Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
sie mit dem Reißverschluß ihres Kleides. »Ich habe noch niemanden erlebt, der ein größerer Pünktlichkeitsfanatiker wäre als du.«
»Und ich habe noch niemanden erlebt, dem Pünktlichkeit so egal wäre wie dir. Würdest du jetzt bitte die Tür aufmachen? Es nervt mich, daß ich die ganze Zeit schreien muß.«
»Also gut.« Indem sie sich fast den Arm ausrenkte, kam sie schließlich an den Reißverschluß heran. Ihre Füße zwängte sie in lächerlich hohe, bronzefarbene Pumps, verfluchte sich, weil sie auf Josephs Ratschlag eingegangen war, und endlich öffnete sie die Tür. »Wenn Frauenkleider ebenso praktisch geschnitten wären wie Männerkleider, dann hätte ich nicht so lange gebraucht. Bei euren Sachen kommt man doch noch mit gebrochenen Armen an die Reißverschlüsse heran.« Sie blieb stehen und zupfte ein letztes Mal am kurzen Saum ihres Kleides herum. »Und? Nimmst du mich so mit?«
Statt etwas zu sagen, bedeutete er ihr, sich im Kreis zu drehen, und obgleich sie mit den Augen rollte, tat sie es.
Das Kleid war träger- und auch beinahe rückenlos, mit einem Rock, der kaum bis zur Mitte ihrer Schenkel ging. Es glitzerte in Bronze, Kupfer und Gold und schien bei jedem Atemzug seiner Trägerin Tausende strahlender Funken zu versprühen. Maggies Haar verströmte denselben schimmernden Glanz, so daß sie ihm wie eine schlanke, leuchtende Kerzenflamme erschien.
»Maggie. Du siehst einfach atemberaubend aus.«
»Die Näherin hat ziemlich mit dem Stoff gegeizt.«
»Ich bewundere ihre Sparsamkeit.«
Als er sie immer noch anstarrte wie vom Donner gerührt, zog sie spöttisch die Brauen hoch. »Hast du nicht gesagt, daß wir in Eile sind?«
»Ich habe es mir anders überlegt.«
Als er sich ihr näherte, zog sie ihre Brauen noch weiter hoch. »Ich warne dich. Wenn du mir dieses Kleid ausziehst, zwängst du mich auch wieder rein.«
»Auch wenn das Angebot durchaus verlockend klingt, fürchte ich, daß dieser Versuch noch warten muß. Ich habe ein Geschenk für dich, und offenbar hat mir das Schicksal die Hand geführt. Ich glaube, es paßt recht gut zu deinem Kleid.«
Er griff in die Tasche seiner Smokingjacke und zog eine schmale Samtschatulle heraus.
»Du hast mir doch schon ein Geschenk gemacht. Die riesige Flasche Parfüm.«
»Das war eher für mich.« Er beugte sich vor und sog den Duft ihrer Schulter ein. Es war, als hätte man das rauchige Parfüm speziell für sie kreiert. »Und das hier« – er hielt ihr die Schachtel hin – »ist eher für dich.«
»Nun, da es zu klein ist, um ein Anrufbeantworter zu sein, nehme ich es an.« Doch als sie den Deckel von der Schatulle nahme, erstarb ihr Kichern. Viereckige, flammende Rubine glitzerten neben weißglühenden Diamanten in einer dreireihigen, engen Kette, die mit schimmernden goldenen Spiralen zusammengehalten war. Dies war keine zarte Spielerei, sondern ein verwegener Blitz aus Farben, Hitze und Glas.
»Etwas zur Erinnerung an Paris«, sagte Rogan, während er das Schmuckstück aus der Schachtel nahm, so daß sich die Kette wie eine Kaskade aus Wasser und Blut über seine Finger ergoß.
»Diamanten, Rogan. Ich kann unmöglich Diamanten tragen.«
»Und ob du das kannst.« Er hob das Geschmeide an ihren
Hals und machte es fest. »Vielleicht nicht allein«, sagte er und sah sie an. »Diamanten allein sind kalt. Und das paßt nicht zu dir. Aber zusammen mit anderen Steinen…« Er trat einen Schritt zurück und unterzog sie einer eingehenden Musterung. »Ja, genau. Du siehst wie eine heidnische Göttin aus.«
Unweigerlich griff sie sich an den Hals und tastete vorsichtig an den Edelsteinen herum. Sie lagen warm auf ihrer Haut. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Sag einfach danke, Rogan. Die Kette ist wirklich schön.«
»Danke, Rogan.« Langsam breitete sich ein Lächeln auf ihren Zügen aus. »Aber die Kette ist mehr als schön. Sie ist einfach umwerfend.«
»Genau wie du.« Er beugte sich vor, küßte sie und tätschelte ihr liebevoll das Hinterteil. »Und jetzt los, sonst kommen wir tatsächlich noch zu spät. Wo ist deine Stola?«
»Ich habe keine.«
»Typisch«, murmelte er und zog sie in den Korridor hinaus.«
Maggie fand, daß sie ihre zweite Vernissage wesentlich gelassener als die erste bestritt. Ihr Magen zog sich nicht zusammen, und auch ihre Nerven flatterten weniger stark. Wenn sie ein- oder zweimal wehmütig daran dachte, dem Treiben zu entfliehen, so verbarg sie dieses Verlangen sehr gut.
Und wenn sie sich
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