dieses Planeten. Unsere Kraftfelder schützen uns womöglich, wenn er Blitze herabruft, aber
wir wollen das doch lieber nicht praktisch erproben, solange es
nicht unbedingt nötig ist, oder?«
»Ihr wagt es, an mir zu zweifeln?«, fragte Jesus. Sein Ton
war jetzt düsterer, als spräche er mit der Stimme des Donners
oder der Wut eines Sturms, der vor dem Ausbruch steht. Blut
lief ihm ungehindert aus den Wundmalen an Händen und Füßen sowie aus der Speerwunde an der Seite. »Gestattet mir,
Euch zu zeigen, was in meiner Macht steht. Jeder von Euch ist
hergekommen, um jemanden zu suchen, selbst wenn es ihm
nicht klar war. Ich entnehme Namen und Gesichter der Gesuchten aus Euren Gedanken und erkenne die Löcher, die ihr
Verlust in Eurem Leben und Euren Seelen hinterlassen hat.
Siehe, die Toten sollen auferstehen und wieder unter uns wandeln!«
Ein Staubwirbel stieg vom Boden auf und wurde riesengroß.
Das grüne Gras und der blaue Himmel waren verschwunden,
vom Staubsturm aufgesaugt. Und dann nahm ein Teil davon
die Gestalt eines Menschen an, eines jungen Mannes in Flottenuniform, der lächelnd vor der Landungsgruppe stand. Er
kam Schwejksam vage bekannt vor, aber erst, als Barron plötzlich vorwärtsstolperte, erkannte er ihn.
»Vater!«, rief Barron, und seine Stimme versagte, als er auf
die lächelnde Gestalt zutaumelte.
Schwejksam traf Anstalten, ihm zu folgen, blieb aber wieder
stehen. Er wollte dieser neuen Gestalt oder Jesus nicht zu nahe
kommen. »Barron, das ist nicht Euer Vater! Er ist auf Unseeli gefallen. Das ist nur ein Gespenst aus Nanotech!«
»Denkt Ihr vielleicht, ich würde meinen Vater nicht erkennen?«, fragte Barron hitzig. »Er sieht genauso aus wie in den
alten Familienholos.«
»Natürlich sieht er so aus. Jesus muss sein Bild Eurer Erinnerung entnommen und die Nanos entsprechend eingestellt haben.«
»Kommt es darauf wirklich an?«, fragte eine neue, vertraute
Stimme. Schwejksam spürte, wie eine kalte Hand nach seinem
Herzen griff. Er drehte sich langsam um und sah sich
Investigator Frost gegenüber. Sie sah genauso aus, wie er sie in
Erinnerung hatte.
»Du kannst nicht real sein«, sagte er rau. »Du bestehst nur
aus meinen Erinnerungen, die Gestalt erhalten haben, nicht
wahr?«
»Gute Frage«, antwortete Frost. »Ich will verdammt sein,
wenn ich die Antwort wüsste. Ich fühle mich ziemlich real,
aber das würde ich ohnehin sagen, oder? Komm mit. Es gibt
Dinge, über die wir reden müssen.«
Und Kapitän Schwejksam und Investigator Frost entfernten
sich langsamen Schrittes, so voneinander gebannt, dass sie
nicht einmal bewusst registrierten, wie sich die Welt rings um
sie neu bildete. Der wirbelnde Staubsturm wurde für sie zu
einem grünen Wald, und bald wanderten sie zwischen hohen
stolzen Bäumen einher, während Wesen, die sehr an Vögel
erinnerten, über ihnen süße Lieder trällerten. Die Luft war voller herbstlicher Düfte, und Schwejksams und Frosts Schuhe
knirschten auf trockenen Gräsern und gefallenen Blättern.
Schwejksam erkannte die Umgebung wieder. Sie spazierten
durch einen Wald auf Virimonde , ein Ort, an dem er beinahe
umgekommen wäre. Es schien ihm so lange zurückzuliegen.
»So«, sagte Frost. »Wie ist es dir ergangen? Hoffentlich hast
du keine Zeit mit Trauer um mich verschwendet!«
»Ich habe … mit meinem Leben weitergemacht«, erzählte
Schwejksam. »Habe mich beschäftigt. Eine Menge ist passiert,
seit du gestorben bist.«
»Noch mehr Kriege, vermute ich. Irgendwo herrscht immer
Krieg. Hat Löwenstein lange genug überlebt, um vor Gericht
gestellt zu werden? Das hätte ich gern miterlebt.«
»Sie ist entkommen, wenigstens im Geiste. Hat ihr Bewusstsein mit den abtrünnigen KIs von Shub vereint und ihren Körper

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