Todtstelzers Schicksal
Excalibur zitterte und bebte unter dem Aufprall so vieler
Energiewaffen, aber ihre Schilde hielten stand. Die Sternenfregatten hatten weniger Glück. Bei einer nach der anderen überluden sich die Kraftfelder und brachen zusammen, und eine
nach der anderen wurden sie von der Shub -Flotte aus dem
Weltall geschossen. Sie gingen jedoch kämpfend unter, meißelten an den viel größeren Schiffen von Shub herum, schwächten
sie genug, sodass die Excalibur sie mit ihrer überlegenen Feuerkraft vernichten konnte. Schiffe von Shub zerplatzten, expandierten plötzlich lautlos in der unversöhnlichen Kälte und
Dunkelheit des Alls, und mit jedem Shub Schiff , das verschwand, rückten die Streitkräfte der Menschheit näher heran
und reduzierten dadurch den Abstand zwischen Diana Vertue
und ihrer Beute.
Diana sah auf dem Monitor in der großen Halle zu, wie die
Sternenfregatten verschwanden, und vernahm die Todesschreie
der Besatzungen in ihren Gedanken. Sie konnte sich jetzt jedoch keine Trauer leisten. Sie musste konzentriert bleiben, in
Vorbereitung auf das, was kommen würde.
Als alle Fregatten zerstört waren, hatte die Fluchtburg freies
Schussfeld. Sie eröffnete mit allen Hunderten von Geschützstellungen das Feuer, und Shub -Schiffe gingen in der langen
Nacht unter. Giles Todtsteltzer hatte die Fluchtburg als eine
einzige gigantische Waffe konstruiert, eine letzte Zuflucht vor
den ehrfurchtgebietenden Machtmitteln des alten Imperiums.
Shub hatte dem nichts entgegenzusetzen, abgesehen von seiner
überwältigenden zahlenmäßigen Überlegenheit. Die abtrünnigen KIs warfen der Burg ein Schiff nach dem anderen entgegen, hämmerten mit erbarmungsloser Feuerkraft auf ihre Abwehrschirme ein genug schiere Energie, um ganze Planeten zu
zerstören. Die Fluchtburg setzte langsam ihren Vormarsch mitten zwischen die räuberischen Kräfte fort, aber die Abwehrschirme wurden jetzt schwächer, und beide Seiten wussten es.
Diana Vertue stand allein in der großen Halle und konnte die
Schreie der Sterbenden nicht ausblenden. Sie wusste schon die
ganze Zeit, dass die meisten Menschen würden sterben müssen,
die sie mitgebracht hatte, um sie dicht genug an den Feind heranzuführen, damit ihr Plan eine Chance hatte – aber auch dieses Wissen machte es jetzt nicht leichter. Sie versuchte, ihre
alte Johana-Wahn-Persönlichkeit wachzurufen. Johana hätte
sich nichts aus dem Sterben gemacht. Aber zu lange schon war
sie jetzt wieder Diana Vertue, war sie geistig gesund, und sie
konnte einfach nicht in die Vergangenheit zurück. Sie bemühte
sich, ihre Tränen zurückzuhalten. Sie musste jetzt weitermachen. Sie war die letzte Hoffnung der Menschheit.
Jakob Ohnesorg und Ruby Reise saßen an ihren Geschützstellungen tief im Innern der Burg, erfassten ihre Ziele und
feuerten die Disruptorkanonen ab – und all das schneller, als
dass irgendein menschlicher oder nichtmenschlicher Verstand
es ihnen hätte gleichtun können. Gemeinsam pusteten sie große
Löcher in die Shub -Flotte, vernichteten sie Schiff auf Schiff,
waren aber zu beschäftigt, um darüber zu jubeln. Beide hatten
sie ihre besonderen Kräfte wachgerufen, trieben ihre Körper an
die Grenze, unterdrückten den Schmerz, als Muskeln und Organe schneller abbauten, als sie zu regenerieren vermochten.
Beide hatten sie die Augen weit aufgerissen und blickten ohne
zu blinzeln; der Schweiß tropfte ihnen von den Gesichtern, und
die Münder waren zu unschönem Lächeln gedehnt. Sie spürten,
wie das Leben aus ihnen heraussickerte, und gaben einen
Dreck darauf. Sie standen mit ihrer Ehre und ihrem Leben dafür, dass Shub hier nicht vorbeikam, und sie zeigten sich entschlossen, weder eine Pause zu machen noch zu stocken, bis
die Shub -Flotte vernichtet war oder sie selbst es waren.
Deshalb hatte Diana sie mitgenommen. Weil sie wusste, dass
diese beiden noch lange über den Punkt hinaus weiterkämpfen
würden, an dem alle anderen schon tot waren – wenn sie als
Einzige noch lebten im Wrack der zerbröckelnden Burg.
Die Excalibur zog vor der Fluchtburg weiter ihre Bahn und
schoss dabei aus allen Rohren. Das ganze Schiff leuchtete wie
ein Weihnachtsbaum: Feuer brannten an Bord, Geschütze feuerten und Kraftfelder flammten ständig auf und lenkten tödliche Energien ab. Die Außenhülle hatte dort, wo die Kraftfelder
versagten, schartige Löcher, und Luft entwich ins Vakuum und
riss dabei verwüstete und meist reglose Leiber mit. Sie schwebten unweit
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