Todtstelzers Schicksal
Giles
getötet.«
»Richtig«, sagte Owen. »Hoffen wir also inbrünstig, dass
Wulf keine Ressentiments hegt. Derweil ziehen wir uns lieber
um. Unser jetziger Aufzug ist völlig ungeeignet für die Kälte in
den Höhlen der Wolflingswelt , mal ganz abgesehen davon, dass
er ganz blutig und zerfetzt ist von unserem Aufenthalt bei den
Blutläufern.«
»Weißt du, du kannst manchmal wirklich pingelig sein«, fand
Hazel und folgte ihm widerstrebend in den beengten Salon hinter der Brücke. »Ich meine, der Wolfling wird sich nicht um
unser Aussehen scheren.«
»Ich schere mich aber darum«, erwiderte Owen entschieden,
öffnete den Kleiderschrank und wühlte zweifelnd durch die
begrenzte Auswahl, »Ich bin der Todtsteltzer, und ich werde
nicht wie irgendein Vagabund vor den Wolfling treten. Das ist
eine Frage der Würde.«
Hazel schniefte lautstark und beschloss, die ersten drei Sachen, die Owen ihr zu reichen gedachte, nur aus Prinzip abzulehnen. Die Auswahl war eigentlich nicht groß und bestand nur
aus dem, was Mond und Owen aus Sankt Beas Missionsstation
und dem ursprünglichen Kirchenschiff hatten organisieren
können, aber schließlich einigten sich Owen und Hazel auf
passende Sachen, ergänzt um schwere Umhänge zum Schutz
vor der Kälte. Hazel erstarrte kurz, als sie sah, wie Owen den
Mantel um sich schwang und sich im mannshohen Spiegel des
Kleiderschranks bewunderte. Ihre Nackenhaare richteten sich
auf. Sie hatte Owen zweimal zuvor schon in diesem Aufzug
gesehen; er war jeweils aus dem Nichts aufgetaucht, einmal,
um ihr in der Burg auf Virimonde das Leben zu retten, und ein
zweites Mal in der Missionsstation, um sie vor den Blutläufern
zu warnen. Er hatte genau diese Kleider getragen, dabei aber
müde und verletzt und verzweifelt ausgesehen. Langsam griff
eine kalte Faust um ihr Herz, als sie allmählich begriff, was das
bedeutete, was es bedeuten musste … Vielleicht hätte sie etwas
gesagt, aber in diesem Augenblick heulten alle Alarmsirenen
der Brücke gleichzeitig los. Owen und Hazel rannten auf die
Brücke zurück, beugten sich über die Steuerpulte und suchten
nach dem Problem. Alles schien in Ordnung, bis Owen auf die
Idee kam, die Sensorangaben zu prüfen.
»Es ist ein Annäherungsalarm«, stellte er bedächtig fest.
»Etwas kommt auf uns zu … etwas Großes. Und es ist verdammt schnell.«
»Könnten es Schwejksam und die Unerschrocken sein?«,
fragte Hazel und senkte automatisch eine Hand auf die Pistole
an ihrer Hüfte.
»Das denke ich nicht. Die Sensorenanzeige ergibt überhaupt
keinen Sinn. Ich schalte auf Langstreckeneinstellung. Damit
müssten wir etwas auf den Bildschirm bekommen.«
Formen bildeten sich allmählich auf dem Monitor, und Owen
holte scharf Luft. Hazel blieb seltsam ruhig und trat so dicht an
Owen heran, wie es nur ging. Die Formen versammelten sich
über der Wolflingswelt wie Geier über etwas, das im Sterben
lag. Riesige Schiffe, groß wie Berge oder kleine Monde,
wahnsinnige Konstruktionen und gewundene Formen, die das
Auge in unbehagliche Richtungen lockten. Die Fahrzeuge
schienen keine richtigen Ränder oder Enden zu haben, und sie
erweckten den Eindruck, sich gar nicht zu bewegen und einfach nur aus dem Hyperraum in die normale Wirklichkeit zu
fallen. Und zwischen diesen furchtbaren Schiffen entdeckte
man weitere monströse Gestalten, fremdartig, geistig wach und
gänzlich ohne Schutz im kalten Vakuum des Alls. Manche waren fast so groß wie die Schiffe, riesige fremde Kreaturen mit
Augen wie Scheinwerfern und stachelbewehrten Tentakeln, die
kilometerweit reichten. Krallen und Zähne und starrende Augen sah man an abstoßenden Wesen, groß wie Städte, Wesen,
die eigentlich nicht hätten existieren dürfen oder können. Sie
leuchteten in einem selbsterzeugten, ungesunden Licht, riesige,
entsetzliche Formen ohne Zahl, und sie sammelten sich lautlos
um den belagerten Planeten.
Die Neugeschaffenen waren zur Wolflingswelt gekommen.
»Jesus!«, sagte Hazel leise. »Wir sitzen wirklich tief in der
Scheiße. Sieh dir mal die Größe dieser Dinger an … Das ist
einfach nicht möglich … Ich meine, wie überleben sie außerhalb der Schiffe?«
»Es ist ihre natürliche Umgebung«, antwortete Owen. »Vielleicht brauchen sie hier gar keine Schiffe. Aber irgendwas …
stimmt nicht mit diesen Monstern. Sie können sich unmöglich
im Weltraum entwickelt haben. Krallen, Tentakel und Augen
sind Aspekte planetarer Lebewesen. Sie
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