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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Ruby jedoch auch nicht aussperren können. Sie fuhr mit den Fingerspitzen über den glatten, kalten Stahl. Jakob war vielleicht dahinter, vielleicht aber auch nicht. Früher mal hätte sie es tief in
ihrer Seele gewusst. Ihre wunderbaren, vom Labyrinth des
Wahnsinns verliehenen Kräfte funktionierten jedoch nicht
mehr, wo es Jakob Ohnesorg anbetraf. Das Gleiche galt für alle
anderen Labyrinthleute. Wenn sie in Konflikt miteinander gerieten, löschte das ihre Fähigkeiten wechselseitig aus – als hätte
das Labyrinth Begrenzungen tief in sie eingepflanzt, damit sie
ihre Kräfte nicht gegeneinander einsetzen konnten. Wenn Ruby
nur an Jakob dachte und ihn dabei als Feind und als Beute betrachtete, dann reichte das schon, um ihre ganze übermenschliche Kraft und ihre übermenschlichen Fähigkeiten zu beseitigen. Also konzentrierte sie sich lieber auf das Schloss vor ihr,
nahm es ganz in sich auf. Übermenschliche Kraft entflammte
von neuem in ihren Muskeln, und sie zeigte ihr altes wölfisches
Lächeln. Fast beiläufig schlug sie mit der Faust ans Tor, und
das Metall beulte sich unter dem Einschlag tief durch. Rubys
Lächeln wurde noch breiter, und sie schlug in einem fort erneut
zu, bis die Tür unter ihrem erbarmungslosen Angriff nachgab
und aus den Angeln und dem eindrucksvollen Schloss flog.
Ruby packte sie mit Händen, die nicht mal blaue Flecken zeigten, und riss sie ganz heraus, begleitet vom rauen Kreischen
reißenden Metalls.
    Sie schleuderte die Tür zur Seite und stürmte mit gezogenem
Disruptor in die Garage, wo sie dann rasch seitlich auswich,
damit sie sich nicht vor dem Licht draußen abzeichnete. Sinnlos, sich selbst als Ziel zu präsentieren. Mucksmäuschenstill
stand sie im tarnenden Dunkel, atmete kaum und lauschte.
Noch jemand hielt sich hier auf. Sie spürte es. Wer immer es
war, er war gut. Sie konnte weder etwas von ihm sehen noch
hören. Aber sie wusste trotzdem von ihm. Was Hinweis gab,
dass es sich nicht um Jakob Ohnesorg handelte. Sie streckte die
Hand zum Lichtschalter neben der Tür aus und drückte ihn.
Licht erfüllte die Garage, blendend hell für normale Augen,
aber Rubys Pupillen passten sich innerhalb eines Augenblicks
an. Sie entdeckte Waffen, Grundnahrungsmittel und mehr
Sprengstoff, als dass Ruby eine beengte Räumlichkeit gern mit
ihm geteilt hätte, aber nirgendwo fand sie eine Spur von Jakob
oder sonst jemandem. Die Garage war völlig verlassen. Nur
wusste Ruby, dass dies nicht wirklich so war. Sie konzentrierte
sich, tastete mit ihren Gedanken nach außen und wurde sich
fast sofort einer Präsenz bewusst, vor ihr und direkt rechts von
ihr. Sie zielte sorgfältig mit dem Disruptor dorthin und zeigte
ihre Zähne in einem Lächeln, das keinerlei Humor ausdrückte.
»Zeige dich, oder ich puste ein Loch mitten in dich hinein.
    Ich meine es ernst!«
»Natürlich tut Ihr das«, sagte Valentin Wolf und tauchte aus
dem Nichts hervor auf, genau an der Stelle, auf die sie mit der
Waffe zielte. Gekleidet war er wie stets in tiefstes Schwarz, das
Gesicht knochenweiß, außer den dunklen, mit Wimperntusche
hervorgehobenen Augen und dem scharlachroten Lächeln. Das
lange dunkle Haar fiel ihm in geölten Ringellocken bis auf die
Schultern. Er trug ein Schwert und eine Pistole an den Hüften,
aber die Hände mit den schlanken Fingern waren leer. Er wirkte völlig entspannt und so gefährlich wie eine zusammengerollte Schlange, bereit, jeden Augenblick zuzuschlagen. Und er
strahlte noch etwas anderes aus, eine ungesunde Aura, die sich
knirschend an Rubys erweiterten Sinnen rieb. Sie spürte, wie
sich ihr ganz langsam die Nackenhaare aufrichteten. Valentin
schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln.
»Ich bin beeindruckt, Kopfgeldjägerin! Niemand sonst kann
mich sehen, solange ich es nicht möchte. Ich beneide Euch ja
so um Eure wundervollen Labyrinthfähigkeiten, meine Liebe!
Ich selbst verfüge nur dank der Esperdroge über ein oder zwei
geringfügige telepathische Fertigkeiten. Trotzdem, wer weiß
schon, was die Zukunft bringt, hm?«
»Was tust du hier, Wolf?«, verlange Ruby rundheraus zu
wissen. »Suchst du nach Ohnesorg?«
»Aber nein, meine Liebe. Ich weiß, wo er ist. Er hat ein
Bündnis mit meinen Kollegen von Shub geschlossen, und er ist
dorthin gegangen, wohin sie ihn geschickt haben.«
»Du bist verrückt! Jakob würde nie ein Bündnis mit Shub
eingehen!«
»Oh, Ihr wärt überrascht, was ein Mann alles tut, wenn er mit
dem Rücken zur Wand steht.

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