Todtstelzers Schicksal
»Wie ich sehe, begreift Ihr Eure
Lage. Denkt sorgfältig über meine Worte nach. Seid vernünftig
und überzeugend, und Ihr und Eure schöne Auserwählte könnt
Euch auf ein langes und glückliches gemeinsames Leben freuen. Besteht auf Eurer Feindschaft gegen uns, und sie muss sterben. Genau wie Eure letzte auserwählte Braut. Lebt wohl, Robert. Ich habe unser kleines Schwätzchen genossen. Wir müssen es bei Gelegenheit wiederholen.«
Er schaltete die Sicherheitssiegel aus, verließ das Zimmer
und schloss die Tür leise hinter sich. Robert wusste nicht, was
er sagen oder tun sollte. Wie kämpft man gegen einen Feind,
der im eigenen Kopf haust? Er ballte die Fäuste, aber das reichte nicht, um ihr Zittern zu unterbinden. Er hatte schon eine
Liebe auf der Hochzeit verloren, und der Gedanke an den Verlust einer weiteren Braut erschreckte ihn über jede Hoffnung
und jeden Verstand hinaus.
Toby Shreck und sein Kameramann Flynn blickten sich langsam in den Trümmern von Tobys Büro bei den Imperialen
Nachrichten um. Sämtliche Wände waren durch die Gewalt der
Detonation nach außen ausgebeult worden, und das gesamte
Mobiliar war zu Asche reduziert. Im Zentrum des Fußbodens
klaffte ein kleines geschwärztes Loch; es war die Stelle, wo der
Sprengsatz explodiert war. Überall entdeckte man die Schäden
der Druckwelle, von Feuer und von Rauch. Das einsame Panzerglasfenster war noch intakt und gewährte dem Sonnenlicht
Zutritt auf eine Szenerie völliger Verwüstung. Die Lüftungsanlage arbeitete lautstark daran, den letzten Rauch aus der Luft zu
ziehen. Toby ging vorsichtig durch die Trümmer und stocherte
mit dem Fuß vorsichtig in den Resten seines kostbaren Chefschreibtisches.
»Eine Paketbombe«, erklärte er schlankweg. »Die Gebäudesicherheit fängt die meisten ab, aber diese muss sehr ausgeklügelt gewesen sein. Offensichtlich erwecke ich inzwischen die
Aufmerksamkeit besserer Kritiker.«
»Richtig«, pflichtete ihm Flynn bei. »Das war jetzt die Wievielte? Die vierte Bombe? Und das vierte Büro. Ich habe gehört, dass deine Sekretärin schon eine Gefahrenzulage fordert,
um noch weiter Tee zu machen.«
Toby zuckte zusammen. »Sprechen wir nicht von dem beeindruckenden Fräulein Kaie. Sie ist tüchtig, professionell und
hart und macht mir eine Scheißangst. Ich vermisse die frühere
Sekretärin, Fräulein Lovett. Gutaussehend, immer lächelnd und
ohne eine einzige Gehirnzelle.«
»Ja«, sagte Flynn. »Schade nur, dass sich alles als Tarnung
herausstellte und sie in Wirklichkeit eine Terroragentin war.
Wirklich clever, wie sie diese erste Bombe als Gummibusen
eingeschmuggelt hat. Ich dachte mir schon immer, dass sie zu
dumm war, um echt zu sein. Vertraue niemals einer Frau, deren
Lippenstift und Rouge nicht zusammenpassen. Das ist ein sicheres Zeichen von gespaltener Loyalität. Hat der Sicherheitsdienst je herausgefunden, für wen sie tätig war?«
»Bislang nicht«, antwortete Toby. »Kaum war sie verschwunden, da vibrierte das ganze Gebäude von Anrufen der
Selbstbezichtiger. Eine Menge Leute da draußen mögen mich
nicht, Flynn. Eines der wenigen Zeichen, dass ich gute Arbeit
leiste.«
»Man erkennt einen Mann an den Feinden, die er sich
macht«, erklärte Flynn feierlich.
»Verdammt richtig!«, bekräftigte Toby, und seine Miene
hellte sich etwas auf. »In gewisser Weise kann man einen
Bombenanschlag als Akt der Anerkennung werten. Wenn sie
versuchen, mich umzubringen, dann muss ich dem, was immer
sie zu verbergen haben, schon richtig nahe gekommen sein.«
»Falls du jetzt fertig bist mit deiner Selbstbeweihräucherung,
könnte ich vielleicht nach Hause gehen«, sagte Flynn. »Es ist
so lange her, seit Reinhold und ich zuletzt wirklich Zeit füreinander hatten, dass er mich verdächtigt, eine Affäre zu haben.
Ich könnte es wirklich gebrauchen, mal auszuspannen. Um
mich mit meinem Süßen auf dem Sofa zusammenzurollen, in
einem netten kleinen Cocktailkleid mit Perlen.«
»Flynn, du erzählst mir mehr von deinem Privatleben, als ich
wirklich wissen muss. Mach schon, verschwinde. Konstanze
wird nicht zulassen, dass wir weitere Filmaufnahmen machen,
bis sie und Robert ihren Knatsch beigelegt haben und wieder
bereit sind, in der Öffentlichkeit Händchen zu halten. Und
wenn man bedenkt, wie stur beide sind, könnte das eine Weile
dauern. Der Sicherheitsdienst hat ein weiteres Büro für mich
organisiert, damit ich zumindest ein paar redaktionelle Arbeiten fertig
Weitere Kostenlose Bücher