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Toechter der Dunkelheit

Toechter der Dunkelheit

Titel: Toechter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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kannte sich in diesem Netz aus Wegen sehr gut aus. Nach etwa einer halben Stunde schweigenden Marschierens wandte er sich im Tunnel plötzlich nach rechts und blieb stehen.
    „Seht ihr diese Markierungen hier an der Wand?“, fragte er, und wies auf Einkerbungen, die Inani als natürliche Risse im Felsen angesehen hatte.
    „In der Schriftsprache der Nola steht hier Tempel der Sonne. “ Niyam hielt inne und nickte zufrieden, als er Kytharas Gesicht betrachtete. „Ich verstehe, du kannst die Zeichen ebenfalls lesen. Wenn man einmal weiß, worauf man achten muss, ist es leicht, sich in diesen Tunneln zu orientieren. Die Nola sind sehr sorgfältig. Drücke auf das Sonnenzeichen, kleine Pya-Tochter“, forderte er Inani auf. Scheu trat sie vor, drückte auf die Rune, die er ihr zeigte, und riss staunend die Augen auf, als plötzlich Licht durch die Tunnelwand strömte. Was sie für soliden Fels gehalten hatte, wurde durchsichtig wie ein Spiegel. Sie blickten auf eine gepflasterte Straße, Häuserwände, und linkerhand war ein offener Platz zu sehen.
    „Niemand kann euch von der anderen Seite erkennen, der Spiegeltrick funktioniert nur von hier aus. So ist sichergestellt, dass man die Stadt unbeobachtet betreten kann. Ihr könnt einfach durch die Wand hindurchschreiten, allerdings nicht auf gleichem Weg zurück. Ich habe übrigens gehört, dass dies gar keine Magie ist, sondern irgendwie mechanisch bewirkt wird, aber davon verstehe ich nichts.“
    „Und wie kommt man wieder in die Tunnel hinein?“, fragte Kythara stirnrunzelnd.
    „Ich weiß es nicht. Es gibt vielleicht gar keinen Einstieg von Roen Orm aus, möglicherweise benutzen die Nola Magie ... oder Mechanik, was auch immer. Vielleicht muss man nur das passende Tor finden. Ich habe es noch nicht von der anderen Seite versucht. Wenn ihr die Gänge in Zukunft benutzen wollt, müsst ihr sie über eure Nebelpfade aufsuchen oder an meine Tür klopfen.“
    Unvermittelt drehte der Loy sich zu Inani um und kniete vor ihr nieder. Er überragte sie selbst jetzt noch. Ein trauriges Lächeln umspielte seine dunklen Lippen.
    „Ich sehe es dir an, kleine Hexe, du brennst darauf, meine Flügel zu berühren. Es ehrt deine Erzieherinnen, dass du nicht fragst, aber Kinder sollten ihrer Neugier folgen dürfen.“
    Inani brauchte einen Moment, um den Sinn seiner Worte zu verstehen. Zögernd blickte sie auf ihre Finger, dann schüttelte sie den Kopf.
    „Ich würde lieber dein Gesicht berühren, wenn ich darf“, flüsterte sie schüchtern und errötete tief vor Verlegenheit. So kannte sie sich selbst nicht, doch Niyam hatte etwas an sich, dass sie sich klein und ungelenk fühlte, und es hatte nichts mit seiner imposanten Gestalt zu tun.
    Niyam ergriff ihre Hand und presste sie gegen seine Wange.
    „Es ist nicht falsch, sich über etwas zu wundern, das anders und fremd ist. Es ist nur falsch, sich ohne Grund davor zu fürchten oder es zu hassen“, sagte er leise. Inani senkte den Blick, erschüttert von der tiefen Verbitterung und den Schmerz, den er zu verbergen versuchte. Dann sah sie entschlossen hoch und strich sanft über sein Gesicht, seine Stirn, die langen schwarzen Haare, die zu einem festen Zopf gebunden waren.
    „Ich fürchte dich nicht, Niyam. Eine meiner Seelenvertrauten ist eine schwarze Leopardin, das schönste Geschöpf, das ich kenne. Du bist ihr ähnlich! Wild, gefährlich und
    wunderschön. Ich bin froh, dass du nicht mein Feind bist. Leb wohl, bis wir uns wiedersehen!“ Sie legte als Abschiedsgeste kurz die Hand über ihr Herz, dann schritt sie an ihm vorbei und trat ohne zu zögern durch die verzauberte Wand.
    Niyam starrte ihr nach, unfähig zu antworten.
    „Dieses Kind berührt die Seele, nicht wahr?“ Kythara streckte ihm die Hand hin, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Der Loy nickte nur, starrte immer noch auf die junge Hexe, die wartend auf der Straße stand.
    „Ich muss zu ihr. Sie ist zum ersten Mal in einer großen Stadt, und dazu ausgerechnet in Roen Orm. Ein seltsames Geschick, dass Inanis Weg uns zu dir führte, doch ich bin froh darüber. Wir werden uns schon bald wiedersehen. Du hast das Wort der Königin der Hexen.“ Kythara neigte respektvoll den Kopf, dann trat auch sie durch die Wand.
     
    Niyam berührte gedankenverloren sein Gesicht, dort, wo Inanis Finger gewesen waren.
    „Ein seltsames Geschick, ja. Ein Jammer, bald wird sie zur Frau erblühen und so werden wie du, Königin der Hexen. Vielleicht auch noch schlimmer. Aber immerhin,

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