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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Gestalten, die
nur Verachtung empfanden für diese Nachbildung von allem,
was sie verloren hatten. Sie brachen wie ein lebendiger Sturm
durch den falschen Metallwald und reduzierten ihn zu Fetzen.
Die Metallbäume platzten auseinander, und die schartigen,
glänzenden Scherben und Fragmente wurden zu einem Mahlstrom aus heulenden Gargoylenfratzen hochgerissen. Die falschen Ashrai verschwanden innerhalb eines Augenblicks, unfähig, der wütenden Präsenz ihrer echten Gegenstücke zu widerstehen, wie Schatten, die von einem blendenden Licht zerstreut wurden. Schwejksam und Carrion drängten sich aneinander, während der Sturm rings um sie tobte, sie aber irgendwie nie ganz berührte. Der Gesang der toten Ashrai war
machtvoll und fürchterlich, und der Wille des Mannes, der
einst Marlowe hieß, konnte ihm nicht standhalten. Der Traum
eines verschwundenen Waldes wurde auseinander geblasen
und fortgetragen von einem allzu wirklichen Sturm, und bald
war nichts weiter übrig als der wirbelnde Staub, dem er entsprungen gewesen war.
Schwejksam und Carrion sahen sich erneut Jesus gegenüber.
Er wirkte ernsthaft böse.
»Ich erschaffe einen Himmel für Euch, und Ihr spuckt mir ins
Gesicht! Muss der Mensch denn immer aus dem Paradies fliehen?«
»Jeder Traum muss irgendwann enden«, sagte Schwejksam.
»Selbst Eurer, Marlowe.«
»Nennt mich nicht so! Dieser Mann ist tot!« Jesus hatte seinen Heiligenschein verloren, und die Dornenkrone brannte.
Flammen tanzten auf seiner Stirn und in seinen Augen. »Ihr
könnt nicht begreifen, was aus mir geworden ist!«
»Oh, Ihr wärt überrascht«, entgegnete Schwejksam. »Sowohl
Carrion als auch ich sind seinerzeit von einer größeren Macht
angerührt worden. Wir haben nur nie unseren Sinn für Proportionen verloren.« Er ging zu dem Esper Morrell hinüber, der
ein wenig abseits stand. »Wie sah Euer Traum aus?«
»Ich hatte überhaupt keinen«, antwortete der Esper forsch.
»In dem Augenblick, als er in meinen Gedanken herumfuhrwerken wollte, habe ich den stärksten mentalen Abwehrschirm
aufgebaut, den ich nur hinbekam. Marlowe konnte ihn nicht
mal ansatzweise knacken. Vielleicht kommandiert er die Nanotech, aber als Telepath ist er strikt untere Kategorie. Ich muss
schon sagen, dieser Typ ist wirklich eine Enttäuschung. Die
Nanos haben ihm die Kontrolle über einen ganzen Planeten
gegeben, und alles, was er damit anfängt, sind Kinderspiele.
Von seinem tatsächlichen Potenzial hat er keine Vorstellung.«
»Jetzt mal langsam«, sagte Carrion. »Wo steckt Barron?«
Sie sahen sich um, aber er war nirgendwo zu sehen. Nur sie
drei und Jesus standen hier, begleitet von dem wirbelnden
Staubsturm. Jesus lächelte wieder. Schwejksam bedachte ihn
mit finsterem Blick.
»Was habt Ihr mit Barron angestellt, Marlowe?«
»Er hat sich seinem Traum ergeben«, antwortete Jesus.
»Letztlich war er nur ein verirrtes Kind, das sich nichts weiter
wünschte, als zum Ebenbild seines Vaters zu werden. Und jetzt
ist er es. Er gehört mir, und bald gehört auch Ihr mir. Da Ihr
meinen Himmel nicht annehmen wolltet, verdamme ich Euch
zur Hölle.«
Flammen sprangen überall auf und traten an die Stelle des
Staubsturms. Die Mitglieder der Landungsgruppe wichen vor
der Hitze zurück, obwohl sie in den Kraftfeldern geschützt waren. Der Himmel war dunkel, von Blitzen durchzogen, und
Dämonen mit Klauen und Reißzähnen schwangen sich mit Hilfe riesiger Fledermausflügel in die Lüfte. Überall schienen
Menschen in entsetzlicher Agonie zu schreien. Schwejksam
und Carrion und Morrell drängten sich eng aneinander.
»Verdammt!«, beschwerte sich Morrell. »Er hat meinen Ab
wehr schirm durchdrungen!«
»Entweder gewinnt er an Kraft«, sagte Carrion, »oder an
Entschlossenheit.«
»Es ist nicht real«, fand Schwejksam. »Glaubt nicht daran.«
»Es ist so real, wie die Nanos es hinbekommen«, gab Carrion
zu bedenken. »Diese Vision entspringt Marlowes Gedanken,
nicht unseren. Sie verschwindet nicht einfach, wenn wir nicht
daran glauben. Nicht, solange er erkennbar solchen Spaß daran
hat.«
Sie sahen Marlowe an, und wo vorher Jesus gestanden hatte,
ragte jetzt der Teufel auf – mit scharlachroter Haut, Pferdefüßen und einem Ziegenkopf, den geringelte Hörner schmückten.
Es war mehr eine Kinderillustration als eine detailgenaue Abbildung, aber sie gab Marlowes geistige Verfassung deutlich
genug kund. Die dicken Lippen dehnten sich zu einem heimtückischen Grinsen. »Ich bin es satt,

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