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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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hier?«
    »Tja.«
    »Aber, mein Gott, Jurgy, es sieht wunderschön aus.«
    Den Hof säumten auf drei Seiten zweistöckige Gebäude in einem hübschen spanischen Stil mit weißen Mauern und runden Torbogen und schmiedeeisernen Ziergittern. Das Dach über diesen drei Häuserblöcken war aus roten Ziegeln. Überall blühten Bougainvilleas und Hibiskus und Jasmin, und in dem Morgensonnenschein, gesprengelt mit weichem Schatten, sah alles ganz und gar entzückend aus.
    »Komm«, knurrte Jurgy. »Wir wollen ‘raufgehen.«
    »Das Appartement ist oben?«
    »Tja.«
    Luke war schon da, und ich parkte neben seinem grauen Cadillac. Jurgy ging auf den ersten Block zu, der der Straße am nächsten lag, und ich trottete hinter ihr her und fragte mich, warum sie wohl in dieser üblen Laune sei. Wir stiegen zwei Steintreppen hinauf, und Jurgy öffnete eine Tür zu einem Appartement mit der Nummer 2 B, und wir traten ein. Erste Eindrücke sind wichtig. Die Luft war sauber und frisch, der Blick nach draußen war hübsch, und auch das Innere des Appartements war hübsch — bequem eingerichtet und freundlich und gepflegt. Ich fühlte mich sogleich zu Hause. Mein Gott, dachte ich, das ist wunderbar, welch ein glücklicher Fund.
    Luke stand mitten im Wohnzimmer, den grauen Filzhut nach hinten geschoben, und unterhielt sich mit einer gut aussehenden , ondine. Sie hieß Miß Carter und war die Wohnungsvermittlerin.
    Luke kicherte und dröhnte und machte seinen üblichen Lärm: »Mary Ruth, führ Carol herum. Wollen sehen, ob’s ihr gefällt.«
    »Komm mit, Carol«, fuhr Jurgy mich an.
    Ich war einfach sprachlos vor Entzücken. Von den Fenstern des Wohnzimmers ging der Blick auf den Indian Creek, so daß ich jedesmal, wenn ich einen Anfall von Weltschmerz hätte, hinausschauen könnte auf das glatte blaue Wasser und die Palmen und Zusehen könnte, wie die kleinen Boote vorüberfuhren; die Möbel waren so gut wie neu und von erlesenem Geschmack
    — nicht zu modern und nicht zu antik, nicht zu schwer und nicht zu leicht. Vom Wohnzimmer aus ging es in eine Halle mit zwei < hübschen Schlafzimmern und einer ganz modernen Küche und. einem Badezimmer auf der anderen Seite. Es waren eine Menge 1 Schränke vorhanden und Regale voller Bücher. Bücher! und sogar ein Hi-Fi-Plattenspieler.
    Ich wandte mich zu Jurgy: »Mein Gott, es ist ein Traum.«
    »Findest du?«
    »Jurgy! Gib’s zu! Es ist prachtvoll!«
    Sie zuckte die Schultern.
    Wir gingen zurück ins Wohnzimmer, und Miß Carter strahlte mich an mit diesen blauen, blauen Augen. »Nun, mein Herz? Wie gefällt es Ihnen?«
    Man tut klug daran, seine Begeisterung zu unterdrücken, wenn man mit einer Wohnungsvermittlerin verhandelt — ein einziges unbedachtes lobendes Wort, und sie sind imstande, den Preis um zehn Dollar hochzuschrauben. Aber in diesem Fall konnte ich mich nicht beherrschen. Ich sagte: »Ach, es ist wunderschön, es ist wirklich wunderschön.«
    »Das ist es auch«, sagte sie., »Es ist seit langer Zeit das hübscheste kleine Appartement, das ich zu vergeben habe.«
    Ich fragte schüchtern: »Wie hoch ist die Miete?«
    »Sechshundertfünfzig im Monat, mein Herz«, sagte sie. »Und für den Preis ist’s geschenkt.«
    Mir wurde schwarz vor Augen. Sechshundertfünfzig im Monat! Heiliger Bimbam, das war mehr als Jurgys und mein Gehalt zusammengenommen. Kein Wunder, daß dieses Appartement so hübsch war. Für dieses Geld konnte man wahrscheinlich den Taj Mahal mieten, inbegriffen neunundneunzig Jungfern, die einem die Wäsche wuschen.
    Ich versuchte, meine Enttäuschung hinunterzuschlucken, aber sie blieb mir in der Kehle stecken. Bitter, bitter, ein harter Schlag. Ich sagte: »O Gott. Ich fürchte, das kommt dann nicht in Frage. Es ist etwas mehr, als wir uns leisten können.«
    Luke sagte: »Carol, Kind, es ist gemietet.«
    Ich sagte: »Was?«
    »Es ist gemietet.«
    Ich warf Jurgy einen Blick zu. Sie war keine Hilfe. Sie starrte finster auf den Fußboden. Ich sagte: »Was meinst du damit, es ist gemietet?«
    Er sagte kichernd: »Wir haben es gemietet, kleine Dame.«
    Ich rief: »Wie könnt ihr es gemietet haben? Wir können es uns unmöglich leisten. Mein Gott, wenn wir die Miete bezahlt hätten, bliebe uns ja nicht einmal mehr das Geld für eine Dose Hühnerbrühe.«
    Er wandte sich, während er höflich den Hut abnahm, an Miß Carter: »Es ist mir wirklich unangenehm, Miß Carter, aber würden Sie bitte so freundlich sein und uns ein paar Minuten lang allein lassen, damit ich

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