Toechter Der Suende
vielleicht ganz gut, wenn auch Francesca begriff, dass an einer Ehe mit Cirio d’Specchi kein Weg vorbeiführte.
14.
E in ganzes Stück nördlich von Rom, jenseits der Alpen, stand Bruno von Reckendorf am Fenster einer seiner Burgen und starrte ins Land hinein, wie er es in letzter Zeit oft tat. Doch er sah weder die bewaldeten Hügel im Hintergrund noch die gut bestellten Felder seiner Bauern. Stattdessen drehten sich seine Gedanken um seine Gefangene. Im Augenblick bedauerte er es, den Vorschlag seines Kastellans abgelehnt zu haben. Er und seine Männer hätten die junge Kibitzsteinerin tatsächlich im Wald schänden und sie dann nackt zurücklassen sollen. Seinetwegen hätte ihr Bruder nach seiner Rückkehr aus Italien ruhig Rechenschaft fordern können. Mit diesem Milchgesicht wäre er leicht fertig geworden.
Die Erinnerung an jenen Augenblick, in dem ihn Falko Adlers Lanze mit verheerender Wucht getroffen und aus dem Sattel geschleudert hatte, ließ ihn nicht los. Natürlich hatte der Bursche damals Glück gehabt. Dennoch durfte er den Kibitzsteiner nicht unterschätzen. Doch was war, wenn es nicht zu einem Zweikampf kam, sondern zu einer richtigen Fehde?
»Das Weibsstück soll verdammt sein!« Kochend vor Wut drehte Junker Bruno sich um und verließ seine Kammer. Unterwegs traf er auf Siffer Bertschmann, dem es sichtlich missfiel, sich auf dieser abgelegenen Festung verstecken zu müssen. Reckendorf hatte es jedoch nicht gewagt, seine Gefangene zu seinem Hauptsitz zu bringen, an dem Abgesandte des Würzburger Fürstbischofs ihn jederzeit hätten erreichen können. Diese Burg hier war erst kürzlich durch Erbschaft an ihn gefallen, und da sie im Hochstift Bamberg lag, konnte Gottfried Schenk zu Limpurg an diesem Ort keine Macht ausüben.
»Seid Ihr endlich zu einem Entschluss gekommen?«, fragte Bertschmann mit säuerlicher Miene. »Wenn es nach mir ginge, würden wir das Weibsstück auf den Rücken legen, uns mit ihm vergnügen und es dann zum Teufel jagen!«
Obwohl Bruno von Reckendorf dies eben noch als die beste Lösung angesehen hatte, funkelte er seinen Kastellan zornig an. »Ich werde so entscheiden, wie es mir richtig erscheint!«
»Nehmt es mir nicht übel, aber Euer Zögern bringt nichts, es sei denn, Ihr wollt Lösegeld für die kleine Hure fordern.« Kaum waren ihm die Worte über die Lippen gekommen, überlegte Bertschmann, ob er nicht doch einiges von dem Lösegeld für sich abzweigen könnte. Einen großen Beutel gemünzten Goldes in Händen zu halten erschien ihm verlockender, als sich für ein paar Augenblicke zwischen die Schenkel der Gefangenen zu zwängen. Vielleicht konnte er sogar beides haben. Immerhin befand sich Hildegard Adler in ihrer Gewalt, und wer wollte sie daran hindern, sie sowohl auf den Rücken zu legen wie auch Geld für ihre Freilassung zu fordern.
Diesen Vorschlag machte er seinem Herrn, doch Reckendorf wischte den Gedanken mit einer energischen Handbewegung beiseite. »Wenn ich Lösegeld für die Gefangene fordere, werden die Abgesandten ihrer Mutter mit ihr reden wollen. Sagt sie diesen, sie wäre geschändet worden, könnte dies bedeuten, dass die Witwe keine Truhe voller Gulden, sondern ihre Kriegsknechte schickt.«
»Fürchtet Ihr die Kibitzsteiner Brut?«, fragte Bertschmann lachend.
Junker Brunos Gesicht färbte sich bei diesen Worten dunkel vor Zorn. »Gebt acht, was Ihr sagt, Bertschmann! Ich könnte sonst glauben, Ihr dient mir nicht mit der Hingabe, die ich von Euch fordere.«
Sein Kastellan trat ein paar Schritte zurück und senkte den Kopf. »Ich wollte Euch nicht kritisieren, Herr.«
»Nichts anderes tut Ihr seit Tagen! Dabei hatte ich ehrliche Gefolgschaftstreue von Euch erwartet. Immerhin war ich bereit, Euch mit meiner Schwester zu verheiraten.«
Als der Junker seinem Kastellan den Rücken zukehrte und weiterging, starrte dieser ihm düster nach. Er hatte die Worte seines Herrn sehr genau verstanden. Der Junker war bereit gewesen, ihn mit seiner Schwester zu verheiraten, hatte aber seine Meinung geändert und wollte nicht mehr zu seinem Wort stehen.
»So haben wir nicht gewettet, mein Guter«, murmelte er und machte sich auf die Suche nach einer willigen Magd, in deren Armen er seinen Ärger für eine gewisse Zeit vergessen konnte.
15.
A ls Junker Bruno an die Tür der Kammer trat, in der er seine Gefangene eingesperrt hatte, fragte er sich, warum er sie nicht in den Kerker zu den Ratten hatte werfen lassen. So viel Rücksicht, wie er ihr
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