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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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diesen gehetzten Blick ab. Ihr sollt zeigen, daß ihr genau wißt, wohin ihr geht, und darüber hinaus, daß ihr genau wißt, was ihr zu tun habt, wenn ihr dort angelangt seid. Ist das klar?«
    Es mag den anderen neunzehn klar gewesen sein, aber für mich war es eine umwerfend neue Idee, und ich brauchte ein wenig Zeit, um darüber nachzudenken. Mein ganzes Leben lang war ich in einer Art Betäubung umhergewandelt, und ich konnte nicht versprechen, daß ich mich so rasch ins Gegenteil verändern werde, wie Miß Webley das zu erwarten schien.
    »Nun«, sagte Miß Webley, »kommen wir zur Körperpflege. Das ist wirklich ein Gebiet für sich, und wir werden uns später im Kurs ausführlich damit beschäftigen. Eines jedoch müssen wir sofort in Angriff nehmen, euer Haar. Ihr werdet selber einsehen, warum. Stellt euch einmal vor, ihr arbeitet in einer unserer Düsenmaschinen. Ihr seid jede Minute damit beschäftigt, Mahlzeiten oder Getränke zu servieren, die natürlich in der Kombüse zubereitet werden müssen; die Passagiere rufen unentwegt nach euch, vom Kapitän und der Besatzung gar nicht erst zu reden; und so weiter. Und ihr habt einfach nicht die Zeit, in den Waschraum zu laufen und euch alle halben Stunden frisch zu frisieren. Es ist nicht praktisch, Kinder. Ihr müßt einfach eine Frisur haben, die ordentlich und praktisch ist. Des weiteren muß euer Haar, entsprechend unseren Regeln, seine natürliche Farbe haben — das heißt, es darf nicht verändert werden durch Spülung, Bleichen oder Färben — und es muß so kurz sein, daß es nicht den Kragen eurer Uniform berührt.«
    Sie wartete, bis die Aufschreie verklungen waren.
    »Ich will jetzt nur eine vorläufige Überprüfung machen«, sagte sie. »Wenn wir uns in allen Einzelheiten mit der Körperpflege beschäftigen, werden wir für jede von euch die vorteilhafteste Frisur aussuchen. Fürs erste jedoch, fürchte ich, werden einige von euch heute abend zum Friseur gehen müssen.«
    »Heute!«
    Sie lächelte teilnahmsvoll und begann, die erste Reihe zu inspizieren. Dort saßen auch zwei Französinnen, und die eine von ihnen trug einen hübschen Pferdeschwanz.
    »Keinen Pferdeschwanz, Suzanne«, sagte Miß Webley.
    »Aber —«
    Miß Webley wandte sich an die andere Französin, die sich offensichtlich das Haar von einem Pudelscherer hatte schneiden lassen.
    »Das werden Sie sich wohl auskämmen müssen, Jacqueline.«
    »Aber —«
    Und so weiter, die nächste Reihe und die übernächste, bis sie zu uns kam. Nur drei unter uns fünfzehn kamen ungeschoren davon.
    Sie betrachtete die leuchtende rote Mähne auf Donnas Kopf und fragte sanft: »Ist das Ihre natürliche Haarfarbe?«
    »O ja, Miß Webley.«
    »Es ist schön. Aber, es tut mir leid, es ist zu lang im Nacken und auch in der Stirn. Sie werden es möglichst heute abend noch schneiden lassen, wie?«
    »Aber, Miß Webley —«
    Sie wandte sich an mich. »Carol. Abschneiden.«
    Ich hatte nicht einmal Zeit, den Mund aufzumachen. Sie ging sofort weiter zu Alma, musterte Almas aufgetürmten Stolz, der sich schwarz und schimmernd um Gesicht und Hals ringelte, und sagte: »Oh, Himmel.«
    Alma sagte mit einem bescheidenen Lächeln: »Dies sein alles meiner eigenen, Miß Webley. Es langen mir bis hinunter auf die halbe Rücken.«
    »Alma —«
    »Ja. Dies sein, wie in Italien eine Dame tragen die Haar.«
    »Es tut mir leid, Alma —«
    »Ja. Dies sein, wie in Italien die Herren sagen, die Damen sie müssen ihr Haar tragen.«
    »Alma, sehen Sie mal, die Regeln —«
    »Ah! Dieser Regeln sein niemals für italienische Mädchen. Für amerikanischer Mädchen, ja. Für französischer Mädchen, ja — sie haben schrecklicher Haar, sowieso. Für alle andere Art von Mädchen, ja; niemals für italienischer Mädchen. Nein.«
    Miß Webley sagte ruhig: »Vielleicht haben Sie recht, Alma. Ich werde mit dem Ausbildungsleiter sprechen.«
    »Gut«, sagte Alma. »Er sein verständlicher Mann. Er wird einsehen.«
    Miß Webley schritt zurück zum Pult.
    Donna flüsterte mir wütend zu: »Mein Gott, das ist schlimmer als beim Militär. Warum, zum Teufel, verlangen sie nicht, daß wir uns den Kopf kahl rasieren lassen, und statten uns dann mit Perücken aus?«
    »Sei still«, sagte ich.
    »Nun«, sagte Miß Webley, »wollen wir über Hygiene sprechen. Kinder, ich brauche euch nicht zu sagen, wie wichtig Hygiene —«
    Sie wurde wieder unterbrochen von Betty, dem Mädchen mit der Brille, die für Mr. Garrison arbeitete. Betty ging

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