Töchter der Luft
hast du für heute abend für Pläne?«
»Pläne!« rief ich. »Wer hat Pläne? Bist du wahnsinnig. Alles, was ich ersehne, ist Liebe, und alles, was ich bekomme, ist eine Absage und ein Versprechen —«
Er sah ganz niedergeschlagen aus.
»Ich werd’ mich wohl in ein Kino vergraben. Mach’ dir keine Gedanken meinetwegen, Ray. Ich werd’ mich köstlich amüsieren.«
»Denk immer daran, was ich dir gesagt habe.«
»Über den Flugausbildungsleiter?«
»Nein. Daß ich dich liebe, von ganzem Herzen und geh den Luftwaffenoffizieren aus dem Weg. Hast du verstanden?«
»Ray! Bist du eifersüchtig gewesen vorige Woche, sag’s?«
»Ich hätte den Burschen erwürgen können mit bloßen Händen.«
»O Gott, du bist eifersüchtig! Wie himmlisch!«
Sonderbar, bisher hatte ich Eifersucht immer verachtet als das würdeloseste aller Gefühle. Nun hieß ich sie willkommen. Der Born meiner Glückseligkeit floß über.
Wir hatten unseren Kaffee kaum angerührt, aber wir mußten ihn dennoch bezahlen. Wir gingen Seite an Seite hinaus, und plötzlich merkte ich, daß die Kaffeebar gedrängt voll war mit Männern und Frauen und Kindern und Pudeln, und jemand hatte sogar eine blaue Perserkatze an einer gelben, ledernen Leine. Seltsam, denn während Ray und ich miteinander gesprochen hatten, war meilenweit kein menschliches Wesen vorhanden gewesen außer uns beiden. Jetzt ging es mir auf, es war nicht gerade eine ideale Kulisse für eine Liebesszene, und sie mußte Rays Stilgefühl bis zu einem gewissen Grade beleidigen.
Draußen vor der Kaffeebar wandte er sich zu mir um: »Ich verlaß dich hier. Es tut mir leid. Aber ich muß. Okay?«
»Okay, Liebling. Aber geh rasch.«
Ich wollte mich eigentlich umdrehen, als er fortging, aber ich konnte es nicht. Ich blieb stehen, und mein Blick folgte seiner angenehmen, kräftigen Gestalt, seinem geschmeidigen Gang, bis er in einem der Fahrstühle verschwand und ich ihn aus den Augen verlor. Dann schlich ich eine Weile in der Halle umher, es kam mir so vor, als hätte sich in mein Inneres ein Hydrant von Tränen ergossen und ertränke mich, und ich ging in einen anderen Waschraum — das Charleroi war voll davon — und weinte, bis es mir besser ging. Dann wanderte ich wieder hinaus in die Halle, und dort fand ich Suzanne, diese Blonde, die sich ihren Pferdeschwanz hatte abschneiden müssen. Sie starrte in das Schaufenster der Schmuckschatulle, das Miniatur-Tiffany, wo Luke Lukas das Armband für Jurgy gekauft hatte und höchstwahrscheinlich auch ihren Verlobungsring.
»Hallo, Suzanne«, rief ich.
»Hallo, Carol«, antwortete sie, und wir standen da und betrachteten trübsinnig Brillanthalsbänder, die vermutlich die Welt kosteten. Wir schwatzten dies und das, und ich fand heraus, daß auch sie für den Abend keine Verabredung hatte. Und so lief es für uns zwei darauf hinaus, daß ich Suzanne vorschlug, gemeinsam zu Abend zu essen und hinterher in ein Kino zu gehen.
Sie war hocherfreut darüber. In einer halben Stunde wollten wir uns wieder treffen, vor der Schmuckschatulle, also begaben wir uns auf unsere Zimmer, um uns aufzufrischen.
Jurgy war schon fort, sie war sicherlich mit Luke verabredet. Auch Donna war fort, aber ich hatte keine Ahnung, mit wem sie ein Rendezvous hatte. Alma war im Badezimmer, wie üblich, und gab gerade ihren Stirnlocken den letzten Schwung, die Tür stand offen.
»Carola!« rief sie mir entgegen.
»Tja.«
»Ah, du sein das. Du bleiben in der Haus heute abend, Carola?«
»Nein, ich geh ins Kino.«
Sie entschwebte dem Badezimmer, und wie immer war sie ein Traum in einem weißen Kleid mit tiefem Ausschnitt und einer gestickten gelben Rose an der linken Hüfte. Ihr Haar war lockiger denn je, es kringelte sich im Nacken. In. dem Augenblick, da sie mich sah, rief sie: »Carola!»
»Was gibt’s?«
Sie schaute mir forschend ins Gesicht. »Du haben geweint.«
»Wer, ich?«
»Ho, ho, Carola! Du sein anders. Ha, ha, Carola!«
»Um Himmels willen, hör auf mit diesem Gelärme. Ho ho. Ha ha. Du hörst dich an wie Fütterungszeit im Zoo.«
Sie sagte, noch immer prustend: »Du wissen, wie wir sagen in Italien? Sie sein gewesen auf die fiesta, ihrer Stimme sein verändert. Was bedeuten, sie sein nicht mehr Mädchen. Jungfrau.«
»Du meine Güte, Alma, du hast Ideen wie eine Kupplerin.«
»Diese Doktor?« fragte sie und strahlte mich an. »Ich nicht meinen, du haben mit ihm geschlafen, aber er dich machen glücklich? Ha?«
»Sei ein gutes Kind, mein
Weitere Kostenlose Bücher