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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elia Barceló
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franquistischer Familien, was in jener Zeit viel heißen wollte, denn Sie müssen bedenken, dass es bis zu Francos Tod noch zwei Jahre hin war. Trotzdem verstanden wir uns gut. Wir hatten gerade unser Abitur gemacht und eine Menge Pläne für die Zukunft: Wir wollten alle in Valencia studieren und für immer Freundinnen bleiben. In unserer Klasse war auch ein Mädchen, das wir alle verabscheuten, und wenn ich sage alle, dann meine ich nicht nur uns sieben, sondern wirklich alle, einschließlich der Lehrer. Mati – Matilde Ortega Navarro – war das schändlichste Wesen auf der Welt, das sage ich einfach so, wie ich es empfinde.«
    Verblüfft sahen die Polizeibeamten Teresa und Rita stumm nicken.
    »Sie war rundum widerwärtig, ihre Stimme, ihr hinterhältiges Grinsen, ihr Blick, ihr Äußeres …, aber das Schlimmste war, dass sie eine Erpresserin war, eine Erpresserin ersten Ranges. Sie war ständig damit beschäftigt, die Geheimnisse anderer zu ergründen, und die schrieb sie vor aller Augen in ein Heft, das sie immer bei sich trug. Später setzte sie dieses Wissen in Geldforderungen um, verlangte kleine Gefälligkeiten, manchmal Geschenke oder dass man sie bei Klassenarbeiten abschreiben ließ … solche Sachen. Es war ekelhaft. Wir wussten es alle, denn jede von uns wurde irgendwann ihr Opfer, doch sprachen wir nicht viel darüber, weil ja dagegen schlicht nichts zu machen war.«
    »Aber … was für Geheimnisse sollen siebzehnjährige Mädchen denn schon haben?«, fragte David.
    »Heute würde dir das eine oder andere sicherlich unbedeutend vorkommen, und in den meisten Fällen wusste ja keine von den Geheimnissen der anderen, mit Ausnahme von Rita vielleicht, der immer alle ihre Kümmernisse und intimsten Probleme erzählt haben.«
    »Kannst du uns ein Beispiel nennen?«, hakte er nach.
    Rita hob die Hand und bat um das Wort.
    »Wenn es Ihnen recht ist – schließlich ist seither viel Zeit vergangen, und immerhin handelt es sich, wie Candela ja schon gesagt hat, um sehr persönliche Angelegenheiten –, kann ich Ihnen etwas über eine Frau erzählen, die bereits verstorben ist und auch von Mati erpresst wurde. Das weiß ich, weil die Betreffende es mir voller Verzweiflung selbst erzählt hat.« Machado bedeutete ihr fortzufahren. Candela und Teresa richteten sich leicht auf und hingen gespannt an ihren Lippen. »Doña Bárbara, unsere Literaturlehrerin, hatte einen Liebhaber, mit dem sie sich einmal in der Woche traf. Ich, das gebe ich zu, deckte sie, indem ich sagte, ich ginge mit ihr ins Theater oder ins Kino. Mati fand es heraus, und von diesem Moment an lieferte sie keine einzige Arbeit mehr ab und nahm an keiner Prüfung mehr teil, bekam aber trotzdem immer die erforderlichen guten Noten, um ein Stipendium für ihr Universitätsstudium beantragen zu können.«
    »Der Preis für ihr Stillschweigen«, sagte Machado.
    »Der Preis dafür, dass sie Doña Bárbaras Ehemann nicht einweihte, ja. Als Doña Bárbara es mir erzählte, schon gegen Ende des Schuljahres, wollte Mati Geld von ihr, um für ein paar Tage in Valencia auf Wohnungssuche zu gehen. Ob sie es ihr letztlich gegeben hat oder nicht, weiß ich nicht mehr.«
    »Und das Gleiche hat sie mit euch allen gemacht, nehme ich an«, sagte David.
    Candela streckte die Hand nach dem Nachttisch aus und ließ sie wieder fallen.
    »Marga, gib ihnen bitte das Heft aus der Schublade.«
    Rita holte ein Ringbuch mit schwarzem Einband heraus und überreichte es den Polizisten. Hinterher wischte sie sich unwillkürlich die Hand an ihrer Hose ab.
    »Da steht alles drin. Seien Sie so gut, und respektieren Sie, so weit möglich, die Intimsphäre dieser Mädchen, die wir einmal waren.«
    Die beiden Polizisten rückten ihre Stühle dicht nebeneinander, steckten die Köpfe zusammen und begannen zu blättern, während Candela ihnen berichtete, wie sie in den Besitz des Heftes gelangt war.
    »An einer Stelle werden Sie eine sehr eindeutige Notiz finden, die sich auf mich bezieht.«
    Nachdem David noch einige weitere Seiten umgewendet hatte, stieß er auf etwas und zeigte es überrascht Candela.
    »Diese hier?«
    »Genau die.« Candela schloss einen Moment die Augen.
    »›Candela ist eine Lesbe‹«, las Machado. »Stimmt das?«
    »Klar«, erwiderte sie mit einem kleinen Lächeln. »Wenn nicht, womit hätte das Miststück mich sonst erpressen sollen?«
    »Candela!«, entfuhr es Teresa. »Du bist dein Leben lang lesbisch gewesen und hast uns nie etwas davon gesagt? Und

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