Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
immer stehen geblieben sind, um meiner Mutter zu sagen, was für ein hübsches Kind Maura doch sei. Sie schenkten Maura Bonbons, streichelten ihr über die roten Locken und stellten ihr alle möglichen Fragen, die sie mit ihrem entzückenden Lispeln beantwortete. Ich dagegen war die Unscheinbare mit dem dünnen, glatten Haar, das sich immer wieder aus den Zöpfen löste, egal wie fest Mutter sie geflochten hatte. Mein Rocksaum war ständig schmutzig, weil ich so viel im Dreck herumtollte, und ich hatte keinerlei Interesse daran, mich mit fremden Leuten zu unterhalten. Manchmal bekam ich trotzdem Süßigkeiten, aber es fiel den Leuten meistens erst sehr spät ein.
Die Menschen mögen Maura, sie fühlen sich von ihrer lebhaften Art und ihrer Schönheit angezogen. So war es schon immer. Zu Hause in Chatham war es nicht so offensichtlich, aber jetzt komme ich mir wieder vor wie ein Kind, dem keine Beachtung geschenkt wird. Sollte ich nicht langsam darüber hinweg sein?
Am Fuße der Treppe bleibt Elena stehen. »Das war ja eine schöne Vorführung.«
Maura wirft ihr einen eisigen Blick zu. »Ich habe jedes einzelne Wort so gemeint.«
»Aber natürlich hast du das. Du bist in letzter Zeit sehr ehrgeizig.«
Ich bin erstaunt über die Verbitterung in Elenas Stimme. Es war doch ihr Ziel, uns drei davon zu überzeugen, der Schwesternschaft beizutreten. Deswegen wurde sie überhaupt nur nach Chatham geschickt. Sie müsste doch eigentlich begeistert sein.
Maura hebt eine Augenbraue. »Das klingt, als würde es dir missfallen.«
»Nein. Ich sehe nur nicht gerne mit an, wie du im Streben nach Beliebtheit jegliches Feingefühl vermissen lässt.«
Maura schnaubt. »Ich glaube kaum, dass ausgerechnet du mir einen Vortrag über Feingefühl halten solltest.«
Mit schwingenden Hüften läuft sie die Treppe hinauf, Tess folgt ihr.
Ich zögere, eine Hand auf dem Geländer. »Ich habe Maura und dich noch nie so streiten gehört.«
Elena zuckt mit den Schultern. »Sie hat mir eben immer noch nicht verziehen.«
Auf der untersten Stufe stehend bin ich größer als Elena. Ich hatte ganz vergessen, wie klein sie ist; sie wirkt gar nicht so. »Das kann ich gut verstehen. Du hast ja auch ganz schön mit ihren Gefühlen gespielt, um mich zu bekommen.«
»Ich habe es mir selbst auch nicht verziehen, falls das hilft.« Elena lässt den Blick auf die Bodendielen fallen. »Sei vorsichtig, Cate. Ich bin nicht die Einzige, auf die sie immer noch wütend ist.«
»Cate! Komm schon!«, ruft Maura im Befehlston von oben.
»Du solltest besser gehen. Sie wartet nicht gerne«, seufzt Elena.
»Du kommst nicht mit?« Die Elena, die ich vor einem Monat verlassen habe, hätte sich nur zu gerne in unser Gespräch eingemischt.
»Nein. Macht das mal lieber unter euch aus.«
Meine Schwestern führen mich zu ihrem Zimmer im zweiten Stock. Maura zieht die schweren grünen Vorhänge zurück und blickt hinaus auf den schneebedeckten Garten, während Tess ihren Koffer Stück für Stück zum Bücherregal zerrt. Dann kniet sie sich hin und entfernt die Satinfütterung am Boden, unter der ungefähr zwei Dutzend Bücher versteckt sind. Tess nimmt ein zerfleddertes Exemplar der Metamorphosen heraus und drückt es sich an die Brust.
»Ich konnte einfach nicht zulassen, dass sie von der Bruderschaft verbrannt werden«, sagt sie und erwidert mein Lächeln. Dann wühlt sie sich durch die restlichen Bücher und reicht mir Arabella, die Mutige und Wahrhaftige . »Das soll ich dir von Mrs Belastra geben.«
Ganz gerührt, dass Marianne an mich gedacht hat, blättere ich durch das Lieblingsbuch meiner Kindheit. Ich hoffe, dass ich es eines Tages wiedergutmachen kann, dass ich ihr zeigen kann, wie dankbar ich für das Opfer bin, das sie für Finn und mich gebracht hat, auch wenn es zu der Zeit überhaupt nicht so aussah. »Wie geht es Marianne?«
»Wusstest du, dass sie die meisten ihrer Bücher verbrannt haben?« Tess’ graue Augen blitzen empört auf. »Sie hatte ein paar Bücher zu Kunden wie Vater geschmuggelt, aber der Rest – sie haben ein riesiges Feuer direkt auf dem Marktplatz gemacht und die Bücher mit der Schubkarre hineingeworfen. Bruder Winfield hat sogar eine Rede darüber gehalten, wie wichtig es ist, unseren Geist gegen die heimtückische Sünde von Romanen zu schützen!«
»Das muss furchtbar für Marianne gewesen sein.« Und ihr Sohn war noch nicht einmal da, um sie zu trösten. Die Schuldgefühle nagen an mir.
»Der Rauch war kilometerweit zu
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