Töchter Der Finsternis
lächelte nachsichtig. „Lamia werden traditionell nach Edelsteinen, Blumen, Tieren und Bäumen benannt. Deshalb ist ,Bunny' ein Lamia-Name."
Etwas nagte wieder an Mary-Lynnettes Unterbewusstsein. Etwas, das mit Bunny - und mit Holz zu tun hatte. Es entrann ihr. Sie konnte sich nicht daran erinnern. „Spürst du denn irgendetwas Verdächtiges bei ihr?" wandte sie sich an Rowan. „Scheint sie eine von euch zu sein? Denn sonst kann ich mir Bunny beim besten Willen nicht als Vampir vorstellen. Tut mir Leid."
„Nein, ich habe nichts gespürt." Rowan runzelte die Stirn. „Und ich bin sicher, du hast Recht.
Auch Menschen können Namen wie die unseren haben. Manchmal ist das verwirrend."
Mary-Lynnette musste immer noch an Holz denken. „Weißt du, ich kapier nicht, warum ihr euch nach Bäumen benennt. Ist Holz nicht gefährlich für euch?"
„Ja, aber es verleiht auch Macht. Baumnamen sollen die mächtigsten Namen sein, die wir haben."
Ash kam aus dem Gemischtwarenladen. Sofort drehte Mary-Lynnette sich um und suchte nach Jeremy.
Sie sah ihn in der leeren Tankstelle nicht, aber sie hörte etwas. Ein Hämmern.
„Komm, gehen wir nach hinten." Sie wartete nicht darauf, dass Ash sie einholte. Rowan und Kestrel folgten ihr.
Jeremy war hinter der Tankstelle. Er nagelte ein langes Brett über eine zerbrochene Fensterscheibe. Überall lagen grünliche Glasscherben herum. Das hellbraune Haar fiel ihm in die Stirn, während er versuchte, das schwere Brett gerade zuhalten.
„Was ist denn hier passiert?" Sie ging automatisch hin und hielt das Brett an der richtigen Stelle für ihn fest.
Er sah sie erleichtert an, während er losließ. „Mary-Lynnette - danke. Bleib mal einen Moment so stehen." Er griff in seine Hosentasche, holte neue Nägel heraus und trieb sie mit schnellen, sicheren Hammerschlägen in das Holz. „Ich weiß nicht, was passiert ist. Vielleicht hat gestern Nacht jemand versucht einzubrechen. Hat ein ziemliches Durcheinander veranstaltet."
„Letzte Nacht scheint ja eine Menge los gewesen zu sein", bemerkte Kestrel trocken.
Beim Klang ihrer Stimme schaute Jeremy über die Schulter zurück - und erstarrte. Er musterte Kestrel und Rowan neben ihr lange. Dann wandte er sich wieder an Mary-Lynnette und fragte langsam: „Musst du etwa schon wieder tanken?"
„Was? Nein." Ich hätte etwas Benzin ablassen sollen, dachte sie. „Ich ... also der Motor macht so ein komisches Geräusch. Ich dachte, du könntest mal unter die Haube sehen, weil du das beim letzten Mal nicht gemacht hast."
Eine lahmere Ausrede ist dir wohl nicht eingefallen, schalt sie sich in dem Schweigen, das folgte. Jeremy betrachtete aufmerksam ihr Gesicht.
„Klar, Mary-Lynnette", sagte er schließlich, aber nicht spöttisch, sondern sanft. „Sobald ich hier fertig bin."
Er kann kein Vampir sein. Und was mache ich? Ich verdächtige ihn und lüge ihn an, wo er doch immer nur nett zu mir war. Er ist der Typ, der alten Damen hilft und sie nicht ermordet, dachte sie mit einem schlechten Gewissen.
Hinter ihr zerriss ein heftiges, wildes Fauchen die Stille. Einen schrecklichen Moment lang dachte sie, es sei Kestrel. Dann sah sie, dass Mark und Jade um die Ecke gebogen waren und Tiggy wie ein Babyleopard in Jades Armen kämpfte. Der kleine Kater schlug mit den Krallen um sich. Sein schwarzes Fell stand senkrecht in die Höhe. Bevor Jade ihn fester packen konnte, war er auf ihre Schulter geklettert, sprang herunter und lief fort.
„Tiggy!" kreischte Jade. Sie rannte sofort mit fliegendem, blondem Haar hinter ihm her. Mark folgte ihr und stieß heftig mit Ash zusammen, der gerade selbst um die Ecke kam. Ash wurde gegen die Wand der Tankstelle geschleudert.
„Na, das war lustig", sagte Kestrel trocken.
Aber Mary-Lynnette hörte gar nicht richtig zu. Jeremy starrte Ash an - und beim Blick in sein Gesicht überliefen sie eiskalte Schauder.
Ash starrte zurück mit Augen, die grünen Gletschern glichen. Hass flammte sofort zwischen ihnen auf und war fast körperlich zu spüren. Mary-Lynnette bekam Angst um Jeremy, aber der schien sich keine Sorgen um sich zu machen. Seine Muskeln waren angespannt, und er war bereit, sich zu verteidigen.
Dann wandte er Ash betont langsam den Rücken zu und richtete das Brett gerade. Und Mary-Lynnette tat das, was sie schon am Anfang hätte tun sollen. Sie schaute auf seine Hand. Der Ring an seinem Zeigefinger glänzte golden, und sie konnte das schwarze Zeichen auf dem Siegel gleich erkennen.
Ein
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