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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Jacke verschwindet, sehen Sie? Ich hatte einen gemieteten Lincoln Town Car, schwarz. Glauben Sie mir, ich habe echt gewirkt. Sie hat mir geglaubt und die ganze Sache eigentlich sehr aufregend gefunden. Ich habe sie in dieses Zimmer gebracht und den ganzen Abend lang bewacht, während Neagley auf dem Empfang war. Ich habe die ganze Zeit so getan, als würde ich über Sprechfunk auf dem Laufenden gehalten und über meine Armbanduhr selbst Instruktionen geben.«
    Froelich sah zu Neagley hinüber.
    »Wir wollten aus einem ganz bestimmten Grund jemanden aus New Jersey«, erklärte Neagley. »Die dortigen Führerscheine sind am leichtesten zu fälschen. Wussten Sie das? Ich hatte einen Laptop und einen Farbdrucker mitgebracht. Damit habe ich Reachers Secret-Service-Ausweis produziert. Keine Ahnung, ob er Ähnlichkeit mit einem echten hatte, aber er sah wirklich klasse aus. Also habe ich einen Führerschein aus New Jersey mit meinem Bild und ihrem Namen und ihrer Adresse hergestellt, ihn ausgedruckt, mit einem Gerät laminiert, das wir für sechzig Dollar bei Staples gekauft hatten, die Kanten mit Sandpapier geglättet, die Oberfläche etwas verkratzt und ihn in meine Handtasche gesteckt. Dann habe ich mich ein bisschen aufgedonnert und bin mit Ms. Wrights Einladung nach unten gefahren. In den Ballsaal haben sie mich ohne Schwierigkeiten reingelassen – mit dem Messer in der Tasche.«
    »Und?«
    »Ich habe mich unter die Gäste gemischt, mir Ihren Kandidaten geschnappt und ihn ein paar Sekunden lang fest gehalten.«
    Froelich starrte sie forschend an. »Wie hätten Sie’s getan?«
    »Ich hielt seine rechte Hand in meiner Rechten. Als ich ihn zu mir heranzog, hat er sich leicht gedreht, sodass seine rechte Halsseite exponiert war. Ich hatte eine fast zehn Zentimeter lange scharfe Klinge. Mit der hätte ich ihm die Halsschlagader durchtrennen können. Er wäre innerhalb von dreißig Sekunden verblutet. Eine schnelle Armbewegung hätte genügt. Ihre Leute waren drei Meter entfernt. Anschließend hätten sie mich natürlich durchlöchert, aber da wär es schon passiert gewesen.«
    Froelich war blass und schweigsam.
    »Ohne Messer wär’s schwieriger geworden«, sagte Neagley. »Aber nicht unmöglich. Ihm das Genick zu brechen hätte viel Kraft erfordert, weil er eine ziemlich kräftige Halsmuskulatur hat. Deshalb hätte ich mich wohl für einen Schlag mit dem linken Ellbogen gegen den Kehlkopf entschieden, kräftig genug, um ihn zu zertrümmern. Ich wäre wahrscheinlich vor ihm tot gewesen, aber er wäre gleich danach erstickt – außer Sie haben Leute, die innerhalb einer Minute einen Luftröhrenschnitt vornehmen können, was ich nicht glaube.«
    »Nein«, pflichtete Froelich ihr bei. »Die haben wir nicht.« Dann verfiel sie wieder in Schweigen.
    »Tut mir Leid, wenn ich Ihnen den Tag verderbe«, sagte Neagley. »Aber Sie wollten’s doch wissen, oder? Es hat keinen Zweck, ein Sicherheitsaudit durchzuführen und Ihnen das Ergebnis vorzuenthalten.«
    Froelich nickte. »Was haben Sie ihm zugeflüstert?«
    »›Ich hab ein Messer.‹ Nur so aus Spaß. Aber sehr leise. Darauf angesprochen, hätte ich behauptet, ich hätte gesagt: ›Ich bin besser.‹ Als ob ich mich an ihn ranmachen wollte. Ich denke, dass das gelegentlich vorkommt.«
    Froelich nickte wieder. »Das kommt vor«, sagte sie. »Was noch?«
    »Nun, in seinem hiesigen Haus ist er sicher«, sagte Neagley.
    »Das haben Sie kontrolliert?«
    »Jeden Tag«, antwortete Reacher. »Wir waren seit Dienstagabend in Georgetown im Einsatz.«
    »Ich habe Sie nicht gesehen.«
    »Das war der Plan.«
    »Woher haben Sie gewusst, wo er wohnt?«
    »Wir sind Ihren Limousinen gefolgt.«
    Froelich schwieg.
    »Gute Limousinen«, sagte Reacher. »Raffinierte Taktik.«
    »Der Freitagmorgen war besonders gut«, meinte Neagley.
    »Aber der restliche Freitag war ziemlich schlimm«, fuhr Reacher fort. »Fehlende Koordinierung hat zu einem schweren Kommunikationsfehler geführt.«
    »Wo?«
    »Ihre Leute in Washington hatten ein Video aus dem Ballsaal, aber Ihre Leute in New York haben es offenbar nie gesehen, denn Neagley war nicht nur die Frau im Partykleid am Donnerstagabend, sondern auch in der Fotografenmeute vor der Börse.«
    »Irgendeine Zeitung in North Dakota hat eine Webseite«, erklärte Neagley. »Wie alle anderen mit einer Grafik ihres Titels. Den habe ich runtergeladen, ihn laminiert, mit Messingösen versehen und mir mit einer Nylonschnur als Presseausweis um den Hals gehängt.

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