Todtstelzers Schicksal
den Friedensfürst zu geben. Ich denke, das hier wird viel mehr Spaß machen. Ich halte
Euch einfach hier fest, bis Eure Kraftfelder ausfallen, und dann
gehört Ihr mir, um Euch zu formen und umzuformen, wie es
mir in den Sinn kommt. Ich rühre mit klebrigen Fingern in Eurem Fleisch und schmelze Euch zu Euren eigenen schlimmsten
Albträumen um. Für alle Ewigkeit werdet Ihr meine Spielsachen sein!«
»Er könnte es schaffen«, sagte Morrell, das Gesicht blass und
verzweifelt. »Ich kann seinen Griff um meine Gedanken nicht
brechen! O Gott … Kapitän, tut etwas!«
Schwejksam wandte sich an Carrion. »Ruft die Ashrai! Seht
mal, ob sie immer noch wütend sind.«
»Sie sind schon da«, sagte Carrion mit einem sehr düsteren
Lächeln.
Riesige Gestalten stürzten sich vom Himmel, und Gargoylenfratzen stießen ihre Wut mit Lauten hervor, die fast zu laut waren, um sie zu ertragen. Der Teufel knurrte und schleuderte mit
einem Wink der blutroten Klaue Dämonen nach ihnen. Die
Riesengestalten prallten aufeinander, füllten den düsteren
Himmel aus. Immer neue Dämonen entstanden aus dem Nichts,
von Marlowes Nanos erschaffen. Schwejksam und Carrion
sahen sich an. Fast wider Willen vereinten sie sich im Geist,
mit ihrem veränderten Bewusstsein, und bildeten eine Einheit,
die viel stärker war als die Summe ihrer Teile. Morrell schrie
auf und wandte den Blick ab, versteckte sich hinter seinen
stärksten Abwehrschirmen, um nicht von dem Licht geblendet
zu werden, das die Verschmelzung erzeugte. Schwejksam und
Carrion griffen den Teufel an, und es bedurfte nur eines Augenblickes, um mit ihrem überlegenen Willen Marlowe die
Steuerung der Nanos zu entreißen. Er war wirklich kein erwähnenswerter Telepath, und er war schon so lange allein und hatte
niemanden, der seine Willenskraft forderte.
Er schrie auf, als die Hölle noch einmal aufflackerte und
dann verschwand, wie eine Kerze, die jemand ausblies.
Schwejksam und Carrion und Morrell starrten auf die öde Gesteinsfläche und sahen einen Mann vor sich, der schon zerbröckelte und auseinander fiel. Nur die Nanos hatten ihn noch
am Leben erhalten, und sie wichen jetzt aus seinem Körper wie
Ratten aus einem sinkenden Schiff. Er wurde zu Staub und
weniger als Staub, und eine Windbö trug ihn davon. Der Himmel war wieder frei von den Ashrai und Dämonen. Schwejksam und Carrion lösten ihre Gedanken voneinander und wandten auch die Blicke voneinander ab, verlegen über die erzwungene Intimität, die sie erlebt hatten. Sie hätten die Nanos unter
Kontrolle halten können, entschieden sich aber dagegen. Sie
hatten sich ohnehin ganz schön weit von der menschlichen Natur entfernt. Genug Verdammnis lag schon auf ihren Seelen,
auch ohne weitere Versuchungen hinzuzufügen.
»Na ja«, bemerkte Morrell, fast ein wenig atemlos. »Das war
… interessant. Können wir jetzt bitte wie der Teufel von hier
verschwinden, Kapitän?«
»Können wir«, sagte Schwejksam. »Dieser Einsatz ist gescheitert. Hier ist nichts zu finden, dessen Freisetzung wir riskieren dürften. Niemandem darf man eine solche Macht anvertrauen. Ich würde ja empfehlen, den Planeten aus dem Orbit zu
sengen, falls ich glaubte, damit etwas zu erreichen, aber die
Nanos könnten sogar das überleben. Also lassen wir den Geist
in der Flasche sitzen, bis die Menschheit ausreichend Klugheit
entwickelt hat, um korrekten Gebrauch von ihm zu machen.«
»Und wir haben Barron verloren«, sagte Carrion. »Ich habe
ihn hergebracht. Er hat mir vertraut. Er hätte nicht vergessen
dürfen, dass ich schon immer ein Unglücksvogel war.«
Schwejksam sah sich auf der leeren Felsebene um. »Ich frage
mich, was die Nanos jetzt aus diesem Planeten machen werden,
wo sie kein menschlicher Wille mehr lenkt oder einschränkt.
Könnte sich lohnen, in ein paar Jahrhunderten hierher zurückzukehren, nur um mal zu sehen, was für eine Welt die Nanos
bis dahin gestaltet haben.«
Er setzte einen Funkspruch an die Pinasse ab, die im Orbit
wartete, und sie kam herunter und schwebte über dem Felsenboden, während die Mitglieder der Landungsgruppe nacheinander unbeholfen in die offene Luftschleuse sprangen.
Schwejksam bildete als Kapitän die Nachhut. Er warf einen
letzten Blick zurück und glaubte, in der Ferne Barron zu sehen,
der ihm zum Abschied zuwinkte. Schwejksam wandte Zero
Zero den Rücken zu und ließ sich von der Pinasse zurück zur Unerschrocken und zu seiner Pflichterfüllung bringen.
K APITEL V
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