Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
Vom Netzwerk:
Garderobe —«
    »Gib sie ihr gleich, hier.«
    »Hier?« schrie sie.
    »Natürlich, hier. Warum nicht?«
    »Bist du übergeschnappt, N. B.? Soll man mich hier verhaften wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses?«
    Er holte seine Brieftasche hervor, zog zwei Zwanzig-Dollar-Scheine heraus und legte sie auf den Tisch vor sie hin. »Bedeck dich damit.«
    Sie kreischte vor Lachen. »N. B., du bist einmalig!«
    »Na los, komm.«
    »Hetz mich nicht, Süßer, hetz mich nicht.«
    Ich war so verdattert, ich konnte kein Wort hervorbringen. Sie nahm die beiden Geldscheine, bedeckte sich sorgfältig damit, indem sie sie mit den gespreizten Fingern einer Hand festhielt, dann löste sie die Troddeln, eine nach der anderen. Blubb. Blubb. Sie kicherte, während sie sie mir hinhielt.
    »Hier, Herzchen, sie gehören Ihnen.« Dann stieß sie einen lauten Juchzer aus, schob ihren Stuhl zurück und stürzte fort.

    Wir saßen wieder in dem großen luxuriösen Lincoln, und ich sagte; »Bringen Sie mich jetzt ins Hotel, N. B.?«
    »Es ist noch früh, Kinderchen. Wie wär’s mit einer kleinen Ausruhepause unten am Meer. Um diese Zeit am Abend ist es schön dort unten. Okay?«
    Warum nicht. »Okay«, sagte ich.
    »Sieh mal all die Sterne«, sagte er.
    »Ja.«
    »Glücklich?«
    »Ja.« Abgesehen von Donna, abgesehen von Alma, abgesehen von Duer.
    Plötzlich bog er rechts ein und fuhr einen schmalen gewundenen Pfad hinab.
    »Darf man hier eigentlich hinunterfahren?« fragte ich.
    »Es ist ein Privatweg. Nur für Anwohner.«
    »N. B., wohin fahren wir?«
    »Ich hab’ ein Häuschen da unten.«
    »So?«
    »Genau am Wasser. Es wird dir gefallen.«
    Ich seufzte.
    Er sagte: »Was soll dieser schwere Seufzer?«
    »Nichts. Sie wohnen also nicht im Charleroi?«
    »Ich? Nein, Sir. Ich liebe meine Unabhängigkeit zu sehr.«
    Ich verstand, was er meinte, als ich sein Häuschen betrat. Ich starrte und hielt den Atem an. Das Licht brannte im Wohnzimmer, und er stand neben mir und beobachtete mich, ein kleines Lächeln auf den Lippen. Es war ein niedriger Raum, etwa vierzig Quadratmeter groß — riesenhaft und dennoch nicht riesenhaft, weil so viele Möbel darin waren, alles aufs beste aufeinander abgestimmt. Es gab niedrige bequeme Sessel und niedrige bequeme Sofas und einen riesigen Diwan, bedeckt mit Kissen, einen riesigen Fernsehapparat, lange niedrige Schränke und in einer Ecke einen Steinway-Flügel.
    Er nahm mich an der Hand und führte mich quer durchs Zimmer zu einem großen Fenster. Die Vorhänge waren zugezogen, aber er drückte auf einen Knopf und öffnete sie einen Spalt. »Schau mal hinaus.«
    Ich schaute hinaus. Versteckte Lichter erleuchteten einen sanft sich neigenden Rasen, und tief unten blitzte Wasser.
    »Ist das der Ozean?«
    Er zog die Vorhänge wieder zu. »Nein. Biscayne Bay.«
    »N. B., es ist märchenhaft.«
    »So?«
    Er trat dicht zu mir, und ich machte einen schwachen Versuch, ihn abzuwehren. »N. B., bitte«, sagte ich, aber er ließ sich nicht beirren. Er nahm mich in die Arme und flüsterte: »Du weißt, daß ich verrückt nach dir bin, nicht wahr, du weißt, daß ich verrückt nach dir bin?« Und ich konnte mich nicht wehren. All mein Kummer, all meine Hoffnungslosigkeit, all der Alkohol, den ich getrunken hatte, all die Aufregung des vergangenen Tages schienen über mir zusammenzuschlagen. Ich war ganz schwach, ich hatte keine Knochen mehr, ich konnte ihm nicht widerstehen, und ich wollte ihm nicht widerstehen. Er küßte jeden Zentimeter meiner Haut, den er erreichen konnte, und ich ließ ihn gewähren, weil ich so schwach war und weil er so ungeheuer freundlich und so ungeheuer großzügig gewesen war, seit unsere Wege sich kreuzten. Und während ich bebend dort stand und mich anbeten ließ, gab dieses verdammte trägerlose Kleid seinen Geist endgültig auf, und ich kam mir vor wie eine Banane, die aus ihrer Schale rutscht. N. B. führte mich zu dem Diwan und sagte: »Zieh den Fetzen aus«, und ich sagte: »Das ist kein Fetzen«, und er sagte, indem er es mir kunstgerecht entriß: »Carol, Carol, ich werde dich kleiden wie eine Königin, verstehst du mich? Warum willst du dich an diese jämmerliche Fluggesellschaft verkaufen, nur um eine Kellnerin mit Heiligenschein zu werden, wenn du leben kannst wie eine Königin? Himmel, ich bin verrückt nach dir, ich seh’ dich vor mir, leibhaftig, ja leibhaftig! — Tag und Nacht, Nacht und Tag in all diesen Wochen. Du bist so appetitlich, so taufrisch, ich will dich bei mir

Weitere Kostenlose Bücher