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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Schreibtisch, und ich vermutete, daß es meine Bewerbung war mit meinem Lebenslauf. Er sagte: »Ich sehe, Ihr Vater war Gregg Thompson, der so viele Reisebücher geschrieben hat.«
    Das hatte ursprünglich nicht in meiner Bewerbung gestanden. Mr. Garrison mußte es eingefügt haben nach unserer ersten Unterredung. Ich sagte: »Ja, Sir.«
    »Sie sind ziemlich viel mit Ihrem Vater gereist?«
    »Ja, Sir.«
    »Ich habe vor ein paar Jahren sein Buch über Brasilien gelesen. Ich fand es ausgezeichnet. Sind Sie mit ihm in Brasilien gewesen?«
    »Nein, Sir. In Brasilien ist er gestorben.«
    »Sie reisen gern.«
    Es war keine Frage, es war eine Feststellung. Ich sagte: »Ja.«
    »Nun, wenn Sie für Magna International Airlines arbeiten, werden Sie natürlich Gelegenheit haben, sehr viel zu reisen.« Es war eine weitere Feststellung, und keine außerordentlich geistvolle.
    »Ich hoffe es.«
    »Sagen Sie mir, Miß Thompson. An dem Montag, an dem Sie hier angekommen sind, ist eine Maschine in Tokio verunglückt. Sie haben davon gehört, nehme ich an?«
    Er hatte so rasch das Thema gewechselt, es erschreckte mich. »Ja, Sir.«
    »Hat Sie das in irgendeiner Weise beunruhigt?«
    Er schaute mich in seiner freundlichen Weise an, und ich hatte Angst vor ihm. Er kannte diese besondere Art von schwarzer Magie der Psychiater, er konnte wahrscheinlich meine Gedanken lesen, und es hatte gar keinen Sinn, auch nur zu versuchen, ihm die Wahrheit vorzuenthalten. Ich sagte: »Doktor Duer, ich glaube, es hat mich beunruhigt.«
    »Oh.«
    Er fragte nicht, inwiefern und warum, er wartete darauf, daß ich es ihm sagte.
    Ich sagte: »Ich meine, es hat mich nicht beunruhigt. Ich hab’ davon geträumt, das ist alles.«
    »Können Sie sich an Ihre Träume erinnern?«
    »Es war nur wirres Zeug, wie üblich, Sir. Ich war gleichzeitig im Flugzeug drinnen und draußen — nun, Sie wissen ja, wie das so ist.«
    »Was taten Sie denn außerhalb des Flugzeugs?«
    »Ich beobachtete nur. Es war nicht sehr erfreulich.«
    »Und innerhalb des Flugzeugs?«
    »Es war einfach unsinnig, ich verteilte Fallschirme und sagte den Passagieren, sie sollten sie umschnallen.«
    Diesmal sah er verdutzt aus. Er sagte: »Wir haben keine Fallschirme in Passagiermaschinen.«
    »Ich weiß. Darum sagte ich auch, es ist unsinnig.«
    Er betrachtete mich einen Augenblick lang und sagte: »Machen Sie sich keine Gedanken wegen Ihrer Träume. Diese ersten Tage hier bedeuten für Sie eine gewisse Spannung, und das spiegelt sich leicht im Unterbewußtsein wider.« Dann fügte er im Plauderton hinzu: »Oh, übrigens, ich wohne auch im Charleroi.«
    »Wirklich?« Es war nur eine beiläufige Mitteilung, und ich faßte sie in diesem Sinne auf.
    »Ja, ich wohne im zwölften Stock. Zimmer Nr. 1208.«
    Wenn er schwatzen wollte, so war ich gern dazu bereit. Ich sagte: »Ach! Das ist fast unter uns! Sie wissen, daß es keinen dreizehnten Stock gibt, weil das angeblich eine Unglückszahl ist?«
    »Ich weiß«, sagte er. »Übrigens, was taten Sie und Ihre Freundin heute morgen um drei Viertel sechs am Strand?«
    Ich fiel in mich zusammen. Da hatte ich’s. Nur eine Sekunde lang war ich nicht auf der Hut gewesen, und schon hatte er seine Fänge in mich geschlagen. Ich war selber schuld daran. »Am Strand?« sagte ich schwach.
    »Ich bin früh aufgewacht, Miß Thompson. Ich schaute aus dem Fenster, da sah ich Sie. Aber Sie brauchen keine Angst zu haben, ich werde Sie nicht anzeigen.«
    Ich lehnte mich zurück, den Tränen nahe. Sie brauchen keine Angst zu haben. Leicht gesagt. Ich schlotterte geradezu vor Angst. Und das Schlimmste war, ich hatte angefangen, ihm gegenüber weichzuwerden, weil er so männlich war und so nett und so intelligent, und ich wünschte, daß auch er mich nett fände. Statt dessen saß er nun da und starrte mich vorwurfsvoll an, als wäre ich ein Kind. Ein betagter kindlicher Missetäter. Es gibt nichts Vernichtenderes für das weibliche Ich.
    »Wissen Sie«, fuhr er fort, »das war reinster Wahnsinn heute morgen. Sie hätten in sehr ernste Schwierigkeiten kommen können. Nun ja, dieser Fall betrifft nicht eigentlich Sie — Sie sind ja nicht ins Wasser gegangen, um zu schwimmen. Was hielt Sie zurück? Kam Ihnen vielleicht eine dunkle Erinnerung, daß wir eine Regel haben, nach der Schwimmen nur erlaubt ist, wenn die Badeaufsicht Dienst hat?«
    »Ich weiß nicht, Sir.«
    »Was war los mit der anderen? Warum mußten Sie bei ihr künstliche Atmung anwenden?«
    »Sie — sie hatte

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