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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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chinesischen Imbiss gefolgt war und ihm Flüche entgegengeschleudert hatte, während er ihn am Kragen gepackt hielt und mit seiner Kette aus Hühnerknochen und – krallen und weiß Gott was vor dessen Gesicht herumfuchtelte.
    Das war allerdings nur ein Trick, sich die Leute vom Hals zu halten. Eta wusste zufällig, dass sein richtiger Name Maurice war und dass er Gedichte las und in einem Jazzclub in West
    L.A. auf Jamsessions Tenorsaxophon spielte.
    Sie nippte an ihrem Kaffee und sah sich um, ob nicht noch weitere ihrer »Kinder« hier waren. Gemma, ein Mädchen mit roten Haaren, Radlerhose und einem engen, knallbunten Oberteil, sog an dem Strohhalm, der in einer XXL-Cola steckte, und blätterte dabei die LA Weekly durch. Sie legte gerade eine einjährige Pause in ihrem Studium ein, weil sie sich ein bisschen Geld verdienen und das Großstadtleben ausprobieren wollte.
    Durch das Fenster konnte Eta Preacher John sehen, der auf dem Bürgersteig auf und ab schritt und die erste Predigt des heutigen Tages hielt. Mojo tat gerne so, als sei er verrückt, Preacher John dagegen war es, aber irgendwie schaffte er es, seine Aufträge auszuführen. Da musste Gott seine Finger im Spiel haben, dachte Eta. Solange er seine Medikamente schluckte, funktionierte er. Setzte er sie ab, verschwand er regelmäßig für ein paar Wochen. Rocco, der Boss, behielt John, weil er ein Neffe oder so was war und die Familie auf diese Weise ein Auge auf ihn haben konnte.
    Eta brachte ihren Abfall weg und ging wieder hinaus in die frühmorgendliche Dämmerung. Preacher John kam auf sie zu, fuchtelte mit seiner zerlesenen Bibel in der Luft herum und rief: »Schwester! Schwester!«
    »Komm mir bloß nicht mit dem Scheiß von diesem Weib von Hebron!«, warnte ihn Eta und hielt abwehrend eine Hand hoch. »Ich bin eine gottesfürchtige Christin und besuche regelmäßig die Kirche, John Remko.«
    Er blieb stehen und legte seinen Kopf schief, immerhin schlau genug, um den Naiven zu spielen: »Eta! Königin von Afrika!«
    »Von wegen Königin«, blaffte sie ihn an. »Nimm du gefälligst deine Glückspillen, Herzchen, und beweg deinen Hintern ins Büro.«
    Sie schüttelte den Kopf, während sie zu ihrem Minivan ging, und murmelte: »Warum der Junge nicht schon längst von einem Auto auf die Hörner genommen wurde, weiß allein der Himmel.«
    Sie hievte sich auf den Fahrersitz und wollte gerade den Schlüssel ins Zündschloss stecken, als plötzlich eine Hand wie aus dem Nichts nach vorne schoss und sich über ihren Mund legte.
    »Nicht schreien.«
    Den Teufel werde ich tun , dachte sie und warf sich nach vorne, um sich aus der Umklammerung zu befreien. Ihre Augen gingen zum Rückspiegel. Sie wollte einen Blick auf sein Gesicht werfen, damit sie es der Polizei beschreiben konnte, bevor sie ihm seine hässliche Nase brach.
    »Ich bin's.«
    Die Hand ließ sie los und augenblicklich wich mit einem tiefen Atemzug die Spannung von ihr.
    »Junge, du hast mich zu Tode erschreckt!«, fuhr sie ihn an, ohne ihre Augen vom Rückspiegel zu wenden.
    »Tut mir Leid«, sagte Jace. »Ich wusste, dass du dich nicht einfach ruhig verhalten würdest. Und wenn du geschrien hättest, hättest du vielleicht jemanden angelockt. Einen Cop zum Beispiel.«
    Eta drehte sich um und blickte den Jungen, der sich auf dem Boden hinter dem Fahrersitz zusammengekauert hatte, finster an. Denn es war ein Junge. Er behauptete zwar, er wäre einundzwanzig, aber sie glaubte ihm nicht. Immer wenn sie in sein hübsches Gesicht sah, dachte sie, dass er noch ein Junge war.
    »Und warum willst du nicht, dass dich die Cops sehen?«, fragte sie, während sie die Kratzer und Schnitte in seinem Gesicht musterte. »Wo bist du denn reingeraten, Lone Ranger?«
    »Bei der letzten Tour gestern Abend hat jemand versucht, mich über den Haufen zu fahren.«
    »Kaum regnet es mal, fangen die Leute an, Amok zu laufen.«
    »Hast du in den Nachrichten irgendetwas über Lenny Lowell, den Anwalt, gehört?«
    »Ich sehe mir die Nachrichten nicht mehr an, die bringen ja doch immer nur Sachen, von denen man Depressionen kriegt. Wer ist dieser Lenny Dings?«
    »Knete«, sagte Jace. »Meine letzte Fahrt. Der Anwalt.«
    »Ja, jetzt erinnere ich mich. Was ist mit ihm?«
    Er warf einen zusammengefalteten Teil der Times auf den Beifahrersitz. »Da steht's drin. Jemand hat ihn gestern Abend umgebracht. Nachdem ich die Sendung abgeholt hatte.«
    Eta starrte ihn an. Dieser Junge würde genauso wenig einen Menschen umbringen wie

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