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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Hintergrund. Sie ist rein persönlich. Zu Ihren politischen Feinden gehört irgendein Sojabohnenanbauer in North Dakota, den Sie durch Subventionskürzungen um ein paar Dollar pro Woche ärmer gemacht haben. Oder irgendein aufgeblasener alter Senator, dem Sie einmal bei einer Abstimmung die Gefolgschaft verweigert haben. Der Farmer könnte im Wahllokal einen anderen Kandidaten wählen und der Senator auf seine Chance lauern, Ihnen bei einer wichtigen Abstimmung in den Rücken zu fallen, aber keiner der beiden würde tun, was diese Männer machen.«
    Armstrong schwieg.
    »Ich bin kein Dummkopf«, sagte Reacher. »Sondern ein zorniger Mann, der zusehen musste, wie eine Frau, die er gern hatte, verblutet ist.«
    »Ich bin auch kein Dummkopf«, warf Armstrong ein.
    »Ich glaube schon. Aus Ihrer Vergangenheit taucht etwas auf, und Sie denken, Sie könnten es einfach ignorieren und aufs Beste hoffen? Ist Ihnen nicht klar gewesen, was passieren würde? Leuten wie Ihnen fehlt die Perspektive. Sie haben sich für weltbekannt gehalten, nur weil Sie erst Abgeordneter und dann Senator waren? Nun, das waren Sie nicht. Gewöhnliche Menschen hatten niemals etwas von Ihnen gehört, bis Sie diesen Sommer in den Wahlkampf eingestiegen sind. Sie haben geglaubt, Ihre kleinen Geheimnisse seien längst bekannt? Nun, auch das war ein Irrtum.«
    Armstrong sagte nichts.
    »Was haben Sie verheimlicht?«, fragte Reacher.
    Armstrong zuckte mit den Schultern. »Was vermuten Sie?«
    Reacher dachte nach.
    »Ich vermute, dass Sie jähzornig sind«, sagte er. »Genau wie Ihr Vater. Ich glaube, dass in der Zeit, bevor Sie gelernt haben, sich zu beherrschen, andere Leute darunter gelitten haben. Manche haben das vielleicht vergessen, andere jedoch nicht. Ich glaube, dass zum Leben eines ganz bestimmten Menschen die Erfahrung gehört, dass ihm jemand einmal etwas angetan hat. Ihn selbst oder seinen Stolz verletzt oder ihm sonst irgendwie ernstlichen Schaden zugefügt hat. Ich glaube, dass der Betreffende diese Erfahrung verdrängt hat – bis er eines Tages den Fernseher eingeschaltet und zum ersten Mal seit dreißig Jahren wieder Ihr Gesicht gesehen hat.«
    Armstrong saß einen langen Augenblick unbeweglich da.
    »Wie weit ist das FBI in dieser Sache mit seinen Ermittlungen?«, fragte er.
    »Es ist auf der völlig falschen Fährte. Es fahndet nach Leuten, die nicht existieren. Wir sind ihm weit voraus.«
    »Und was haben Sie vor?«
    »Ich werde Ihnen helfen«, antwortete Reacher. »Nicht dass Sie das irgendwie verdient hätten. Es ist nur so, dass ich für einige Leute Partei ergreife: für Nendick und seine Frau, einen alten Mann namens Andretti, zwei Männer namens Armstrong und Crosetti und vor allem für Froelich, die die Freundin meines Bruders war.«
    Danach herrschte Schweigen.
    »Bleibt die Sache vertraulich?«, fragte Armstrong.
    Reacher nickte. »Das muss sie. Allein aus eigenem Interesse.«
    »Das klingt so, als hätten Sie vor, schwer wiegende Maßnahmen zu ergreifen.«
    »Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich die Finger.«
    »Das ist das Gesetz des Dschungels.«
    »Wo zum Teufel leben Sie Ihrer Meinung nach sonst?«
    Armstrong überlegte eine Weile.
    »Sie werden also mein Geheimnis kennen – und ich Ihres«, sagte er dann.
    Reacher nickte. »Und so leben wir glücklich und zufrieden bis an unser seliges Ende.«
    Danach herrschte wieder langes Schweigen. Reacher sah, wie Armstrong der Politiker verblasste und zu Armstrong dem Privatmann wurde.
    »Sie haben in den meisten Punkten Unrecht«, sagte er, »aber nicht in allen.«
    Armstrong zog eine Schublade auf, nahm einen Luftpolsterumschlag heraus und warf ihn auf den Schreibtisch. Er rutschte über das polierte Holz und blieb wenige Zentimeter vom Rand entfernt liegen.
    »Das hier dürfte als erste Message zählen«, sagte er. »Es ist am Wahltag angekommen. Ich vermute, dass der Secret Service darüber gerätselt, aber nichts Verdächtiges daran gefunden hat. Also hat er die Sendung weitergeleitet.«
    Der Luftpolsterumschlag war ein Standardprodukt aus dem Bürowarenhandel, adressiert an Brook Armstrong, United States Senate, Washington, D. C. Die Anschrift auf dem Selbstklebeetikett war in der vertrauten Computerschrift gedruckt: Times New Roman, vierzehn Punkte, fett. Diese Sendung war am achtundzwanzigsten Oktober irgendwo in Utah aufgegeben worden. Die Umschlagklappe sah aus, als wäre sie schon mehrmals geöffnet und wieder zugedrückt worden. Reacher zog sie auf und warf einen

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