Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
Goldfassungen leuchten hell und gleichmäßig gegen die Dunkelheit draußen an.
»Haben Sie Neuigkeiten von Sachi?«, frage ich.
»Sie ist im Gefängnis und erwartet ihre Verhandlung, wie es sich gehört«, sagt Bruder Ishida mit ausdrucksloser Stimme, während er sich in den Sessel uns gegenüber setzt.
»Wie es sich gehört?«, wiederholt Rory.
»Ganz genau.« Er sieht sie mit seinen schwarzen Marmoraugen an. »Sie ist eine Hexe . Sie verdient, welche Strafe auch immer der Rat von New London für angemessen hält.«
»Wissen Sie, wann die Verhandlung sein wird?«, frage ich.
»Samstag«, antwortet er.
»Haben Sie sie besucht? Geht es ihr gut?«, fragt Rory.
Bruder Ishida trommelt mit den Fingern auf den Drachenkopf, der in seine Armlehne geschnitzt ist. »Ich habe sie nicht gesehen und habe es auch nicht vor.«
Damit habe ich gerechnet, doch seine Kälte erschüttert mich trotzdem.
»Und Sie können sie einfach so aus Ihrem Herzen schneiden?« Rory schnippt mit den Fingern.
Bruder Ishida sieht sie widerstrebend an. »Es war nicht einfach, aber es ist der Wille des Herrn. In dem Moment, als Sachiko zum ersten Mal Magie praktizierte, hat sie ihrer Familie und der guten Gesellschaft den Rücken gekehrt. Sie ist eine Schande für den Namen Ishida, und ich werde …«
»Aber sie ist immer noch Ihre Tochter«, sagt Rory mit gereizter Stimme. »Gibt es denn nichts, was Sie für sie tun können? Um ihr zu helfen?«
»Unterbrechen Sie mich nicht.« Bruder Ishida zerrt mit den fleischigen Fingern an seinem Kragen. »Es gibt nichts, was ich tun könnte, selbst wenn ich es wollte. Und ich will es nicht. Ich habe Sachikos Namen aus unserem Familienbuch getilgt. Ich habe keine Tochter mehr.«
Rory gibt ein ersticktes Lachen von sich. »Oh doch.«
Eine schwarze Haarsträhne fällt Ishida in die Stirn, als er den Kopf schüttelt. »Nein. Ich habe Sachiko verstoßen. Es ist meine Pflicht …«
»Ich meine nicht Sachi«, sagt Rory leise. »Ich meine mich. Ich bin Ihre Tochter.«
Bruder Ishida erstarrt und blickt zu mir herüber. »Das ist lächerlich.«
»Ist es nicht. Sie haben meiner Mutter Geld gegeben, damit sie den Mund hält.« Rory sieht ihn herausfordernd an. »Ich bin Ihre Tochter.«
Bruder Ishida erhebt sich. Sein Gesicht ist rot vor Zorn, als er zu mir sagt: »Lydia Elliott ist eine gemeine Schlampe. Sie könnte mit einem halben Dutzend Männern verkehrt haben. Schwester Catherine, ich bitte Sie, nicht auf diesen Uninn zu hören.«
»Ist es denn Unsinn?«, frage ich mit im Schoß gefalteten Händen. »Es kursieren … Gerüchte, die das Gegenteil behaupten.«
»Das ist nichts weiter als böswilliger Tratsch!« Er wendet sich an Rory. An seiner Stirn ist eine Ader hervorgetreten. »Wie können Sie es wagen, hierherzukommen und sich am Kummer eines Vaters zu weiden? Was für ein intrigantes Mädchen Sie sind. Vielleicht wussten Sie ja, dass meine Tochter eine Hexe ist – haben sie sogar darin bestärkt und dachten, Sie könnten sich an ihre Stelle setzen. Als ob eine Person wie Sie jemals meine Sachiko ersetzen könnte! Sie hatten ihre Freundschaft noch nie verdient. Vielleicht waren Sie sogar diejenige, die sie überhaupt auf diesen gottlosen Weg gebracht hat!«
Rory zuckt noch nicht einmal mit der Wimper, obwohl er ihr praktisch direkt ins Gesicht schreit. »Wenn sie jemand zur Hexe gemacht hat, dann Sie. Ihre Großmutter war eine Hexe.«
Bruder Ishida packt Rory am Arm und zieht sie hoch. Davon wird sie sicher einen blauen Fleck bekommen. »Das ist Unsinn. Ich verbiete Ihnen, das zu wiederholen.«
»Was macht das schon für einen Unterschied?«, fährt Rory ihn an. »Sachi wird nach Harwood verbannt werden. Sie werden keine Enkelkinder bekommen. Ihre Blutlinie ist zu Ende – es sei denn, Sie haben noch einen anderen Bastard irgendwo.«
Bruder Ishida schlägt Rory so heftig ins Gesicht, dass sie aufs Sofa fällt und ihr Kopf beinah in meinem Schoß landet. Dabei ist sie gar nicht so klein wie Sachi. Er muss richtig kräftig zugeschlagen haben.
»Wie können Sie es wagen, so mit mir zu sprechen!«, brüllt er, und der Speichel fliegt ihm aus dem Mund. »Ich sollte Sie für Ihre Unverschämtheit verhaften lassen.«
Rory fasst sich an die Wange. »Sie haben nicht einen Funken väterliche Gefühle, oder?«
Ich stehe auf. »Rory ist jetzt eine Novizin der Schwesternschaft. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie davon absehen würden, Ihre Hand gegen sie zu erheben.« Meine eigene Kühnheit
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