Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
gerahmten Bildern in unterschiedlichen Größen. Auf dem hochflorigen Teppichboden lagen Läufer. In einer Ecke stand ein abgenutzter Rollenkoffer, vermutlich für den überstürzten Flug nach Oregon gepackt.
    »Kommen Sie bitte mit«, forderte einer der Agenten sie auf.
    Er führte sie durch einen Flur in eine riesige Wohnküche, die gut in ein Blockhaus gepasst hätte. Sie war ganz in Kiefernholz gehalten – mit einem großen Tisch an einem Ende und Herd und Kühlschrank am anderen. Hier roch es nach gutem Kaffee. Armstrong und seine Frau saßen mit Porzellanbechern und vier verschiedenen Zeitungen am Küchentisch. Mrs. Armstrong trug einen Jogginganzug und wirkte leicht erhitzt, als hätte sie sich sportlich betätigt. Vielleicht gab es einen Fitnessraum im Keller. Sie sah nicht so aus, als würde sie ihren Mann nach Oregon begleiten. Sie hatte kein Make-up aufgelegt und wirkte ein wenig müde und niedergeschlagen, als hätten die Ereignisse des gestrigen Tages ihr den Spaß an Washington endgültig verdorben. Armstrong selbst machte einen gefassten Eindruck. Er trug ein dezent gestreiftes Oberhemd unter einer Strickjacke, deren Ärmel er hochgeschoben hatte. Keine Krawatte. Er las die Leitartikel der New York Times und der Washington Post , die Seite an Seite nebeneinander lagen.
    »Kaffee?«, fragte Mrs. Armstrong.
    Als Reacher nickte, stand sie auf, nahm zwei Becher von ihren Haken und goss Kaffee ein. Reacher wusste nicht recht, ob sie groß oder klein war. Sie gehörte zu den Frauen, die mit flachen Absätzen klein und mit hochhackigen Pumps groß aussehen. Sie stellte die Becher mit ausdrucksloser Miene auf den Tisch. Armstrong sah von seinen Zeitungen auf.
    »Tut mir Leid, dass es Ihrer Mutter schlechter geht«, bemerkte Neagley.
    Armstrong nickte. »Mr. Stuyvesant hat mir gesagt, dass Sie mich privat sprechen möchten.«
    »Privat wäre gut«, sagte Reacher.
    »Sollte meine Frau dabei sein?«
    »Das hängt davon ab, wie Sie privat definieren.«
    Mrs. Armstrong sah zu ihrem Mann. »Du kannst es mir später erzählen«, sagte sie. »Bevor du abfährst. Wenn du es für notwendig hältst.«
    Armstrong nickte wieder und begann seine Zeitungen zusammenzufalten. Dann stand er auf und holte sich einen neuen Becher Kaffee.
    »Okay, gehen wir«, sagte er.
    Er führte sie durch den Flur zurück in einen Nebenraum. Zwei Agenten folgten ihnen und blieben auf einer Seite der Tür stehen. Armstrong sah sie an, als wollte er sich entschuldigen, und schloss dann die Tür. Der Raum war als Arbeitszimmer eingerichtet, schien aber eher ein Freizeitraum zu sein. Auf dem riesigen Schreibtisch, einem dunklen, alten Möbel, stand kein Computer. Es gab Ledersessel und Bücher, die wegen ihrer dekorativen Einbände angeschafft worden waren, eine Holztäfelung und einen alten Orientteppich. Ein Raumspray verbreitete einen schwach nach Wald riechenden Duft. An der Wand hing ein gerahmtes Foto, das eine Person unbestimmten Geschlechts auf einer Eisscholle stehend zeigte. Er oder sie trug einen riesigen Daunenmantel mit Kapuze und dazu dicke Daunenhandschuhe, die bis zum Ellbogen hinaufreichten. Die Kapuze mit Pelzbesatz umschloss das Gesicht sehr eng. Das Gesicht selbst verschwand völlig unter einer Sturmhaube und einer gelb getönten Skibrille. Einer der ellbogenlangen Handschuhe war zum Gruß erhoben.
    »Unsere Tochter«, erklärte Armstrong. »Wir haben sie um ein Foto gebeten, weil sie uns fehlt. Sie hat viel Sinn für Humor.«
    Er setzte sich hinter den Schreibtisch. Neagley und Reacher nahmen in Sesseln Platz.
    »Das kommt mir alles höchst vertraulich vor«, sagte Armstrong.
    Reacher nickte. »Und ich denke, wir werden uns zuletzt darauf einigen, dass es vertraulich bleiben sollte.«
    »Worum geht’s also?«
    »Mr. Stuyvesant hat uns einige Verhaltensregeln mit auf den Weg gegeben«, begann Reacher. »Gegen die werde ich gleich jetzt verstoßen. Der Secret Service hat sechs an Sie gerichtete Drohbriefe abgefangen. Der Erste ist vor achtzehn Tagen mit der Post eingegangen. Drei weitere sind später mit der Post gekommen, und zwei sind durch Boten zugestellt worden.«
    Armstrong schwieg.
    »Sie scheinen nicht überrascht zu sein«, sagte Reacher.
    Armstrong zuckte mit den Schultern. »Die Politik ist ein Geschäft, in dem man zu oft überrascht wird«, entgegnete er.
    »Das ist sie wohl«, bestätigte Reacher. »Alle sechs Mitteilungen waren mit einem Daumenabdruck signiert. Diesen Abdruck haben wir zu einem alten Mann in

Weitere Kostenlose Bücher