Töchter der Sechs (German Edition)
vorgehen und Darija verschrecken. Er war schon froh, dass sie jetzt Zeit mit ihm verbrachte und zumindest ein freundschaftliches Verhältnis am Entstehen war.
Ein Ruf Zadas unterbrach ihre Zweisamkeit. Sie deutete in Richtung des Bugs. Erst konnte er nichts entdecken, doch dann entdeckte er einen Nebelstreifen. Auch Darija schien ihn gesehen zu haben. Sie richtete eine Frage an Zada: „Meint Ihr, es ist der Welten-Nebel?“
„Ich denke schon. Wir haben die Küste vor fast einem Mond hinter uns gelassen. Lasst uns hoffen, dass wir nicht erneut tagelang in einer Flaute festsitzen.“
„Lasst uns einfach weitersegeln und das Beste hoffen“, meinte Zada.
Es dauerte nicht lange, bis sie den Rand des Nebels erreicht hatten. Sie segelten hinein und zu ihrer Erleichterung blies der Wind weiter stetig und kräftig. Innerhalb weniger Stunden hatten sie den Nebel hinter sich gelassen.
„Irgendwie kam mir die Strecke beim letzten Mal länger vor und der Nebel dichter“, sagte Zada.
Darija erwiderte: „Ihr habt es also auch bemerkt. Vielleicht denken die Götter, es sei Zeit, die Barriere verschwinden zu lassen.“
Felkan schaltete sich in das Gespräch ein: „Warum ist es eigentlich plötzlich wieder hell. Gerade ist es doch dunkel geworden.“
Darija fiel erst jetzt auf, dass sie Felkan noch nicht von der Besonderheit des Welten-Nebels erzählt hatten. Also begann sie, ihm von ihren Erlebnissen auf der Reise nach Helwa zu erzählen und von dem seltsamen Phänomen, dass die Zeit im Welten-Nebel viel schneller verging als außerhalb.
Jahr 3620 Mond 3 Tag 30
Westliche Steppe
Der Stammesälteste hatte Wort gehalten. Ausführlich hatte er vom Glauben seines Volkes berichtet. Dadurch hatten sie erfahren, dass die Götter den Menschen des Wüstenstammes Visionen schickten, um mit ihnen zu kommunizieren. Daher hatte Kahal auch gewusst, wo er sie finden würde. Es gab spezielle Rituale, mit denen die Wüstenmenschen sich für göttliche Eingebungen öffneten. Auch für zahlreiche andere Gelegenheiten hatten sie ausgefeilte Zeremonien. Die Art, wie sie ihren Glauben praktizierten, war der der Cytrianer daher nicht unähnlich. Tempel aber hatten sie keine.
Über das Wirken der Götter gab es beim Wüstenvolk viele Legenden und Geschichten. Zum Teil deckten sie sich mit denen, die Mawen schon an der Südküste aufzeichnet hatte. Viele aber waren für Mawen und auch für Elec vollkommen neu.
Stunde um Stunde hatte der Älteste erzählt, doch am dritten Tag sagte er: „Nun ist alles gesagt. Jetzt ist es Zeit, dass die Götter sprechen.“ Er entzündete ein Bündel Kräuter und ein wohlriechender Rauch füllte das Zelt. Der Alte begann zu singen. Mawen und Elec schwiegen still. Sie wussten wohl, dass es sich um eines der Rituale handeln musste, das göttliche Visionen willkommen hieß. Der Stammesälteste schien in Trance gefallen zu sein. Sein Gesang brach ab. Sie warteten.
Der Älteste schlug die Augen auf. Er war wieder ganz bei ihnen. „Die Götter befinden euch für würdig. Ihr seid bereit, eure Aufgabe zu vollenden.“
Mawen schaute Elec an, doch dessen Gesicht drückte die Verwirrung aus, die er selbst empfand.
Der Stammesälteste fuhr fort: „Die Götter haben Kahal ausgewählt, euch ein Stück des Weges zu begleiten, doch wenn die Zeit gekommen ist, so wird es allein in euren Händen liegen. Ich weiß, dass ihr jetzt viele Fragen habt, doch es obliegt nicht mir, sie zu beantworten. Ihr solltet nun zu den Göttern beten und ihren Segen erbitten. Dann schlaft, bei Sonnenaufgang werdet ihr mit Kahal aufbrechen.“
Noch bevor Mawen fragen konnte, wohin, wandte der Älteste ihnen den Rücken zu. Das war das Zeichen, dass es Zeit für sie war zu gehen. Sie kehrten in ihr Zelt zurück.
Er wusste nicht, wie er die Worte des Ältesten deuten sollte. Sie hatten viele Fragen aufgeworfen. Er fragte Mawen: „Was denkt Ihr, hat er damit gemeint, wir sollten unsere Aufgabe vollenden?“
„Er bezieht sich wohl auf die Zusammenführung Cytrias und Helwas, denn dies war die Aufgabe, die mich hergeführt hat.“
„Aber wie sollen wir hier in der Steppe diesem Ziel näherkommen? Kahal wird uns wohl kaum bis nach Heet führen, wo wir Einfluss auf meinen Vater nehmen könnten. Das macht keinen Sinn.“
„Da habt Ihr Recht. Doch wir können kaum mehr tun, als abzuwarten. Vielleicht sollten wir tun, was der Älteste uns geraten hat, beten und uns dann schlafen
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