Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
Vom Netzwerk:
Woche wollte die Bank mir das Geld zur Verfügung stellen.
    Ich legte auf und schloß die Augen. Ich wußte, daß ich im Begriff war, einen klassischen Traderfehler zu begehen: alles auf einen Abschluß zu setzen, der in die Hose ging.
    Nach Willies Prognosen, die sich in mein Gedächtnis eingegraben hatten, bedeuteten neunzigtausend Pfund eine Galgenfrist von einem weiteren Monat. Mit anderen Worten, wir würden auch die Lohnzahlungen vom Juli überstehen und es vielleicht bis in den August schaffen. Zwei bescheidene Zahlungseingänge erwarteten wir für die letzte Juniwoche, wodurch wir wieder ein bißchen Luft bekommen würden. Hoffentlich zahlten die Mistkerle rechtzeitig!
    Ich setzte alles auf eine Karte, aber es war mir egal. Für mich war das hier schon lange kein Geschäft, kein Traderabschluß mehr. Ich hatte mich gefühlsmäßig, psychologisch und finanziell unauflösbar an FairSystems gebunden. Entweder schafften wir es beide, oder wir gingen gemeinsam unter. Und dieses Wissen gab mir den nötigen Kick.
    Ich ging in Willies Büro und ließ ihn einen nachrangig gesicherten Wechsel über neunzigtausend Pfund aufsetzen, ausgestellt von FairSystems PLC an mich, mit einer Laufzeit von sechs Monaten.
    »Und Sie wollen das wirklich tun?« fragte er und sah mich an, als ob ich nicht ganz richtig im Kopf wäre.
    Er hatte ja recht. Ich nickte.
    Zurück zu dringenderen Problemen.
    Onada Industries hatte also vor, FairSystems zu übernehmen. Yoshi und Co. dachten wohl, sie hielten alle Trümpfe in der Hand. Die verängstigten Schotten würden vor den bösen Amerikanern entsetzt davonlaufen und sich in die schützend ausgebreiteten Arme der Japaner flüchten. Da hatten sie sich in den Finger geschnitten.
    Zum erstenmal während meines kurzen Gastspiels bei FairSystems hatte ich die Oberhand, und das wollte ich gründlich ausnutzen. Wenn ich Glück hatte, würde ich dabei auch eine längerfristige Lösung für FairSystems’ Liquiditätsprobleme finden. Mit längerfristig meinte ich drei Monate statt drei Wochen.
    Ich mußte Rachel sprechen.
    »Du bist dir also ganz sicher, daß Onada keine Alternative zu FairSim1 hat?«
    »Nicht, wenn es im Unterhaltungsmarkt Fuß fassen will«, sagte sie. »Und glaub mir, das will Onada.«
    »Gut, dann hilf mir, ein paar Faxe aufzusetzen.«
    Sie gingen an die beiden weltweit führenden Unternehmen in der elektronischen Unterhaltungsbranche: Sega und Nintendo. Wir teilten mit, wir hätten mit Onada Gespräche geführt, die aber ergebnislos verlaufen seien, deshalb seien wir nun auf der Suche nach anderen japanischen Partnern. Ich bat um baldige Nachricht, falls eines der beiden Unternehmen Interesse an einer Zusammenarbeit mit uns hätte. Ich erwartete keine konkreten Resultate. Nur so viel, daß es reichte, um Onada unter Druck zu setzen. Dann rief ich Yoshi in seinem Londoner Büro an.
    »Hallo, Yoshi. Mark Fairfax.«
    »Oh, hallo, Mark«, sagte er. Er schien nicht sonderlich erfreut zu sein, meine Stimme zu hören.
    »Ich habe noch einmal über unser gestriges Gespräch nachgedacht.«
    »Ach ja?« Yoshi war auf der Hut, aber er zeigte doch einen Anflug von Interesse.
    »Ja, wenn es Ihnen paßt, würde ich gern Anfang nächster Woche mit Ihnen besprechen, ob es für uns nicht doch Möglichkeiten einer Zusammenarbeit gibt. Wie wär’s mit Montag in Ihrem Büro?«
    Die Leitung blieb still, während Yoshi überlegte. Ich störte ihn nicht dabei.
    »Okay. Montag um elf bei mir. Kommen Sie allein?«
    »Nein, ich werde Rachel Walker mitbringen, die Leiterin unserer technischen Abteilung.«
    »Okay, bis dann.«
    Er legte auf. Nach David Baker hatte er nicht einmal gefragt.
    Ich holte das Foto von Yoshi, das Keith am Vortag aufgenommen hatte, aus der Brieftasche. Die Stammgäste des Inch Tavern hatten ihn ohne Mühe als den Asiaten identifiziert, mit dem sich Richard in der Nacht vor dem Mord gestritten hatte.
    Ich war gespannt, was Yoshi dazu sagen würde.
    An diesem Abend arbeitete ich bis kurz vor Mitternacht. Die Papierstapel auf meinem Schreibtisch türmten sich rascher auf, als ich sie abtragen konnte. Aber die Arbeit mußte erledigt werden. Wenn FairSystems überleben sollte, mußten die Geschäfte ihren normalen Gang gehen. Allerdings war es mühevoll, und ich war sehr müde.
    Irgendwann fuhr ich hoch und riß die Augen auf. Mein Computer summte noch vor sich hin, die Papiere waren über den ganzen Schreibtisch verstreut. Mein Genick war steif. Ein Blick auf die Uhr zeigte, daß es

Weitere Kostenlose Bücher