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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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rosa und hellblauen Bus. Wir nahmen uns zusammen, während wir durch Miami Beach fuhren, wir nahmen uns zusammen, während wir durch die Hotelhalle gingen; aber kaum waren wir in 1412 angekommen, fiel ich mit dem Gesicht nach unten auf mein Bett, Donna setzte sich seufzend, und Alma murmelte auf italienisch vor sich hin. So und nicht anders spielte es sich wahrscheinlich in allen anderen Appartements ab.
    Aber an Ruhe war nicht zu denken. Es war, als hätten gut eine Zillion Männer auf uns gewartet, überall schellten die Telefone wie toll, ich hörte sie aus allen Zimmern des vierzehnten Stocks. Das verdammte Ding schrillte allein fünfmal für Donna und einmal für Jurgy, die sich auf ihrem Bett im anderen Zimmer zusammengerollt hatte, und einmal für Alma; und ich hatte allmählich genug davon, denn ich mußte jedesmal antworten, weil ich dem Telefon am nächsten saß. Und nicht nur wurden bei jedem Klingeln meine müden Gebeine aus dem Grabe gezerrt, sondern ich war auch wieder einmal allein, ungeliebt, ohne Verabredung, Miß Aussatz höchstselbst. Ich hätte mich am liebsten hingelegt und laut geheult.
    Schließlich, als das verwünschte Ding wieder einmal schellte, reichte es mir, und ich schrie Donna an: »Nimm’s ab, es ist bestimmt für dich.« Sie nahm den Hörer und ließ ihn dann an zwei Fingern baumeln wie eine tote Ratte. »Hat irgend jemand irgendwo Thompson gesehen?«
    »Irrst du dich auch nicht?« fragte ich.
    »Die Person am anderen Ende der Leitung verlangt nach einer Person namens Thompson. Bist du das, Thompson?«
    Ich entriß ihr den Hörer und rief: »Hallo!«
    »Miß Thompson? Hi. Wie geht’s? Hier ist N. B.«
    Ich hätte sterben können. Ich hätte ein Meer von Tränen weinen und das ganze Charleroi darin ertränken können. Ich sagte: »Oh — oh, hallo! Wie nett von Ihnen, mich anzurufen.«
    »Es ist großartig, Ihre Stimme mal wieder zu hören, Miß Thompson. Ich hab’ Sie die ganze Woche lang nicht gesehen. Ich hab’ immerzu gehofft, wir würden uns mal in die Arme laufen.«
    »Nun, wissen Sie, wir haben so schwer gearbeitet, wir hatten nicht eine Minute Zeit, uns auf uns selber zu besinnen.«
    »Die springen ziemlich hart mit Ihnen um, wie?«
    »Nun, Beine machen sie uns schon.«
    »Tja.« Er holte tief Luft. »Hören Sie, wenn das so ist, wie wär’s dann mit ein paar Stündchen Erholung, die täten Ihnen bestimmt gut. Na? Wie wär’s damit? Wir könnten vielleicht essen gehen heute abend. Wir könnten in eine kleine Bar gehen, die ich kenne —«
    Hier, in wenigen Worten war Thompsons Lebensgeschichte. Wer lud sie zum Ausgehen ein? Der Mann, den sie nicht sehen durfte. Wer lud sie nicht zum Ausgehen ein? Der Mann, der sie nicht sehen durfte. O Gott, o Gott, o Gott!
    »Mister Brangwyn«, sagte ich — »es tut mir leid, wirklich es tut mir leid —«
    Er wartete.
    »Ich danke Ihnen sehr für Ihre Einladung, ein andermal, wenn ich frei bin, herzlich gern; aber ich bin so müde. Heute abend auszugehen, das schaffe ich einfach nicht mehr. Es tut mir schrecklich leid.«
    »Okay. Wie wär’s mit morgen abend?«
    Ich hätte am liebsten Harakiri begangen mit meiner stumpfen alten Nagelschere. »Ach, morgen abend — es tut mir maßlos leid — aber zu morgen abend hab’ ich mich schon verabredet vor ein paar Tagen.«
    »Ich verstehe.«
    »Mir ist das entsetzlich unangenehm —«
    »Es braucht Ihnen nicht unangenehm zu sein, Miß Thompson. Ein andermal also vielleicht, wie?«
    »Ja, ich hoffe sehr.«
    »Nun, dann machen Sie’s gut.«
    »Das werd’ ich. Und danke für den Anruf. Herzlichen Dank.«
    Er hängte auf. Ich legte den Hörer auf die Gabel und drehte mein Gesicht zur Wand. Es war ein Kampf zwischen dem Schicksal und mir, und ich wußte, wer dabei gewinnen würde.
    »Brangwyn?« fragte Donna.
    »Ja.«
    »Du dummes Geschöpf!«
    »Halt den Mund, Donna.«
    »Wem schadet es, wenn du mit ihm ausgehst? Du kannst doch auf dich selber aufpassen, oder?«
    »Donna, halt den Mund!«
    »Ich versteh’ dich nicht, Goldstück. Ich versteh’ nicht, wie dein Gehirn arbeitet.«
    Ich machte mich davon in schierer Verzweiflung. Es war ohnehin unerträglich, in diesen Räumen, wo sich die drei für ihre Rendezvous herrichteten. Jede war ganz erpicht darauf, ein Bad zu nehmen und sich umzuziehen, aber wie üblich hatte Alma das Badezimmer mit Beschlag belegt, und jeden Augenblick drohte offener Streit auszubrechen. Ich ging hinunter in die Halle und murmelte vor mich hin: Samstag abend, keine

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