Töchter der Luft
bin schrecklich froh, daß du’s ihm verraten hast, noch ehe du’s mir sagtest.«
Er hieb die Faust auf den Tisch, krach! »Willst du bitte still sein. Willst du bitte aufhören, so witzig zu sein auf meine Kosten.«
»Aber wirklich, ich bin entzückt darüber, daß Mister Garrison es als erster wissen durfte. Ich könnte nicht glücklicher sein.«
»Die ganze Schule weiß es!« fauchte er. »Jeder Mensch auf der ganzen, weiten Welt weiß es!«
»Wie spannend! Hast du’s im Miami Herald drucken lassen oder sonstwo?«
»In gewissem Sinne ja.« Er starrte mich wirklich zornig an. »Es stand über mein ganzes Gesicht gedruckt, als ich dich vorige Woche beim Jai-Alai-Spiel sah, das ist alles. Amie Garrison, Caroline Garrison, Peg Webley — zum Teufel! —, es konnte ihnen nicht entgehen. Arnie sagte, so etwas Komisches habe er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Ich hätte den ganzen Abend dagesessen und deinen Nacken angestarrt. Und dann, später, als ich mit dir gesprochen hätte — « Er hielt inne, nahm die Hornbrille ab und hauchte ausgiebig auf die Gläser.
Ich sagte mit kläglicher Stimme: »Oh, Miß Webley hat es erraten?«
»Darauf kannst du wetten. Sie wird in Kürze einen unserer Piloten heiraten. Wenn du’s ganz genau wissen willst, ich hab’ vor ein paar Tagen mit ihr zu Abend gegessen, und sie hat drei Stunden damit zugebracht, dein Loblied zu singen.«
»Oh, Ray.« Mir kamen die Tränen.
Er setzte seine Brille wieder auf und gab mir ein sauberes Taschentuch. Als ausgebildeter Fachmann hatte er wahrscheinlich im voraus gewußt, daß ich bei dieser Zusammenkunft ein oder zwei Tränen vergießen würde. »Hier«, sagte er.
»Danke.« Ich wischte mir die Tränen ab und putzte mir die Nase.
Er sagte: »Arnie hat es für dich so eingerichtet, daß du nach der Ausbildung in Miami bleiben kannst. Es wird dein Heimatflughafen sein. Er hat es mir erst gestern abend mitgeteilt. Er hat einfach von sich aus dafür gesorgt, daß du und ich —« Wieder störte ihn seine Brille. Er nahm sie ab und starrte sie finster an. »Man wird uns also nicht trennen. Und das allein zählt.«
Ich stand auf, ohne ein Wort zu sagen, und stürzte in den Waschraum. Ich heulte fast zehn Minuten lang. Kaum saß ich wieder ihm gegenüber, sagte er: »Ich hab’ eine Verabredung zum Abendessen mit dem Flugausbildungsleiter. Ich kann das nicht absagen. Und es wird spät werden. Wollen wir morgen zusammen Mittag essen?«
»Ja, Ray.«
»Wollen wir uns hier um halb neun treffen?«
»Ray, ist das nicht ein wenig früh zum Mittagessen?«
»Wir könnten mit dem Frühstück anfangen.«
»Ja, Ray.«
»Dann können wir irgendwohin fahren, wo wir allein sind. Das war’s, weswegen ich dich anrufen wollte. Ich hab’ versucht, gegen dieses Verlangen anzukämpfen, doch umsonst, ich mußte dich sehen. Aber du hast zuerst angerufen.«
»Ray«, sagte ich, »ich war soweit, ich hätte mir am liebsten die Kehle durchgeschnitten.«
»Wenn du die Ausbildung hinter dir hast, nächsten Freitag, können wir —« Er schaute mich an.
»Können wir was?«
»Es offiziell machen.«
»Was meinst du damit, Ray, es offiziell machen?«
»Uns verloben«, sagte er. »Heiraten. Irgendwas. Was immer du willst.«
»O Gott.«
Er langte über den Tisch, und auch ich langte über den Tisch, und ich nahm seine Hand und hielt sie fest. Ich sagte: »Es ist eine blödsinnige Frage, aber darf ich dich Liebling nennen? Zwischen heute und nächstem Freitag? Es ist ein dringendes Bedürfnis. Ich hab’ noch nie jemanden Liebling genannt.«
»Nicht im Unterricht«, sagte er. »Du wirst diskret sein müssen. Nächsten Dienstag spreche ich in der Klasse zu euch, und da könnte es —« Sein Griff wurde sehr fest und hart. »Ich bin verrückt nach dir. Weißt du das eigentlich? Ich bin blind und kopflos vor Verlangen nach dir.«
»Das liegt an all der Elektrizität«, sagte ich.
»Elektrizität? Nein. In meinem Fall ist es Adrenalin.«
»Ich weiß nicht einmal, was Adrenalin ist, Ray. Nimmt man das nicht gegen Erkältungen?«
»Wir werden das morgen klarstellen«, sagte er. »Ich muß jetzt gehen.«
»Jetzt?«
»Ja, ich gehe essen mit dem Flugausbildungsleiter. Ich hab’s dir doch eben gesagt.«
»Ich erinnere mich.« Tränen strömten mir in die törichten Augen. »Ray, mußt du gehen? Mußt du wirklich gehen?«
Er sagte: »Komm, mir ist ohnehin schon elend zumute, mach’s nicht noch schlimmer.«
»Schon gut, Liebling. Schon gut.«
»Was
Weitere Kostenlose Bücher