Tödlich ist die Nacht
ihre Mutter aufstehen und Boogie-Woogie tanzen würde. Aber er hatte Angst vor den Cops und jemand war umgebracht worden.
»Die Cops suchen nach mir«, sagte er. »Ich war möglicherweise der Letzte, der den Typen lebend gesehen hat – außer demjenigen natürlich, der ihn umgebracht hat.«
»Dann erzähl ihnen doch, was du weißt«, sagte Eta.
»Nein. Ich werde garantiert nicht zu den Cops gehen. Ich war gestern Abend in seiner Kanzlei. Ich habe alle möglichen Sachen dort angefasst, die werden meine Fingerabdrücke finden. Dann behalten sie mich da, vergleichen meine Fingerabdrücke… Damit wäre die Sache für sie doch gegessen. Nein danke.«
»Aber, Herzchen, jemand hat versucht, dich umzubringen«, wandte Eta vernünftig ein.
Jace sah sie zweifelnd an. »Denkst du vielleicht, die würden mir glauben? Ich kann es nicht beweisen. Es gibt keine Zeugen.«
»Herzchen, hast du heute vielleicht schon mal in den Spiegel gesehen?«
»Das macht mich doch nur umso verdächtiger. Es gab einen Kampf. Du musst mir helfen, Eta. Die Cops werden früher oder später bei Speed auftauchen. Sie werden eine Menge Fragen stellen.«
»Du erwartest von mir, dass ich die Polizei anlüge?«, fragte sie und runzelte die Stirn. »Das ist nicht gut, mein Sohn. Wenn du nichts zu verbergen hast, dann solltest du dich auch nicht verstecken. Ich kannte früher eine Menge Cops, eine Menge Leute im Morddezernat. Wenn die erst einmal die Fährte aufgenommen haben, lassen sie nicht mehr locker. Und je schwerer du es ihnen machst, desto schwerer werden sie es dir machen.«
»Eta, bitte. Du musst sie ja nicht anlügen. Du – du sollst sie nur hinhalten.«
Der Junge hatte die strahlendsten, blausten Augen, die sie jemals gesehen hatte. Und jetzt stand nichts als Angst in ihnen.
Er legte seine Hand auf ihren Arm. »Sag ihnen nur, dass du nichts über mich weißt.«
Ich weiß ja auch tatsächlich nichts über dich, dachte sie. Sie kannte ihn seit zwei Jahren, und in dieser Zeit hatte sie nichts über ihn erfahren. Sie wusste nicht, ob er eine Familie hatte, wusste nicht, wo er wohnte, wusste nicht, was er machte, wenn er nicht gerade für Speed unterwegs war. Er war ihr ein Rätsel. Er war nicht ungesellig, nur zurückhaltend. Er war nicht introvertiert, er beobachtete. Sollte er eine feste Freundin haben, dann wusste keiner etwas davon. Er lachte über einen Scherz, hatte ein Lächeln, mit dem er die Herzen zum Schmelzen bringen konnte, aber die meiste Zeit wirkte er, nun ja, vorsichtig. Nicht gerade
misstrauisch, aber eben auch nicht besonders zugänglich.
Eta seufzte. »Was hast du vor, J. C.? Willst du abhauen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte er.
»Überleg dir das gut. Wenn du abhaust, dann garantiere ich dir, dass sie dir die Sache anhängen werden. Und dann? Willst du etwa für den Rest deines Lebens auf der Flucht sein?«
Er schloss die Augen, holte tief Luft, bis der Schmerz in seinen Rippen ihn zusammenzucken ließ, dann seufzte er. »Ich werde es mir überlegen. Irgendetwas wird mir schon einfallen. Ich brauche nur ein bisschen Zeit.«
Eta schüttelte traurig den Kopf. »Du lässt einfach nicht zu, dass man dir hilft.«
»Ich bitte dich doch um Hilfe. Ernsthaft.«
»Was brauchst du? Einen Platz, wo du unterkommen kannst?«
»Nein. Danke, Eta.« Er wandte seinen Blick ab, er schämte sich. »Wenn du mir einen Vorschuss geben könntest… Du kennst mich, du weißt, dass du es zurückbekommst.«
»Ich kenne dich nicht, Jace«, sagte sie und ließ den Motor an. »Ich hab Geld in unserem Safe im Büro.«
»Ich kann da nicht hin.«
»Lass deinen knochigen Hintern dort, wo er ist. Ich parke am Hintereingang und bringe dir das Geld raus.«
»Was ist, wenn die Cops das Büro beobachten?«
»Wofür hältst du mich eigentlich? Herzchen, ich hab mehr über die Cops vergessen, als du jemals wissen wirst.«
Das glaubte sie zumindest. Plötzlich wünschte sie sich, sie könnte ihm Fragen über ihn und sein Leben stellen, aber sie ahnte, dass sie keine Antworten bekommen würde. »Baby, dieser tote Anwalt war nicht der heimliche König der Unterwelt. Er hat nicht von einer heruntergekommenen Kanzlei in einer miesen Gegend aus die Mafia kontrolliert. Er ist das Geld nicht wert, das es den Steuerzahler kosten würde, jeden Kurierdienst in L.A. unter Beobachtung zu stellen. Zuerst mal müssen sie rauskriegen, wer den Auftrag übernommen hat. Es sei denn, der Typ gehörte zu denen, die ständig darüber Buch führen, wer, wann,
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