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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: barcelo
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Don Telmo.
    »Von dir hätte ich das niemals erwartet, Tere«, zischt der Direktor, als sie hinausgeht.
    Tere sieht ihm in die Augen und schlendert seelenruhig weiter, ohne sich umzudrehen.
    Sobald sie im Vorraum sind, schickt der Direktor die Jungen schnurstracks zum Bus und befiehlt seiner Frau, die soeben hinzukommt: »Hinterlasse Javier und Marisa eine Nachricht. Ich habe keine Lust, sie zu suchen. Wir sehen uns morgen um zwölf in unserem Hotel. Das werdet ihr mir büßen!«, brüllt er die Nachzügler an.
    »Telmo, um Himmels willen, reiß dich zusammen!«
    »Einen Teufel werde ich tun! Begreifst du denn nicht, du Rindvieh? Unsere Schülerinnen sind alle Nutten!«
    »Die Jungs haben doch vermutlich das Gleiche getan«, entgegnet sie aufgebracht.
    »Männer sind Männer, kapiert? Los! Zum Hotel! Und kein Wort mehr, sonst setzt es was!«
    »Was denn?«
    Telmo schlägt seiner Frau so hart ins Gesicht, dass sie zu Boden fällt. Als sie sich wieder aufgerappelt hat, blutet sie aus dem Mund.
    »Das«, sagt er, bereits im Hinausgehen.
     

2007
     
    In Tante Doras dämmrigem Schlafzimmer richtet Rita sich auf, lehnt sich an das hölzerne Kopfteil und zündet sich eine Zigarette an, die köstlich schmeckt, während der Schweiß auf ihrer Haut verdunstet und ein angenehm kühles Gefühl hinterlässt. Das Zimmer, das nach Westen geht und jetzt in pfirsichfarbenes Licht getaucht ist, ist ein Backofen, doch sie empfindet einen solchen inneren Frieden, dass die Hitze sie nicht stört, wie auch die starr lächelnden Fotografien auf dem Toilettentisch sie nicht stören oder die Trockenblumengestecke auf dem Tisch oder die Porzellanfigürchen zwischen den silbernen Pillendöschen, die ihre Tante ihr Leben lang gesammelt hat, oder der Staub, der über alldem liegt.
    Quer auf dem Bett, einen Arm über den Augen und sanft atmend, liegt neben ihr Candela. Auch sie empfindet Frieden. Es würde ihr nichts ausmachen, in diesem Moment zu sterben, so, erfüllt, nach dem Liebesakt mit der einzigen Person auf der Welt, die sie liebt und endlich zurückgewonnen hat; sie spürt ihre Nähe, den Geruch ihrer Zigarette und ihrer verschwitzten Körper; sie fühlt sich, als schwebte sie im orangefarbenen Licht des verbotenen Zimmers, das vollgestopft ist mit Gerümpel aus anderen Zeiten, anderen Leben. Sie würde sich jetzt gern fallen lassen, die Augen schließen und in Margas Armen sterben, als hätte es zwischen diesem Moment und dem nächtlichen Bad auf Mallorca nichts gegeben. Und zugleich, wohl wissend, dass ihr nur noch wenige, sehr wenige solcher Augenblicke vergönnt sein werden, wünscht sie sich, es möge noch nicht zu Ende sein und weitere Liebkosungen geben, Blicke, Lächeln, unmögliche Pläne, Träume von einer Zukunft, die sie nicht mehr erleben wird.
    Zumindest hat sie erreicht, wonach sie sich ihr Leben lang gesehnt hat. Und wenn sie aufpasst, wenn sie es jetzt nicht verdirbt, dann schafft sie es vielleicht auch, dass Marga sie bis zum letzten Atemzug begleitet, dass es Margas Hand ist, die die ihre hält, dass Margas Augen das Letzte sind, was sie sieht, bevor sie im ewigen Schlaf versinkt.
    Träge kreist die entscheidende Frage in ihr: Soll sie es ihr sagen? Soll sie Marga sagen, dass es keine Zukunft gibt, dass diese paar Stunden alles sind, was sie noch hat, dass sie das größtmögliche Opfer bringen wird, damit Marga, wenigstens sie, für immer gerettet ist?
    Unwillkürlich atmet sie schneller, hält die Augen fest geschlossen und schlägt sich den Gedanken aus dem Kopf. Alles wird seinen Gang gehen, sagt sie sich, alles soll seinen Gang gehen. Dies ist die Gegenwart: das Licht der Nachmittagssonne, die Sommerhitze, das blöde Summen der Fliege an der Fensterscheibe, der Geruch nach Tabakrauch … Alles hat sich gelohnt, um dieses Jetzt zu erlangen.
    Rita sieht, wie sich Candelas Brust hebt und senkt, und eine Woge der Zärtlichkeit und Trauer um all die verlorene Zeit steigt in ihr auf. Das rosige Abendlicht beleuchtet Candelas nackten Körper, und für einen Augenblick kommt es Rita so vor, als wären diese dreißig Jahre nicht vergangen, als müssten sie gleich lachend aufspringen, sich hübsch machen und hinausgehen in die violette Nacht von Mallorca, deren Verheißungen sich dieses Mal erfüllen würden. Sie stellt sich vor, sie wären in einer fernen, sehr fernen Bucht, an einem Strand mit Kokospalmen und blättergedeckten Hütten vor einem strahlend blauen Meer, und würden wieder in Mondsilber baden, nur sie

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