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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Spalier unseren Weg bahnten, meinte sie: »War doch eigentlich spannend, was, jedenfalls dieser eine Augenblick?«
    »Ja, spannend wie die Hölle«, entgegnete ich.
    Wie bereitwillig sie uns alle Platz machten. Und während wir im Fahrstuhl hinauffuhren, hielt sie den Kopf gesenkt und bohrte mit der Spitze ihres Schuhs in dem dicken Teppich.

    Als wir in unser Appartement kamen, war Jurgy gerade dabei, den Deckel eines großen Koffers zu schließen, der bis oben hin vollgestopft war. »Gott sei Dank, daß ihr da seid«, rief sie. »Ihr könnt mir helfen, dies verdammte Ding zuzumachen. Ich quäle mich schon seit zwanzig Minuten damit.«
    Donna sagte: »Wessen Koffer ist das?«
    »Almas«, sagte Jurgy.
    Donna lachte. »Du willst mir doch nicht erzählen, daß man auch sie vor die Tür gesetzt hat?«
    Jurgy schaute mich an. Ich sagte: »Erzähl’s ihr.«
    Jurgy sagte: »Alma ist gestern abend bei einem Autounfall ums Leben gekommen.«
    »O nein!« rief Donna und sah plötzlich aus wie eine alte Frau.
    »Los, Jurgy«, sagte ich. »Ich knie mich auf den Deckel, und du versuchst, die Schlösser einzuschnappen.«
    Es gelang uns, und ich zerrte den Koffer in eine Ecke, damit er nicht im Weg war. Donna stand mit dem Rücken zu uns vor ihrem Bett und zog sich aus.
    Jurgy bückte mich fragend an. Ich sagte: »Donna wird nach Hause geschickt.« Dann fing ich wieder an zu weinen. »Jurgy, das ist das allerschönste Wochenende meines Lebens, ich schwöre dir, es ist das allerschönste Wochenende meines Lebens. Was wird als nächstes geschehen, das frage ich mich immerzu, was wird als nächstes geschehen?«
    »Carol«, sagte Donna, »sei ein gutes Kind, halt den Mund.«
    Ich bebte wie Götterspeise: »Du Idiot. Du großer, blöder, rothaariger Idiot. Du wußtest, daß du betrunken warst, du wußtest, daß du blau warst wie ein Veilchen. Konntest du dich nicht irgendwo verkriechen, bis du wieder nüchtern warst?«
    »Um Gottes willen, mein Herz, hör auf, so hysterisch zu sein.«
    »Ich könnte dich umbringen. Du hattest nur noch vier Tage vor dir. Warum mußtest du dir alles verderben?«
    »Hör auf, dich so aufzuführen«, sagte Donna. »Schließlich handelt es sich nur um eine Stellung. Es gibt haufenweise andere Stellungen. Denk nicht mehr dran.« Sie ging zum Badezimmer, an der Tür blieb sie stehen: »Jurgy, stimmt das mit Alma?«
    »Ja.«
    »Wie ist das geschehen?«
    Ich sagte: »Ich werd’ dir erzählen, wie es geschehen ist. Sie ist ausgegangen mit diesem Lümmel, den sie sich hier im Hotel aufgegabelt hat, und er hat sie an irgendeinen Strand gelockt und vergewaltigt. Dann ist er zurückgefahren mit einem Tempo über hundertfünfzig Kilometer, und der lausige Wagen hat sich überschlagen. So ist es geschehen.«
    »Woher weißt du das?« fragte Jurgy.
    »Ich war gestern abend im Krankenhaus. Und weißt du, was noch? Die Ärmste. Sie haben ihr das Haar abschneiden müssen, weil sie Kopfhautverletzungen hatte. Ihr Haar!«
    »Oh, zum Teufel«, sagte Donna.
    »Ich wußte das alles nicht«, sagte Jurgy. »Ich dachte, es sei nur ein Autounfall gewesen.«
    »Nur«, sagte ich. »Es gibt kein nur. Es ist niemals einfach nur. Du solltest das wissen.«
    Donna ging ins Badezimmer und schloß die Tür, und ich hörte, wie sie die Dusche aufdrehte. Jurgy sagte: »Carol, komm, setz dich. Du bist weiß wie ein Gespenst. Ich mach dir einen Kaffee. Was ist mit Donna geschehen?«
    Ich erzählte es ihr, so gut ich konnte.
    Als ich geendet hatte, sagte sie eisig: »Tja. Ich hab’ mir’s immer gedacht, früher oder später mußte es so kommen.«
    »Sag das nicht, Jurgy. Es ist nicht wahr.«
    »Doch. Und du weißt es.«
    »Jurgy, wenn sie die nächsten paar Tage durchgehalten hätte, wenn sie nur diesen vermaledeiten Kursus überstanden hätte, sie wäre ein anderer Mensch geworden. Jurgy, wenn man wirklich fliegt, muß man seiner Verantwortung gemäß leben, man muß es einfach. Sie würde sich nicht so benehmen, wenn sie wirklich flöge — siehst du das nicht ein?«
    »Mein Herz, es hat keinen Sinn, sich jetzt deswegen den Kopf heiß zu reden. Komm und setz dich eine Minute lang hin —«
    »Nein«, sagte ich und ging aus dem Appartement. Es gab immer noch etwas, das ich wegen dieser Geschichte unternehmen konnte, und wie! Ich nahm den Selbstbedienungsfahrstuhl und fuhr hinunter zu 1208. Ich klopfte an die Tür, und Ray brüllte von irgendwo darinnen: »Es ist offen. Herein!«
    Die Tür war nicht abgeschlossen, aber er war nicht im

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