Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
Vom Netzwerk:
der Hand.«
    »Ich darf es nicht.«
    »Liebling, gestern abend ist Alma verunglückt. Heute schickst du eine andere Freundin von mir in Schande nach Hause. Es ist mehr, als ich ertragen kann. Mir zuliebe —«
    »Du bittest um etwas Unmögliches.«
    Tränen strömten mir übers Gesicht. Ich sagte: »Weißt du, was du tust, Ray? Heute ist sie noch keine Alkoholikerin. Wenn ihr sie fortschickt, wird sie eine werden, so wahr ich hier stehe. Liebling, wir dürfen das nicht zulassen.«
    »So weit reicht meine Verantwortung nicht.«
    »Nein? Nun, dann laß es dir von mir gesagt sein. Diese kleine Feststellung ist bezeichnend. Du hast kein Herz, Ray, du hast kein menschliches Blut in den Adern, du kannst nicht mehr empfinden wie ein menschliches Wesen. Es macht dir nichts aus, wenn du Donna Stewart zugrunde richtest. Weißt du, was du bist? Du bist nur eine von Magna International Airlines’ mechanischen Apparaturen. Mein Gott, sie sollten dich nachts in einen Hangar rollen und dich mit einer Zeltplane zudecken, damit du nicht einstaubst.«
    »Carol, du solltest dich Heber etwas hinlegen.«
    »Du meinst, ich sei hysterisch, was?«
    »Ja, du hast eine schwere Zeit hinter dir.«
    »Ja, ich bin hysterisch! Ja, ich habe eine schwere Zeit hinter mir! Ray, ich liebe dich nicht mehr, ich will dich nie wiedersehen, in meinem ganzen Leben nicht!«
    Er wollte den Arm um mich legen, aber ich schlug wild um mich und stürzte hinaus.

    Ich machte ein paar Versuche, Donna beim Packen zu helfen, aber nach einer Weile verlor sie die Geduld mit mir. »Hör mal, Goldstück, geh und setz dich irgendwohin und steh mir nicht dauernd im Wege.« Jurgy war bewundernswert. Sie und Donna hatten sich nie viel auseinander gemacht, aber in dieser Stunde der Prüfung arbeiteten sie großartig Hand in Hand. Vielleicht lag es an Jurgys Vergangenheit, oder es war ihr einfach von Natur aus gegeben: sie war stark wie ein Pferd und sagenhaft ordentlich. Sie hatte es ‘raus, Dinge tadellos zusammenzufalten. Es hört sich vielleicht unwichtig an, aber es ist zweifellos eine der wichtigsten Fähigkeiten, die eine Frau haben kann. Sie konnte buchstäblich alles so falten, daß es in einen Koffer hineinpasste — Röcke, Kleider, sogar Jacketts. Ich bekam allmählich großen Respekt vor Luke Lukas. Es mußte wohl stimmen, daß er eine Frau abschätzen konnte auf dieselbe Weise wie einen Stier, in einer Minute. Und was Mary Ruth Jurgens betraf, hatte ihn sein Blick bestimmt nicht betrogen. Er hatte einen Schatz für sich gefunden. Ich wette, Magna hätte eine Million Dollar jährlich sparen können, wenn sie Luke dazu eingestellt hätte, ihre Stewardessen auszuwählen. Sie brauchten keinen Mister Garrison und keinen Psychiater-Automaten und all die übrigen. Alles, was sie brauchten, war dieser alte Vogel.
    Lieber Gott, mir war elend. Ich brauchte nur Almas Bett anzusehen, schon fing ich an zu weinen; ich brauchte nur Donna anzusehen, schon heulte ich los; ich brauchte nur auf meine Füße zu gucken und mir vorzustellen, darunter, wo ich jetzt stand, befand sich Ray Duer, schon schluchzte ich. Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß ein Lebewesen so sterbenselend sein und dennoch am Leben bleiben könnte. Jurgy machte mir einen Kaffee, richtig stark, aber es half nichts; sie machte mir eine Boulette, aber nicht nur half es nichts, sondern ich mußte mich sogar davon übergeben; und schließlich sagte ich mir, daß ich nur Elend auf Elend häufte, und ich ging in Jurgys Zimmer, machte die Tür hinter mir zu, ließ mich auf das Bett fallen, in dem Annette früher geschlafen hatte, und ließ mich gehen.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dort gelegen hatte, als die Tür sich öffnete und Doktor Elizabeth Schwartz hereinkam zusammen mit Miß Webley. Ich sah sie wie durch einen Nebel, aber ich erkannte sie und fragte mich, was sie hier wollten.
    »Hallo, Carol«, sagte Doktor Schwartz. Sie hatte eine schwarze Ledertasche bei sich, eine richtige Arzttasche, aber sie sah dennoch sehr hübsch aus und sehr weiblich.
    »Hallo, Doktor Schwartz.«
    »He«, sagte Miß Webley, und ich sagte: »He.«
    Doktor Schwartz setzte sich auf Annettes Bett neben mich und sah mich mit einem freundlichen Lächeln an. »Wie fühlen Sie sich, Carol?«
    »Oh, gut. Sehr gut.«
    »Das freut mich. Ich war eben bei Doktor Duer. Er meinte, ich sollte auch bei Ihnen vorbeischauen.«
    »Was ist mit seiner Hand?«
    »Nichts Ernsthaftes. Nur ein paar angeknackste Knochen. Ich hab’ ihn ins

Weitere Kostenlose Bücher