Tödlich ist die Nacht
bescheuert.«
Parker legte einen Arm um sie. Sie seufzte leise und ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken.
»Da kann ich dir nicht widersprechen«, murmelte er. »Egal, wie skrupellos, wie schuldig ein Verbrecher auch sein mag, es gibt immer Leute, die davon nichts hören wollen.«
»Sag ich doch. Und das sind die gleichen Leute, die dann auf der Geschworenenbank sitzen. Es wird damit enden, dass Cole der Ted Bundy des neuen Jahrtausends ist und irgendeine minderbemittelte Frau ihn während des Prozesses aus dem Zeugenstand heraus heiratet.«
Rob Cole war Parker im Grunde völlig egal. L.A. war nun einmal eine Stadt, in der man als Erstes fragte »Was hast du in letzter Zeit für mich getan?«, und abgesehen davon, dass Cole ein Mord zur Last gelegt wurde, hatte er in den letzten zehn Jahren nichts Bemerkenswertes vollbracht. Eine Produktion nach der anderen war geplatzt. Aus den anfänglichen Hauptrollen waren immer unbedeutendere Gastrollen in Fernsehserien geworden, und es gab eine Reihe belangloser Filme der Woche für Sender wie Lifetime und USA.
Parkers Interesse galt den Archivaufnahmen, die zeigten, wie Cole von einigen der tollen Jungs aus dem Raub- und Morddezernat ins Parker Center gebracht wurde, darunter Bradley Kyle und sein Kumpel Moose. Cole, außer sich vor Wut, mit rotem Gesicht und hervortretenden Augen, im krassen Gegensatz dazu sein albernes Bowlinghemd im Stil der Fünfziger; die Jungs vom Raub und Mord mit undurchdringlicher Miene in korrekten Anzügen und Krawatten, die Augen hinter Sonnenbrillen mit verspiegelten Gläsern verborgen. Jeder in seinem Kostüm und seine Rolle bis zum bitteren Ende durchhaltend.
»Warum waren eigentlich Kyle und der Fleischberg heute Abend da?«, erkundigte sich Diane.
Parker zuckte mit den Schultern, als sei es ihm egal. »Keine Ahnung. Ich hab sie nicht eingeladen.«
»Glaubst du, dass der Tote die Finger in irgendeiner großen Sache hatte?«
»Die Lenny Lowells dieser Welt sind die Lenny Lowells dieser Welt, weil sie es nicht einmal dann schaffen, irgendeine große Sache an Land zu ziehen, wenn sie darüber stolpern oder mit der Nase darauf gestoßen werden.«
»Er ist aber über etwas gestolpert. Und es hat ihn das Leben gekostet. Irgendetwas, das genug stinkt, damit die Jungs vom Parker Center auftauchen und herumschnüffeln.«
»Es ist so lange mein Fall, bis mir mein Captain sagt, dass er es nicht ist«, sagte Parker. »Dann räume ich das Feld.«
Diane lachte, ein kehliges, erotisches Lachen, das ihre Schultern beben ließ. »Du Lügner. Du hättest Bradley am liebsten vertrieben wie ein Löwe, der seine Beute verteidigt.«
»Ich kann den Kerl nun mal nicht ausstehen.«
»Das ist dein gutes Recht. Er ist ein Idiot. Ich kann ihn auch nicht leiden. Niemand kann ihn leiden. Ich wette, schon seine Mutter konnte ihn nicht leiden, als sie ihn noch im Bauch trug«, sagte sie. »Aber darum geht es nicht. Ich begreife einfach nicht, wieso sich das Raub- und Morddezernat für den Mord an einem so kleinen Fisch interessiert.«
»Ich weiß es nicht«, sagte Parker, während der Nachrichtensprecher der Story über Cole eine Story über den reißenden Absatz folgen ließ, den in Los Angeles plötzlich alte Bowlinghemden fanden. »Aber ich werde es herausfinden. Morgen früh mache ich mich auf die Suche nach diesem Fahrradkurier.«
8
Chinatown in L.A. ist nicht dasselbe wie Chinatown in San Francisco. Hier gibt es keine hübschen Cable Cars. Die Läden, in denen billige Souvenirs und nachgemachte Designerhandtaschen verkauft werden, sind dünner gesät und machen bei weitem nicht die wichtigste Einkommensquelle der Bewohner aus.
Das Chinesenviertel von L.A. war die erste moderne amerikanische Chinatown, die im Besitz der Chinesen war und von ihnen geplant worden war, Heimat für mehr als fünfzehntausend Menschen asiatischer Herkunft. In den letzten paar Jahren hatte sie Künstler und gut verdienende junge Leute jeder Hautfarbe angezogen und war zu einer angesagten Adresse geworden.
Die Chinatown von L.A. ist Nährboden für eine avantgardistische Mischung von Leuten, die dort wohnen und arbeiten. Die Straßen sind gesäumt von Fleischereien, in deren Schaufenstern Enten baumeln, Fischmärkten, auf denen die Händler mit rasierklingenscharfen Messern hantieren und Geschäften, in denen man Kräuter und andere Heilmittel kaufen kann, die die Chinesen seit Tausenden von Jahren verwenden. Die Schilder in den Schaufenstern sind chinesisch beschriftet.
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