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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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wie hätte ich mich gefühlt, wenn er gestorben wäre?
    Makabre Gedanken. Aber nicht sehr überraschend. Immerhin hatte es einen Mord gegeben. Irgendein Schweinehund hatte meinen Bruder kaltblütig ermordet! Ich wußte, die meisten Mörder wurden erwischt. Hoffentlich war es auch bei diesem der Fall!
    Es klopfte an der Tür. Der Sergeant, den ich schon gestern nacht kennengelernt hatte. Er sah müde aus, aber seine Uniform war tadellos gebügelt.
    »Mr. Fairfax? Könnten Sie bitte mit auf die Wache kommen, Sir. Dort läßt es sich leichter reden.«
    Darüber konnte man geteilter Meinung sein. Kirkhavens Polizeiwache war winzig, kaum mehr als eine Anzahl Besenkammern. Dafür platzte sie vor Aktivität aus allen Nähten. Wagen fuhren vor, aus denen immer neue Polizisten auf den winzigen Parkplatz quollen. Einige in Uniform, andere nicht.
    Ich wurde in ein kleines, vollgestopftes Büro geführt. Der Mann mit der verwüsteten Nase saß dort. Heute sah er noch zerknitterter aus. Von dem Stuhl hinter dem kleinen Schreibtisch erhob sich bei meinem Eintritt ein großer, kahlköpfiger Mann in einem untadeligen Tweedanzug, aus dem Ei gepellt wie Sergeant Cochrane in seiner Uniform.
    »Guten Morgen, Mr. Fairfax. Detective Superintendent Donaldson. Detective Inspector Kerr kennen Sie wohl schon?« Das stimmte zwar, aber der Namen war mir entfallen. »Nehmen Sie Platz.«
    Wir setzten uns, wobei Kerr mit einem unbequemen Hocker vorliebnehmen mußte.
    »Ich untersuche den Mord an Ihrem Bruder«, fuhr der große Mann fort. Er hatte einen unverkennbaren schottischen Akzent und sprach sehr nüchtern. »Lassen Sie mich zunächst sagen, wie leid mir der Tod Ihres Bruders tut.«
    Ich nickte. In den nächsten Tagen würde ich eine Vielzahl solch unbeholfener Beileidsbezeugungen hören. Schwierig auszusprechen, schwierig entgegenzunehmen.
    »Dann möchte ich Ihnen einige Fragen stellen.«
    »In den letzten zwölf Stunden habe ich bereits zweimal solche Fragen beantwortet«, sagte ich gereizt.
    Donaldson hob die Hand. »Ich weiß, Mr. Fairfax, aber ein paar müssen wir noch stellen. Wir werden den Täter fassen. Neun Mordfälle hatten wir letztes Jahr in Fifeshire, und wir haben sie alle aufgeklärt. Dieser hier wird keine Ausnahme sein. Aber dazu brauche ich Ihre Hilfe.«
    Ich sah ein, daß er recht hatte. »Okay, tut mir leid. Ich werde alles tun, damit Sie ihn erwischen. Alles.«
    »Sehr gut. Beantworten Sie mir jetzt erst mal ein paar einfache Fragen. Der Arzt meint, der Tod müsse gegen zwölf Uhr am Samstag mittag, plus/minus ein oder zwei Stunden, eingetreten sein. Wo waren Sie zu diesem Zeitpunkt?«
    »Was soll das heißen, wo ich war?« protestierte ich. »Glauben Sie vielleicht, ich war es?«
    Donaldson blickte etwas resigniert zur Decke, während Kerr sich vorbeugte und eingriff: »Natürlich nicht«, sagte er freundlich mit einer Stimme, die schwer von Müdigkeit war. »Aber die meisten Morde werden von Leuten begangen, die dem Opfer nahegestanden haben. Deshalb müssen wir alle Personen vernehmen, die ihn gekannt haben. Und mit Ihnen möchten wir beginnen. Der Superintendent ist eben sehr gründlich in seinen Ermittlungen, nicht wahr, Sir?«
    Donaldson hüstelte. »Genau. Also, wo waren Sie?«
    »Zu Hause in London, bis elf etwa. Dann bin ich zum Rennen in Ascot gefahren.«
    »War jemand bei Ihnen?«
    Ich gab ihnen Gregs Name und Telefonnummer. Kerr notierte die Angaben. Außerdem zeigte ich ihnen den Abschnitt meiner Bordkarte für den Achtuhrflug am Samstag abend von Heathrow nach Edinburgh.
    Donaldson setzte die Befragung fort. »Gibt es Ihres Wissens irgend jemanden, der einen Groll gegen Ihren Bruder gehegt hat? Denken Sie sorgfältig nach! Jeder Hinweis ist wichtig.«
    Darüber hatte ich bereits nachgedacht. »Niemand, soweit ich weiß. Er war kein Mensch, der sich Feinde machte.« Meine Stimme brach. Ich merkte, daß mir wieder die Tränen in die Quere kommen wollten. Rasch atmete ich tief durch. »Nein, niemand.«
    Donaldson wartete einen Augenblick, bis ich die Fassung wiedergewonnen hatte. »Wissen Sie, ob sich Ihr Bruder über etwas Sorgen gemacht hat?«
    »Ja«, sagte ich. »Das war auch der Grund, warum ich hergekommen bin.«
    Donaldson hob die Augenbrauen.
    »Am Montag hat er mich angerufen und gesagt, er müsse mit mir sprechen, wollte aber nicht sagen, worüber. Er meinte nur, es sei wichtig und er wolle nicht am Telefon darüber reden.«
    Interessiert beugte Donaldson sich vor. »Und Sie haben keine Ahnung,

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