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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Männer der Welt.« Ich stand auf und küßte ihn auf den Mund. »Oh, Ray, ich liebe dich so sehr.«
    Ein paar Minuten später brachte er mich nach oben, er verließ mich ruhig vom 1412. Das Licht brannte im Appartement, aber nur Jurgy war zu Hause; ich sah es an ihrer geschlossenen Tür. Ich brachte es nicht fertig, sie aufzuwecken und ihr von Almas Autounfall zu berichten. Donna war noch nicht zurück, und auf Almas Bett lag nur ein Stückchen schwarzes Samtband.

KAPITEL IX

    Um acht Uhr fuhr ich aus dem Schlaf. Ich hatte eine dieser entsetzlichen Nächte hinter mir, wo man nicht schlafen will, um keinen Preis, wo man sich jede Minute gegen den Schlaf wehrt. Ich wußte es die ganze Zeit, daß ich früh aufwachen mußte, aber ich konnte mich nicht befreien von meinen Alpträumen. Ich konnte die Lider nicht öffnen. Grauenvoll.
    Donnas Bett war unberührt, meinetwegen, was ging es mich an. Almas schwarzes Samtband lag noch immer dort, wo ich es hatte liegen lassen. Die Verbindungstür stand offen, aber Jurgy hatte schon ihr Bett gemacht und war fort. Wahrscheinlich war sie wieder mit Luke unterwegs.
    Ich rief Ray an, aber er meldete sich nicht. Ich duschte mich hastig, spülte den eklen Nachtschweiß ab, rieb mich mit viel Eau de Cologne ein und zog ein weißes Kleid und weiße Schuhe an, weil heute Sonntag war. Ich rief Ray zum zweitenmal an, aber er meldete sich noch immer nicht. Ich tat also noch ein übriges, setzte mir einen weißen Hut auf und nahm mir eine weiße Handtasche, und dann ging ich hinunter in die Kaffeebar, vielleicht war er dort. Und er war dort! Er stand an der Theke und trank Orangensaft.
    Ich trat zu ihm und sagte in sein nichtsahnendes Ohr: »Guten Morgen, Ray.«
    Er schrak zusammen und wandte sich um: »Nun! Guten Morgen!«
    »Frühstückst du?«
    »Nein, nur ein Glas Saft. Was willst du haben?«
    Ich setzte mich neben ihn. »Nur Kaffee, bitte.«
    Er bestellte ihn, dann saß er da und schaute mich auf eine etwas verschwommene Art an.
    Ich fragte: »Bist du müde, Ray?«
    »Ein wenig.«
    »Liebling, willst du nicht lieber ausruhen? Ich kann allein zum Krankenhaus gehen.«
    »O nein.«
    Ich sagte: »Ich hab’ verschlafen. Ich wollte um sieben Uhr auf sein, spätestens. Ray, ich möchte so schnell wie möglich gehen.«
    »Okay«, sagte er. »Sobald du deinen Kaffee getrunken hast.«
    Zehn Minuten später brachen wir auf. Sein blitzender roter Sportwagen stand schon vor der Tür, und ehe wir hineinkletterten, zog er sein leichtes zimtfarbenes Jackett aus. Er trug ein weißes kurzärmeliges Sporthemd und eine braune Krawatte und hellgraue Hosen. Es biß sich ein klein wenig mit der Farbe des Wagens, aber es biß sich nicht um ein Jota mit mir. Er schlug einen Weg ein, den ich nicht kannte, und wir wechselten kaum ein Wort. Doch, nachdem wir etwa zwanzig Minuten unterwegs waren, fragte ich ihn plötzlich: »Ist das eigentlich der richtige Weg?«
    »Du meinst zum Krankenhaus? Nein.«
    »Ray! Wohin fahren wir?«
    Er sagte sehr ruhig und sehr sanft: »Es hat keinen Sinn, ins Krankenhaus zu fahren. Sie ist heute morgen um fünf Uhr gestorben.«
    »Ray!«
    »Doktor Walker hat mich um halb vier angerufen. Ich bin sogleich hingefahren. Sie hatte eine schwere innere Blutung. Es war alles umsonst, sie war nicht mehr zu retten. Es tut mir leid, Carol.«
    Er fuhr und fuhr, langsam und behutsam, eine endlose Straße entlang, die sich durch einen dichten grünen Dschungel zu winden schien. Wenige Wagen nur überholten uns; kaum jemand konnte mein Gesicht sehen, und ich weinte und weinte, bis ich keine Tränen mehr hatte, bis ich so erschöpft war, daß ich nicht mehr weinen konnte. Ich saß hilflos da und starrte den Dschungel an, die leuchtend bunten Vögel, die zu uns herabkreischten, und schließlich fragte ich: »Ray, wo sind wir?«
    »Wir sind in den Everglades.«
    Es war gut, in dieser Gegend zu sein, denn sie war so ganz und gar unwirklich, daß sie sozusagen auch diese andere Unwirklichkeit mit einschloß: Alma tot, und dieser Mann mit dem eingedrückten Gesicht tot, und ein Wagen, der sich überschlägt und dessen Räder sich in der Luft drehen.
    »Hat sie Schmerzen gehabt, Ray?«
    »Nein. Walker ist ein tüchtiger Arzt. Er kennt seinen Beruf. Er hat sich um sie gekümmert.«
    »Ach, was gäbe ich darum, wenn du mich gestern abend zu ihr gelassen hättest!«
    »Ich fand, es sei besser, wenn du sie nicht sähest.«
    »Ich kann’s nicht fassen. Ich werde sie also niemals wiedersehen. O Gott... Was

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