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Töchter auf Zeit

Töchter auf Zeit

Titel: Töchter auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Handford
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dreizehn, weil die Mutter an Krebs erkrankt. Ich wollte ihr Fels in der Brandung sein. Ich wollteverhindern, dass sie jemals Angst hat oder sich allein oder unsicher fühlt.«
    »Als Ihr Vater weggegangen ist, was hat das bei Ihnen ausgelöst?«
    »Es war eine schreckliche Zeit«, antwortete ich Ellen. »Meine Mutter wurde krank, als mein Vater und sie sich schon getrennt hatten. Und mitten in dem ganzen Unglück ist er abgehauen.«
    Elle sagte erst mal nichts, sondern spielte mit ihrem Ring. »Dass er in so einer schwierigen Phase gegangen ist, hat bestimmt alles noch schlimmer gemacht.«
    »Man könnte meinen, dass es einen Riesenunterschied gemacht hat«, sagte ich und erinnerte mich an die chaotische Zeit damals. »Aber Sie wissen doch, wie das Leben nun mal so spielt. Es geht einfach weiter wie immer, es nimmt keine Rücksicht auf Dinge wie Krebs. Mom hat ganz normal gearbeitet. Larry war beruflich viel unterwegs. Claire ging ins College, ich auf die Highschool. Wir führten ein ganz normales Leben, nur Larry spielte keine Rolle mehr darin. Nach seiner Affäre ist er ausgezogen, vorübergehend zumindest. In dieser Zeit sind Mom, Claire und ich uns sehr nahegekommen. Als Larry dann wieder zu uns zurückkehrte, war das bestimmt kein Spaß für ihn.«
    »Wie war das denn damals?«
    »Als ich ihn neulich getroffen habe«, sagte ich, »hat er mir erzählt, dass er oft in der Auffahrt gesessen hat. Interessiert sich eigentlich jemand dafür, ob ich nun hineingehe oder nicht, hat er sich gefragt. Ich kann absolut nachvollziehen, weshalb er sich als Außenstehender gefühlt hat. Unser Heim war nicht gerade einladend. Vor allem Claire war eiskalt. So ist sie nun mal. Wer sie zur Freundin hat, hat eine starke Verbündete an seiner Seite. Aber wehe, man hat es sich mit ihr verscherzt. Für sie war Larrys Untreue Hochverrat an der eigenen Familie. Und Mom ist ihm dann einfach nur aus dem Weg gegangen. Wegen ihreskatholischen Glaubens musste sie in dieser Hölle von Ehe schmoren, denn eine Scheidung kam natürlich nicht infrage.
    Und dann erhalten wir die Diagnose, dass Mom an Eierstockkrebs leidet. Ich weiß noch wie heute, wie wir um den Küchentisch saßen und sie es uns gesagt hat. Larry gegenüber hat sie sich halb dafür entschuldigt, dass ihre Krankheit auch für ihn eine Last wäre. Und sie hat es heruntergespielt. Dauernd hat sie Dinge gesagt wie: ›Mir geht’s gut. Nichts wird sich ändern. Für niemanden von uns. Unser Leben ist und bleibt ganz normal.‹
    Wenn Sie meine Mom gekannt hätten …«, ich spürte, wie mich eine Welle von Emotionen zu verschlingen drohte, »… dann würden Sie verstehen, dass sie sich mit der Tatsache, an Krebs erkrankt zu sein, eher abfinden konnte als mit ihrer zerrütteten Ehe. Im Fall von Krebs kann man sich die Statistik vor Augen halten, die einem sagt:
Nimm’s nicht persönlich! Krebs überfällt dich einfach so, und du kannst nichts dagegen tun
. Aber eine Scheidung ist eine bewusste Entscheidung, und sie wollte sie einfach nicht treffen. Doch als sie dann krank wurde, spielte all das keine Rolle mehr.«
    »Waren Sie wütend auf Ihren Vater, als er gegangen ist?«, wollte Elle wissen.
    »Mom und Claire waren mehr als das«, sagte ich. »Und ich habe so getan, als ob, weil ich auch zu ihrem Klub der Männerhasser gehören wollte. Aber im Grunde meines Herzens habe ich ihn nie gehasst. Ich erinnerte mich an die schöne gemeinsame Zeit mit ihm und ich wollte diese Zeit einfach zurückhaben. Wenn ich ihn mir so vorstellte, wie er da ganz allein in seiner Wohnung hockte und Bohnen aus der Dose in sich hineinstopfte, tat er mir einfach nur leid. Was ich damit sagen will ist, dass ich ihm nicht die alleinige Schuld gebe. Als er uns das erste Mal verlassen hat, war ich gerade mal zwölf. Natürlich kamen mir Gedanken in den Sinn wie:
Wenn du ein braves Mädchen gewesen wärst, wäre er nicht gegangen

    »Und jetzt?«
    »
Jetzt
hat eine neue Ära begonnen«, sagte ich. »Jetzt bin ich selbst Mutter. Für mich ist er ein alter Mann, der als Vater komplett versagt hat, aber das war bei Weitem nicht das Schlimmste, was mir in meinem Leben passiert ist.«
    Mit einem Mal hörte ich Sam leise vor sich hin quengeln, und da fiel mir siedend heiß ein, dass Elle ja wegen ihr gekommen war und nicht, weil sie meine Lebensgeschichte hören wollte. »Es tut mir leid«, entschuldigte ich mich. »Ich habe meine ganzen Probleme auf Sie abgeladen. Das gehört bestimmt nicht zu Ihren

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