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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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das lief Diana weiter, unberührt und unbeeinflusst, und hielt
Kurs auf Neue Hoffnung und eine Zuflucht dort.
    Sie requirierte einen Gravschlitten und flog damit aus der
Stadt, und die Gespenster der toten Ashrai brodelten um sie
herum wie Sturmwolken. Ihr Gesang war Donner, und ihre
grotesken Gesichter leuchteten wie Blitze. Die Mater Mundi blieb in der Stadt zurück, weder besiegt noch entmutigt, aber
bestrebt, keine unerwünschte Aufmerksamkeit zu erwecken,
jetzt, wo ein schneller Sieg nicht mehr möglich war. Tausende
Esper kamen wieder zu sich und fanden sich weit von dort entfernt, wo sie vorher gewesen waren, ohne dass sie den Grund
dafür kannten. Chancen und Wahrscheinlichkeiten normalisierten sich, und verwirrte Mitarbeiter der Stadtreinigung fragten
sich, was sie mit den Tonnen von Fisch und Fröschen anstellen
sollten, die die Straßen verstopften.
    Hoch am Himmel und weit entfernt brauste Diana mit ihrem
Schlitten gen Neue Hoffnung und hörte auf zu singen. Erst jetzt
bemerkte sie, dass ihr Hals wund war und ihre Lippen bluteten.
Menschen waren nicht dazu gebaut, mit solch fremder Stimme
zu singen. Die Ashrai wogten um sie, groß wie Wolken, die
fremden Stimmen zu einem fremden Gesang erhoben, der Diana erschreckte und beunruhigte, nachdem sie nicht mehr Teil
davon war. Und dann verschwanden die Ashrai, und nur die
kleine, ramponierte Gestalt Diana Vertues blieb zurück, die
allein über einen leeren Himmel flog.
    Sie benötigte den größten Teil von zwei Stunden, um die
schwebende Stadt Neue Hoffnung zu erreichen, obwohl sie den
Motor des Schlittens bis an die Grenze trieb. Der Abend ging
in die Nacht über, und die Lichter von Neue Hoffnung brannten vor der zunehmenden Dunkelheit wie eine Krone aus Edelsteinen und Sternenstaub. Die hellen Lichter und Farben
täuschten Diana nicht einen Augenblick lang. Sie wusste, dass
hinter dem märchenhaften Glanz Waffen und Abwehreinrichtungen lauerten, stark genug, um eine ansehnliche Armee abzuwehren. Die Elfen wollten sich nie wieder versklaven lassen.
Die Esper-Liberationsfront war vielleicht nicht mehr die terroristische Organisation von einst, aber ihr war nichts von ihrer
Grimmigkeit und ihrem Zielbewusstsein abhanden gekommen.
Eine telepathische Sonde aus der Stadt hieß Diana willkommen
und nannte ihr die Stelle, wo sie den Gravschlitten parken
konnte. Jeder andere unaufgeforderte Besucher hätte entweder
sofort erklären müssen, was er hier zu suchen hatte, oder den
geistigen Zwang verspürt, sich sofort zu entfernen, wenn er
nicht sterben wollte. Für Johana Wahn hatten die Elfen allerdings seit jeher eine Schwäche – die einzige Freiheitskämpferin, die noch fanatischer war als sie selbst. Die Stadt erschien
immer größer, je näher Diana kam, hatte mehrere Kilometer
Durchmesser und bedeckte den sich verdunkelnden Himmel
mit schimmernden Türmen aus Kristall und Glas. Hauchdünne
Laufstege verbanden zierliche Minarette, und fliegende Elfen
winkten fröhlich, wenn sie in ihren bunten Aufzügen an Diana
vorbeikamen. Und aus allen Richtungen ertönte ein Chor von
Gedankenstimmen, die lautstark Willkommen! Willkommen!
riefen; es war wie eine große kollektive Umarmung, eine richtige Heimkehr. Ein fast überwältigendes, verführerisches Gefühl der Zugehörigkeit.
    Diana landete den Gravschlitten am Rand eines gedrängt vollen Flugfeldes dicht am Zentrum der schwebenden Stadt und
beugte sich müde über die Steuerung. Es war ein langer, harter
Tag gewesen, und wie die Chancen standen, würde er nicht
sehr bald leichter werden. Das neue, hart errungene Wissen
lastete schwer auf ihr, eine Bürde, die um so drückender wirkte, als sie sie mit niemandem teilen konnte, nicht einmal mit
den Elfen. Falls die wahre Natur der Mater Mundi allgemein
bekannt wurde, machte das alle Esper zu Opfern, gefürchtet
und gehasst, gejagt und vernichtet wegen des Monsters, das sie
ahnungslos in sich bargen. Die Sache musste geheim bleiben,
bis Diana sich darüber klar wurde, was sie unternehmen sollte.
Mal vorausgesetzt, dass sie so lange lebte.
    Müde hob sie den Kopf und sah, dass eine kleine Gruppe Elfen darauf wartete, sie willkommen zu heißen – alle in der traditionellen Leder-und-Ketten-Kluft mit hellen Bändern im
Haar und bunt angemalten Gesichtern. Die Muskeln der Elfen
traten deutlich hervor, und alle trugen Schwerter und Schusswaffen an den Hüften. Es beeindruckte Diana nicht. Damit hatte sie gerechnet. Was sie

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