Todtstelzers Schicksal
aber verflucht beeindruckend fand,
das war die riesige Statue von ihr, gemeißelt aus blassem
Marmor, die hoch und stolz am Rand des Flugfeldes aufragte.
Diana blickte in ihr riesiges Gesicht hinauf, bis sie einen steifen Nacken bekam, und wandte sich dann mit drohender Miene
dem Empfangskomitee der Elfen zu. Eine von ihnen trat mit
breitem Lächeln vor – eine große, dralle Brünette mit einem
Gurt voller Wurfsterne über dem eindrucksvollen Busen.
»Wir dachten, sie würde dir gefallen«, sagte sie gelassen.
»Deshalb haben wir dir diesen Landeplatz zugewiesen. Willkommen in Neue Hoffnung , Johana Wahn. Ich bin KrähenHanni. Habe die größte Zahl verzeichneter Tötungen in der
großen Rebellion erzielt. Ich spreche für die Elfengestalt. Was
ich höre, hören alle.«
»Wie bequem«, fand Diana, stieg aus dem Gravschlitten und
gesellte sich zu Krähen-Hanni. »Also stimmt es: Die Elfen haben einen Massenverstand aufgebaut, der sich seiner selbst
bewusst ist?«
»Bislang ist er noch klein und funktioniert nur stockend, aber
mit jedem Tag werden wir stärker. Wir haben durch den Zusammenschluss nichts verloren und viel gewonnen. Die Inspiration haben wir von dir bezogen, Johana Wahn, und von den
Überlebenden des Labyrinths . Gemeinsam sind wir stark, und
wir haben uns geschworen, nie wieder schwach zu sein.«
»Ich ziehe es heute vor, wenn man mich Diana Vertue
nennt.«
Krähen-Hanni betrachtete sie ungerührt. »Namen sind wichtig. Sie definieren, was wir sind. Auch indem du dich auf einen
älteren Namen berufst, kannst du die Zeit nicht zurückdrehen
und widerrufen, was du aus dir selbst gemacht hast.«
»Johana Wahn war nie mehr als ein Teil von Diana Vertue.
Ich fand Johana zu einschränkend, sobald der Krieg vorüber
war.«
»Der Krieg ist nie vorbei.«
»Wozu diese Statue von mir?«, wechselte Diana taktvoll das
Thema.
»Johana Wahn hat hier viele Bewunderer«, antwortete Krähen-Hanni, die jetzt wieder lächelte. »Sie nennen sich die
Wahn-Schlampen. Kriegerinnen, Unruhestifterinnen, Freidenkerinnen. Wir sind sehr stolz auf sie. Die Avantgarde der elfischen Philosophie. Aus deinem Namen ist ein Schlachtruf geworden. Sie würden für dich sterben.«
»Mir wäre es lieber, sie lebten für mich«, versetzte Diana
trocken. »Ich brauche vielleicht ihre Hilfe. Ich bin gekommen,
um hier Zuflucht zu suchen. Die Mater Mundi möchte meinen
Kopf auf einer Stange sehen. Wo stehen die Elfen, falls sie vor
die Wahl gestellt werden?«
»Wir beugen die Knie vor niemandem«, stellte Krähen-Hanni
fest. »Nicht einmal vor der sogenannten Mutter Aller Seelen. Die Elfen folgen ihrer eigenen Bestimmung. Wir haben den
übersinnlichen Aufruhr bemerkt, der heute Parade der Endlosen erschüttert hat. Anscheinend versucht man dort immer
noch, Frösche aus den Regenrinnen zu entfernen. Aber wir alle
hier sind Kampfesper – zum Gedenken an die gefallene Stevie
Blues, und wir beschützen unsere Leute. Bleib hier, so lange du
möchtest.«
Sie führte Diana vom Flugfeld, und alle entspannten sich
jetzt ein wenig, nachdem die Formalitäten vorüber waren. Die
übrigen Elfen stellten sich vor, und Diana verbannte ihre bis
ins Mark gehende Müdigkeit und gab sich so liebenswürdig
und charmant, wie sie nur konnte. Die Stadt Neue Hoffnung breitete sich hell und bunt vor ihr aus wie eine Stadt aus Weihnachtsbäumen. Und nah und fern und überall vernahm Diana in
ihren Gedanken den Chor des Gruppenbewusstseins der Elfen
wie einen großen, anhaltenden Akkord, eine Harmonie der Seelen.
»Also«, wandte sich Diana an Krähen-Hanni und zwang sich
dazu, sich auf den Augenblick zu konzentrieren. »Was geschieht hier sonst noch – außer dass ihr für den Kampf trainiert
und meinen Namen brüllt, wenn ihr etwas trefft?«
»Vieles hält uns auf Trab. Wir sind führend auf dem Gebiet,
Esper und Klone von der alten imperialen Konditionierung zu
befreien, den mentalen Beschränkungen, die so von einer Rebellion abhalten sollten. Die stärkeren Persönlichkeiten haben
sich normalerweise aus eigener Kraft befreit, aber nach wie vor
brauchen viele Leute Hilfe. Und anschließend müssen wir ihnen beibringen, selbstständig zu denken. Zu viele würden einfach nur in die Zelle zurückgehen, aus der wir sie befreit haben,
nur weil sie nie etwas anderes kennen gelernt haben. Und es
besteht kein Mangel an Leuten, die sie wieder ausnützen möchten. Wir kümmern uns auch um die Herzen, die unter dem leiden, was sie
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