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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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ihm offenstehen, und er keuchte ein wenig. »Stimmt das?«
    »Ja.«
    Er saß da und starrte mich an.
    Ich legte meine Handtasche auf den Tisch und nahm die zweiundzwanzighundert Dollar heraus. »Ich möchte dir das zurückgeben, N. B. Das hast du gewonnen. Nicht ich. Es gehört dir.« Ich legte die Scheine neben das Samtkästchen.
    Er sagte sehr ruhig: »Ist das wirklich wahr, wie? Ist das wirklich wahr? Du liebst einen anderen Kerl?«
    »Ja.«
    Er zischte: »Du Luder. Du weißt ja nicht einmal, was Liebe ist! Du gottverdammtes, dummes, kleines Luder.«
    »N. B. —«
    Er stand brüsk auf. Ich erwartete jeden Augenblick, den Schlag seiner Hand zu spüren. Sein Gesicht war verzerrt. Er schwieg. Er konnte nicht sprechen. Er nahm den Wodka-Martini und stürzte ihn in einem Zug hinunter. Dann langte er nach seiner Brieftasche, zog einen Fünf-Dollar-Schein hervor und schob ihn unter das leere Martini-Glas. Er ergriff das weiße Samtkästchen und die große Rolle Geldscheine und stopfte mir beides verächtlich grinsend in die Handtasche. »Mit den besten Wünschen des Hauses, Kindchen«, sagte er und ging fort.
    Ich schlich mich zurück zu meiner Packerei, und ich kam mir vor, als hätte man mich ausgepeitscht. Ich setzte mich neben den halbleeren Koffer in diesem qualvoll leeren Raum, und ich dachte, nun, jedenfalls das ist vorbei. Es ist aus mit Ray Duer. Es ist aus mit Nat N. B. Brangwyn. Wie heißt das alte Sprichwort? Doppelt hält besser. Nun, es schien sich auch diesmal zu bewahrheiten. In der kurzen Zeitspanne von vier Wochen hatte ich nicht nur zwei Freundinnen gewonnen und wieder verloren, sondern auch zwei Freunde, und außerdem hatte ich eingeheimst: zwei goldene Omega-Armbanduhren zweitausendzweihundert Dollar zwei Busentroddeln und wenn alles so verlief, wie es sich gehörte, dann gab es gewiß zwei allerliebste kleine Embryos, die sich in meinem Leibe tummelten.
    Welch eine Ausbeute! Jedes Mädchen wäre stolz darauf gewesen. Ich weinte nicht, weil ich viel, viel zu alt war zum Weinen. Ich wartete einfach darauf, daß Jurgy nach Hause käme.

KAPITEL XII

    Am selben Abend noch machte sich Jurgy ans Packen, ohne eine Miene zu verziehen. Sie war allerdings noch finsterer als sonst und ganz und gar unansprechbar, und das bekümmerte mich ungemein. Schließlich fragte ich sie, ob irgend etwas schiefgegangen sei, und sie biß mir fast den Kopf ab. »Schiefgegangen? Warum, zum Teufel, sollte irgend etwas schiefgegangen sein?« Ungefähr zehn Minuten später fügte sie brummig hinzu: »Wir haben uns ein Appartement angesehen.«
    »Wirklich? Wo denn?«
    »In der Nähe der Seventy-Nineth-Street-Bridge.«
    »Meinst du, daß es in Frage kommt?«
    »Vielleicht. Du mußt’s dir ansehen.«
    »Wie viele Zimmer? Ist es hübsch eingerichtet? Wie hoch ist die Miete?«
    Sie drehte sich wütend nach mir um. »Halt den Mund«, rief sie, »all diese verdammten Fragen. Ich sag dir doch, sieh’s dir selber an. Wir sind morgen um halb zehn mit der Wohnungsvermittlerin verabredet, damit du’s weißt.«
    »Jurgy«, fragte ich, »habt ihr euch gestritten, du und Luke?«
    »Und wenn schon, was dann?«
    Sie wartete nicht auf eine Antwort. Sie ging in ihr Zimmer und knallte die Tür zu.
    Am nächsten Morgen war sie noch immer brummig. Aber es war sonderbar, sie sah hübscher aus denn je. Sie hatte die Mundwinkel herabgezogen, und doch strahlten ihre Augen; und ich hatte keine Ahnung, was in ihrem Kopf vorging.
    Nach dem Frühstück sagte sie säuerlich: »He, Carol.«
    »Ja?«
    »Wollen wir mit dem Wagen ‘rüberfahren, um das Appartement anzusehen?«
    »Mit welchem Wagen?«
    »Jesus, was, zum Teufel, ist in dich gefahren? Warum stellst du dich so dumm an? Mit dem Wagen, den Luke mir geschenkt hat.«
    Mein Gott, sie war unmöglich. Und ich konnte ihr nicht sagen, daß sie unmöglich war, ich konnte mich mit ihr nicht darüber unterhalten, sie würde sich; das wußte ich, nur noch mehr in Wut steigern.
    Sie dirigierte mich zu dem Appartement, wobei sie aus einem Augenwinkel alles beobachtete, was ich tat; und als ich bremste, um in den Indian Creek einzubiegen, fragte sie: »Ist es schwer, den Wagen zu fahren?«
    »Natürlich nicht. Es ist leicht.«
    »Glaubst du, daß ich’s lernen kann?«
    »Aber sicher. Wenn ich das kann, kannst du’s auch.«
    »Hm.«
    Wir bummelten am Indian Creek entlang, und dann sagte sie ganz plötzlich: »Bieg hier ein.« Ich fuhr hinein iu einen rechteckigen Hof.
    Ich sagte: »Ist es

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