Todtstelzers Schicksal
behaupten kann. Vielleicht erklärt Ihr mir, wo
wir sind, wer Ihr seid und warum ich hier bin.«
»Es ist … die Zukunft«, sagte Owen. »Deine Zukunft. Ich
habe dich hergeholt, um mit dir zu reden. Ich bin dein Sohn
Owen.«
Arthur zog eine elegant geschwungene Braue hoch. »Mein
Sohn Owen ist gerade vier Jahre alt und schwieriger, als man
seinem schlimmsten Feind wünschen könnte. Er hat bereits
drei Kindermädchen fertig gemacht. Habt Ihr irgendeinen Beweis für diese außergewöhnliche Behauptung?«
Owen hob die rechte Hand, und der klobige Familienring aus
schwärzlichem Gold leuchtete klar erkennbar am Finger. Arthur hielt für einen Moment die Luft an und zeigte dann einen
identischen Ring, indem er die rechte Hand hob. Langsam
nahmen beide die Hände wieder herunter. Arthur holte tief Luft
und ließ sie wieder heraus.
»Verdammt! Das ist der Todtsteltzer-Ring, zweifellos. Gab
immer nur einen davon. Also eine Zeitreise. Verdammt! Das ist
eindrucksvoll! Und du bist mein Sohn Owen, schon ganz erwachsen. Sieht so aus, als wäre es dir gut ergangen. Eigentlich
siehst du deinem Großvater sehr ähnlich. Wieso bin ich hier,
Owen? Ich vermute, dass es dafür einen Grund gibt.«
»Du nimmst das sehr ruhig auf«, stellte Owen fest. »Sicherlich ruhiger als ich.«
Arthur zuckte gelassen die Achseln. »Wenn man seinen Lebensunterhalt durch Intrigen am imperialen Hof verdient, gibt
es nicht mehr viel, was einem noch Angst macht oder aus dem
Konzept bringt.« Er musterte Owen scharf. »Bin ich zu deiner
Zeit tot, Owen? Geht es darum?«
»Ja«, antwortete Owen rundheraus. »Löwenstein hat dich
ermorden lassen. Sie hat dir Kit Sommer-Eiland auf den Hals
gehetzt, und er hat dich auf der Straße niedergemacht. Niemand ist dir zur Hilfe gekommen.«
»Na ja«, sagte Arthur einen Moment später. »Wenigstens hat
sie eine würdige Person damit beauftragt. Keinen Geringeren
als einen Sommer-Eiland. Zweifellos war er danach zu Höherem berufen. Werde ich mich an irgendeine dieser Informationen erinnern, wenn ich in meine Zeit zurückgekehrt bin?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Owen. »Diese Zeitreisengeschichte … das ist alles neu für mich.«
»Ach verdammt. Ich habe nie erwartet, besonders alt zu werden. Todtsteltzers werden das meistens nicht. Der Preis dafür,
dass wir zu den Mächtigen gehören und nicht nur Teil der
Masse sind. Der Weg des Kriegers ist niemals einfach.«
»Ja!«, sagte Owen, und frischer Ärger strömte in seine Worte. »Aus mir ist der Krieger geworden, den du dir immer gewünscht hast! Ich habe die Rebellion angeführt, die Löwenstein stürzte. Ich habe weder Frau noch Familie noch sonst etwas, das ich mein Eigen nennen könnte, aber ich habe dein
vergiftetes Geschenk, Vater. Aus mir ist ein verdammter Krieger geworden!«
»Du klingst verletzt«, stellte Arthur fest.
»Überrascht dich das? Sobald ich etwas älter geworden sein
werde, stellst du eine Reihe persönlicher Lehrer ein, die in einem fort die Scheiße aus mir herausprügeln, um den Zorn in
mir zu erwecken, damit ich der große Krieger werden kann,
den du dir erträumst! Na ja, ich wollte nie zum Krieger werden.
Niemals! Ich habe mir nichts anderes gewünscht, als zum Gelehrten zu werden, ein kleiner Historiker, der in irgendeinem
Elfenbeinturm leise akademische Arbeit leistet, weit entfernt
von all den Politikern und Machern und dem ganzen Elend, das
sie über die Menschen bringen. Aber du und das verdammte
Todtsteltzer-Erbe – ihr habt mich trotzdem in einen Krieger
verwandelt und mir das einzige Glück genommen, das ich je
erfahren hatte.«
Zum ersten Mal machte Arthur einen besorgten Eindruck. Er
trat einen Schritt vor und streckte die Arme aus, als wollte er
Owen an sich drücken. Und dann sah er den Ausdruck in den
Augen des Sohnes und senkte die Arme wieder, ohne dass er
ihn berührt hatte.
»Falls ich das getan habe – und du darfst nicht vergessen,
dass ich bislang keinen Gedanken daran verschwendet habe –,
dann geschah es wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, aus
dem mein Vater es bei mir tat: Weil du den Zorn zum eigenen
Schutz brauchst. Schon dadurch, dass du als Todtsteltzer geboren wurdest, hast du viele Feinde geerbt. Sie hätten dich unverzüglich umgebracht, falls sie Schwäche in dir gespürt hätten.
Ich wusste, dass ich vielleicht den Tod fand, ohne meine Arbeit
beendet zu haben; du musstest in der Lage sein, zu überleben
und weiterzumachen. Und da stehst du jetzt – ein
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