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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Geländewagen fuhr mit etwa zwanzig Meilen Geschwindigkeit unter ihm vorbei, durch Grace weiter und über die Brücke. Dieses langsame Tempo behielt er noch hundert Meter bei. Dann beschleunigte er und wurde rasch schneller.
    »Teleskop!«, rief er.
    Neagley warf es ihm wieder zu, und er beobachtete, wie der Geländewagen nach Norden davonbrauste. Auf der dunkel getönten Heckscheibe zeichnete sich ein fächerförmiger Bogen ab, wo der Scheibenwischer die Schmutzspuren weggewischt hatte. Die Heckstoßstange war verchromt, und auf der Heckklappe stand in erhabenen Buchstaben Chevrolet Tahoe. Auch das hintere Kennzeichen war durch eine dicke Schmutzschicht unleserlich. Wo die Heckklappe geöffnet und wieder geschlossen worden war, konnte er Fingerabdrücke sehen. Das Fahrzeug schien in den letzten Tagen ziemlich weit herumgekommen zu sein.
    »Er fährt weg!«, rief er.
    Er verfolgte seinen Weg durchs Teleskop. Der Wagen holperte und schwankte, wurde kleiner und kleiner. Es dauerte zehn Minuten, bis er sein Blickfeld verlassen hatte.
    »Sonst noch wer?«, rief er.
    »Im Süden alles klar«, antwortete Neagley.
    »Ich geh runter und hol die Karte. Du kannst inzwischen beide Richtungen im Auge behalten. Dich unter diesem verdammten Glockending als Limbotänzerin betätigen.«
    Er kroch zur Falltür und tastete mit den Füßen nach der Leiter. Stieg hinunter, verließ den Turm und die Kirche und lief über den Friedhof zu ihrem Leihwagen. Sah Froelichs Vater, der dicht neben dem Yukon stand und ihn anstarrte, als könnte der Wagen ihm eine Frage beantworten. Der alte Mann sah sein Spiegelbild in der Seitenscheibe und drehte sich rasch um.
    »Mr. Stuyvesant ist am Telefon und möchte Sie sprechen«, sagte er. »Er ruft aus der Secret-Service-Dienststelle in Washington an.«
    »Jetzt?«
    »Er ist seit zwanzig Minuten am Apparat. Ich hab versucht, Sie zu finden.«
    »Wo ist das Telefon?«
    »Bei mir zu Hause.«
    Das Haus der Froelichs war eines der weißen Gebäude am kurzen Südostschenkel des K und hatte einen von einem weißen Lattenzaun umgebenen Vorgarten. Die meisten Pflanzen der Kräuterbeete und Blumenrabatten waren bereits erfroren. Das Hausinnere war dunkel und roch gut. Die Böden bestanden aus dunklen Dielen, auf denen Webteppiche lagen. Der alte Mann führte Reacher in das Wohnzimmer auf der Vorderseite des Hauses. Auf einem antiken Tisch am Fenster standen ein Telefon und ein gerahmtes Foto. Das Telefon war ein uraltes Ding mit schwerem Hörer und geflochtener, braun umsponnener Schnur. Das Foto zeigte M. E. Froelich im Alter von ungefähr achtzehn Jahren. Damals war ihr Haar noch etwas heller gewesen, und sie hatte es ein wenig länger getragen. Ihr Gesicht wirkte offen und unschuldig. Der Blick ihrer dunkelblauen Augen war lebhaft und voller Hoffnungen für die Zukunft, ihr Lächeln reizend.
    Am Tisch gab’s keinen Stuhl. Die Froelichs gehörten offenbar noch zu einer Generation, die es vorzog, im Stehen zu telefonieren. Reacher entwirrte die Schnur und hielt den Hörer an sein Ohr.
    »Stuyvesant?«, sagte er.
    »Reacher? Haben Sie gute Nachrichten für mich?«
    »Noch nicht.«
    »Wie sieht’s dort aus?«
    »Der Gottesdienst ist um acht Uhr«, antwortete Reacher. »Aber das wissen Sie bestimmt schon.«
    »Was muss ich sonst noch wissen?«
    »Sie kommen mit dem Hubschrauber?«
    »So ist’s geplant. Im Augenblick ist er noch in Oregon. Wir fliegen ihn zu einem Luftwaffenstützpunkt in South Dakota und benützen fürs letzte kurze Teilstück einen Hubschrauber der Air Force. Wir sind insgesamt acht Personen.«
    »Er wollte nur drei.«
    »Dagegen kann er nichts einwenden. Wir sind alle Froelichs Freunde.«
    »Können Sie nicht ein technisches Problem vortäuschen? Einfach in South Dakota bleiben?«
    »Das würde er merken. Und die Air Force macht da ohnehin nicht mit. Sie will nicht der Grund dafür sein, dass er sein Versprechen nicht hält.«
    Reacher sah aus dem Fenster. »Okay, die Kirche können Sie nicht übersehen. Sie landen östlich davon jenseits der Straße. Dann hat er noch ungefähr fünfzig Meter bis zum Kirchenportal. Für die unmittelbare Umgebung kann ich garantieren. Wir bleiben die ganze Nacht in der Kirche. Aber was Sie weiter draußen sehen, wird Ihnen nicht gefallen. Nach Süden und Westen liegt ein völlig freies Schussfeld von ungefähr hundertfünfzig Grad. Und das Gelände bietet reichlich Deckung.«
    Schweigen in Washington.
    »Das kann ich nicht machen«, sagte Stuyvesant. »Ich darf

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