Toechter Der Suende
Frau Maries zweiter Schwiegersohn Otto von Henneberg gegenübersteht. Sein Weib hat durch Euren Überfall beinahe ihr Kind verloren. Wäre dies geschehen, könnte Eure Schuld nur noch mit Blut abgewaschen werden. Ich aber überlasse Euch dem Richterspruch unseres Herrn, des Fürstbischofs! Hier ist die Vorladung, die ich Euch überbringen soll!«
Peter von Eichenloh ließ die Zügel sinken, ohne dass sein Pferd sich auch nur einen halben Schritt bewegte, griff mit der Linken unter sein Wams und brachte ein versiegeltes Schreiben zum Vorschein. Er wollte es Reckendorf schon vor die Füße werfen, unterließ es aber, da dies als Erklärung einer Fehde missverstanden werden konnte. Stattdessen forderte er Reckendorf auf, einem seiner Männer zu befehlen, den Brief entgegenzunehmen.
Reckendorf rauschte das Blut so laut in den Ohren, dass er Eichenloh kaum verstand, gab aber dem Mann, der gegen den Gaukler im Ringkampf unterlegen war, einen Wink.
»Hol mir das Schreiben!«
Der Waffenknecht schob umständlich das Schwert in die Scheide und lenkte sein Pferd auf Eichenloh zu. Unterdessen hatte einer seiner Kameraden Bertschmanns Gaul eingefangen, zwei weitere halfen dem Gestürzten, den seine Rüstung behinderte, wieder in den Sattel. Der Kastellan hatte sich augenscheinlich bei seinem Sturz verletzt, denn er presste die linke Hand gegen seine Rippen und stöhnte bei jedem Atemzug.
Eichenloh reichte nun die Botschaft des Würzburger Fürstbischofs weiter und sah zu, wie Reckendorf diese entgegennahm, das Siegel erbrach und zu lesen begann.
Bereits bei den ersten Worten wurde der Junker bleich. Trotz ihrer Verwandtschaft beschuldigte Gottfried Schenk zu Limpurg ihn in einem eisigen Ton der Straßenräuberei und warf ihm Ungehorsam vor. Im Verlauf der weiteren Zeilen wurde Reckendorf klar, dass der Fürstbischof ihm bereits eine Nachricht gesandt und ihn aufgefordert hatte, seine Gefangene freizulassen. Diese Forderung wurde nun in weitaus schärferer Form wiederholt. Auch solle er selbst unverzüglich in Würzburg erscheinen, andernfalls werde er aller Lehen im Hochstift verlustig gehen.
Reckendorfs Stolz bäumte sich gegen diese Befehle auf, doch sein Verstand sagte ihm, dass er sich nicht weigern durfte, wollte er nicht alles verlieren. Der Gedanke, seine Burgen könnten der Sippe auf Kibitzstein als Entschädigung zugesprochen werden, gab schließlich den Ausschlag.
»Sagt dem Bischof«, erklärte er mit mühsam unterdrückter Wut, »dass ich am Tag des heiligen Evangelisten Lukas in Würzburg sein werde. Und jetzt kommt, Männer! Wir haben hier nichts mehr verloren.«
Als er sein Pferd wenden wollte, richtete Bertschmann sich im Sattel auf. »Wollt Ihr wie ein geprügelter Hund mit eingezogenem Schwanz von dannen ziehen? Ich sage, wir nehmen die Schwerter und hauen dieses Gesindel zusammen!«
»Ihr vergesst in letzter Zeit zu oft, dass ich der Herr bin, Bertschmann, und Ihr nur der Knecht. Also gehorcht!« Ohne sich weiter um seinen Kastellan zu kümmern, ritt Reckendorf den Weg zurück, den er gekommen war.
Sechster Teil
Zwietracht
1.
F alko saß auf einer am Boden liegenden Säulentrommel und versuchte, seiner wirbelnden Gedanken Herr zu werden. Warum, fragte er sich, konnte er sich nicht zwischen Elisabeth und Francesca entscheiden? Dabei hatte er schon mehrfach beschlossen, seine sündhafte Verbindung zu Elisabeth zu beenden. Doch jedes Mal, wenn er die junge Äbtissin besuchte, wurden sie beide schwach. Falko bedauerte mehr denn je, dass diese Geliebte dem geistlichen Leben geweiht war, sonst hätte er um sie werben und mit etwas Glück ihre Hand erhalten können.
»Du bist ein Narr!«, schalt er sich, versank aber erneut im Grübeln.
Warum konnte er sich nicht mit Francesca Orsini begnügen? Immerhin schenkte diese ihm ihre Liebe und ihren Leib. Leider musste auch das heimlich geschehen, hastig und stets voller Angst vor Entdeckung. Sie trafen sich immer noch in der kleinen Sakristei der Kapelle der heiligen Witwe Irene, denn dieser Raum war der einzige Ort, an dem er Francesca noch sehen konnte. Seit er ihrem Vater bekannt hatte, um sie werben zu wollen, durfte sie nicht mehr mit am Tisch sitzen, wenn er bei Ercole Orsini zu Gast war. Obwohl ihm mittlerweile klargeworden war, dass der Conte nur im Sinn hatte, ihn über die Pläne von König Friedrich III. auszuhorchen, besuchte er weiterhin dessen Haus in der verzweifelten Hoffnung, den Edelmann doch noch umstimmen zu können.
Sobald Francesca
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