Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
Ordnung?«
Ich presse mir die Fingerspitzen an die Schläfen und massiere gegen die Kopfschmerzen an, die wieder schlimmer geworden sind. »Es geht mir gut. Ich war auf einer Heilmission dort. Schwester Cora wollte, dass ich mit Zara spreche, weil sie die Orakel studiert hat.«
»Zara ist unsere Patentante«, erklärt Maura den anderen, obwohl Zara in Wirklichkeit allein meine Patentante ist. »Sie ist eine mächtige Hexe und geniale Gelehrte.«
Gespannt beugt Alice sich vor und stützt die Ellbogen auf die Knie. Sie trägt heute ein purpurnes Samtkleid. »Was hat sie dir erzählt?«
Ich rufe mir Zara wieder ins Gedächtnis: dunkle Locken, verträumte Augen und das Goldmedaillon. »Sie ist ein bisschen durcheinander von dem Laudanum, aber ich habe sie dazu gebracht, mir von den zwei Seherinnen zu erzählen, die es vor Brenna gab. Die Brüder hielten sie in Harwood gefangen und folterten sie, um die Prophezeiungen aus ihnen herauszubekommen.«
»Sie haben sie gefoltert?«, flüstert Tess und zupft an ihren Spitzenmanschetten.
Ich nicke. Maura, Tess und ich sehen einander an, geeint in unserer Angst, und ich beschließe, die grausamen Details für mich zu behalten.
»Hast du irgendwelche Vorhersehungen gehabt? Hat Schwester Cora dich deswegen zu ihr geschickt?«, fragt Alice.
»Nein. Bisher nicht«, sage ich, und es kommt mir vor, als würde der gesamte Raum einen Seufzer der Enttäuschung ausstoßen. »Ich weiß nicht, warum – Brenna hatte schon mit fünfzehn ihre ersten Vorhersehungen, und Zara sagte, die anderen waren zwölf und vierzehn, als die Brüder sie fassten.«
»Vielleicht bist du einfach etwas spät in deiner Entwicklung«, sagt Alice mit einem vielsagenden Blick auf das schwarze Bombasinkleid, das meine flache Brust noch betont.
Wieder schießt mir das Blut in den Kopf. Die Tracht der Schwesternschaft ist nicht gerade vorteilhaft für mich. »Nun, ich wünschte auch, es würde möglichst bald passieren – wenn ich es denn bin. Es kommt mir vor, als würde ich darauf warten, vom Blitz erschlagen zu werden.«
»Wir dürfen die Hoffnung niemals aufgeben«, spottet Alice und schürzt die rosafarbenen Lippen.
Maura dreht sich zu ihr um. »So redest du gefälligst nicht mit meiner Schwester.«
Alice starrt sie an. »Wie bitte?«
»Du hast mich schon richtig verstanden.« Maura zeigt lächelnd die Zähne. »Wenn Cate die verkündete Seherin ist, dann ist sie die mächtigste Hexe in diesem Zimmer. Sie verdient deinen Respekt. Vergiss das nicht.«
Alice weicht zurück, so weit es auf dem Sofa geht. Es ist das erste Mal, dass ich sie eingeschüchtert erlebe, und ein Lächeln huscht mir übers Gesicht. Ich hätte gedacht, dass Maura wütend auf mich ist, nicht, dass sie mich verteidigt. Ich hatte ganz vergessen, wie entschieden sie zu mir stehen kann.
»Schließt du bereits neue Freundschaften, Maura?« Elena Robichaud gleitet in einem raschelnden Taftkleid an mir vorbei ins Zimmer. Ihre dunkle Haut hebt sich schimmernd von dem cremefarbenen Stoff ab. Sie ist wunderschön.
»Ich habe Cate gerade erzählt, wie einsam Tess und ich uns letzten Monat gefühlt hätten, wenn du nicht gewesen wärst«, sagt Maura kühl und vermittelt dabei genau das Gegenteil von dem, was sie sagt. Ihre Schultern sind starr, ihr Lächeln ist kalt.
Elena schenkt ihr gar keine Beachtung, sondern streicht sich bloß die dunklen Locken zurück. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sie für ebenso nervös halten wie Maura. »Hallo, Cate.«
Ich lächle sie gelassen an, obwohl ich ihr immer noch am liebsten den Hals umdrehen würde, weil sie meiner Schwester das Herz gebrochen hat. »Hallo.«
»Hilf uns doch beim Auspacken, Cate.« Maura erhebt sich und wirft den anderen Mädchen ihr bezauberndstes Lächeln zu, während sie mit Elena, Tess und mir auf den Flur hinausgeht. »Ich bin so froh, endlich hier zu sein. Ich hoffe, wir werden alle dicke Freundinnen.«
»Es besteht ja wohl kein Zweifel daran, wer die Familienschönheit ist«, sagt Vi laut genug, dass wir es noch hören können.
»Sie hat Schneid, das muss ich schon sagen«, stimmt Alice ihr zu.
Tess lässt ihre kleine Hand in die meine gleiten. »Hör nicht auf sie.«
»Ach, das tue ich nie.« Doch es schmerzt, wie schnell sie Maura akzeptiert haben. Sie hat es innerhalb von fünf Minuten geschafft, ihren Respekt zu gewinnen, was mir noch nicht einmal in einem Monat gelungen ist. Plötzlich fällt mir wieder ein, wie die Leute früher auf der Straße
Weitere Kostenlose Bücher